Krah neuer EU-Spitzenkandidat Möchtegern-Trump soll AfD nach Europa führen
 29.07.2023, 17:54 Uhr
					       
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		                      Die AfD wählt Maximilan Krah zum Spitzenkandidaten für die Europawahl in knapp einem Jahr - die Bundessprecher Chrupalla und Weidel gratulierten als Erste.
(Foto: REUTERS)
Ein Rechtsnationaler aus dem Höcke-Lager soll die AfD in Europa stark machen. Nach seiner Wahl in Magdeburg schlägt Maximilian Krah selbstgewisse Töne an, ist aber selbst in den eigenen Reihen umstritten. Sein Wahlergebnis ist durchwachsen, denn er schleppt schon jetzt Ballast mit sich herum.
Maximilian Krah heißt der Mann, der im kommenden Jahr für die AfD die Europawahl gewinnen soll. Die Delegierten wählten den 46-jährige Sachsen auf dem Europa-Parteitag in Magdeburg mit knapp 66 Prozent der Stimmen. Einerseits war das kein überragendes Ergebnis, andererseits war es besser als mancher erwartet hatte. Denn die Personalie ist in der Partei durchaus umstritten. Und das nicht nur wegen seiner Nähe zum Thüringer Landesvorsitzenden Björn Höcke und anderen Rechtsextremisten im Dunstkreis der AfD.
Krah sitzt bereits als einer von neun AfDlern im Europa-Parlament. Dort hat er sich einigen Ärger mit den anderen rechtspopulistischen Parteien eingehandelt - bereits zweimal wurde seine Mitgliedschaft in der rechten Fraktion "Identität und Demokratie" ausgesetzt. Einmal für ein halbes Jahr, weil er bei der Vergabe von PR-Aufträgen betrogen haben soll, das andere Mal für drei Monate weil er im französischen Wahlkampf nicht Marine LePen, sondern den Rechtsradikalen Eric Zemmour unterstützt hatte.
In seiner Bewerbungsrede machte Krah solche Vorwürfe selbst zum Thema - ging aber nicht konkret auf sie ein. Stattdessen sprach er nur von einer "Schmutzkampagne" gegen ihn. Den Delegierten rief er zu, dass ihnen im Zweifel das Gleiche passieren könne. "Wollt ihr in Zukunft Opfer von solchen anonymen Schmutzkampagnen sein?", fragte er. Den "Dreckwerfern" müsse die "Rote Karte" gezeigt werden. Nach seiner Wahl sagte er, wie schön es sei "Freunde zu haben". Es waren nicht die einzigen Formulierungen und rhetorischen Kniffe, die er sich womöglich beim ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump abgeguckt hatte. Der weist jede Kritik stets als politisch motiviert zurück, streitet jeden Vorwurf ab und behauptet, Angriffe auf ihn seien in Wahrheit Angriffe auf seine Wähler.
Ganz so geschlossen ist die Partei doch nicht
Dabei hallte noch der Richtungsstreit der vergangenen Jahre nach - zwischen den Völkisch-Nationalen mit vielfach nachgewiesenen Kontakten und Überschneidungen zu Neonazis und den National-Konservativen. Mit dem Ausscheiden von Ex-Parteichef Jörg Meuthen und dem Parteitag in Riesa im vergangenen Sommer wurde dieser mehr oder minder besiegelt. Meuthen saß ebenfalls im Europaparlament und vertrat dort eine gemäßigtere Linie als die eigene Partei in Berlin. Nachdem der die Partei Anfang 2022 verließ, versuchte die Führung die Partei als geschlossen darzustellen - "geschlossener" mag stimmen, denn ganz ist der Konflikt noch immer nicht abgeräumt.
Das deutete das Wahlergebnis für Krah an. Zwar erreichte er mit 65,7 Prozent ein besseres Ergebnis als viele erwartet hatten. Doch hatte überraschend ein anderer Delegierter gegen ihn kandidiert. Der bislang kaum in Erscheinung getretene Andreas Otti aus Berlin kam auf immerhin 25 Prozent, knapp zehn Prozent wollten für keinen der beiden stimmen. "Wir müssen den Kurs halten, den wir in Riesa begonnen haben", sagte Krah in seiner Bewerbungsrede. "Es war nicht leicht für mich auf diese Bühne zu gehen, denn die Verlierer aus Riesa haben ja in den vergangenen Monaten das, was sie an Argumenten nicht aufbringen konnten, in Schmutz investiert", sagte er offenbar in Anspielung auf jene, die ihn kritisiert hatten.
So antiamerikanisch seine Parteifreunde gern daherreden, ein ums andere Mal griff Krah ins Trumpsche Rhetorik-Arsenal. So behauptete er, an Sonder- und Hauptschulen in Sachsen werde nicht mehr unterrichtet und "die Kinder haben Angst vor den Pausen" - weil dann die ausländischen Kinder die deutschen verprügeln? Das sagte er nicht so offen, schwang aber als pauschal-plumper Vorwurf gegen alle Kinder und Jugendliche mit Migrationsgeschichte mit.
Gegen die EU und doch ins EU-Parlament
Er behauptete zudem, unter der "linken kulturellen Hegemonie" würden Kindern keine deutschen Lieder und Märchen mehr vorgelesen. Dafür dürfte Krah allenfalls sein eigenes Bauchgefühl als statistische Basis zur Verfügung gehabt haben. Die Herzen der Kinder würden aber "tanzen", so Krah, wenn ihnen dann doch die deutschen Märchen vorgelesen würden. Zugleich sprach er von "vergessenen Menschen" im Lande, denen die AfD eine Stimme geben, was ebenfalls an den Trump-Sound erinnerte. Einfach nur deutschnational klang es, als er sagte, die AfD könne sich noch von dem bulgarischen Gastredner Kostadin Kostadinow eine Scheibe abschneiden. Der hatte am Freitag gesagt, es sei Zeit, dass Deutschland seinen "rechtmäßigen Platz als Großmacht einnimmt und das nicht nur in Europa".
Krah kommt nun die seltsame Aufgabe zu, um Sitze für die AfD zu kämpfen, obwohl die AfD eigentlich die EU in dieser Form ablehnt. Manche wollen noch immer den "Dexit", also den Ausstieg Deutschlands, Bundessprecherin Alice Weidel will einen "Rückbau" der EU und im Wahlprogramm soll künftig stehen, man strebe ein neues Bündnis an. Krah sagte bei Phoenix, solange es die EU gebe, brauche man das Europaparlament, um die Interessen der Bürger zu vertreten. Er lehne die EU in ihrer bisherigen Struktur ab.
Krah ist seit 2016 AfD-Mitglied und war zuvor in der CDU, der er bereits mit 14 Jahren zu Beginn der 90er Jahre beigetreten war. Der promovierte Jurist sitzt seit 2019 im Europaparlament für die AfD und gilt als rhetorisches Talent. Im Antaios-Verlag des rechtsextremen Vordenkers Götz Kubitschek veröffentlichte er ein Buch, in dem er sich selbst als "rechts" bezeichnet. Den Kampf gegen den Klimawandel hält er für sinnlos. Dabei deckte der "Spiegel" auf, dass er der erzkonservativen Pius-Brüderschaft durch die Gründung ausländischer Unternehmen half, Steuern zu sparen. Außerdem verteidigte er Rechtsextreme, die in Sachsen einen irakischen Flüchtling an einen Baum gebunden hatten. Auch den "Hutbürger", einen Pegida-Demonstranten, der ein Kamerateam des ZDF attackiert hatte, vertrat er.
Seine Kandidatur ist durchaus ein Risiko - zwar ist er rhetorisch versiert und in der Lage Menschen zu erreichen. Allerdings hat er in seinen wenigen Jahren im EU-Parlament schon so viele Negativschlagzeilen produziert, dass man sich fragen kann, was da noch alles ans Tageslicht kommen wird. Bemerkenswert an diesem Samstag war, dass er im Phoenix-Interview auf die Frage, ob er sich zu 100 Prozent zum Grundgesetz bekenne, nicht zu einem klaren Ja durchringen konnte.
Quelle: ntv.de
 
   
   
   
   
		                             
		                             
		                             
		                             
		                             
		                             
		                             
		                             
		                            