Frei: "Sehr vorsichtig sein" Möglicher Bundeswehr-Einsatz in Nahost stößt auf große Skepsis
06.08.2024, 10:58 Uhr Artikel anhören
Soll die Bundeswehr Israel bei der Luftverteidigung unterstützen? Das israelische Luftabwehrsystem Iron Dome im Einsatz (Archivbild).
(Foto: dpa)
Die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson. Doch was bedeutet das, wenn das Land vom Iran angegriffen wird? CDU-Politiker Kiesewetter bringt Hilfe durch die Bundeswehr ins Spiel - stößt damit aber auf Kritik in seiner eigenen Partei.
In der Debatte um Bundeswehr-Hilfen für Israel zur Abwehr möglicher iranischer Angriffe gibt es Kritik am Vorstoß von CDU-Politiker Roderich Kiesewetter. Der hatte sich dafür ausgesprochen, Israel mit Eurofightern zur Drohnenabwehr oder Luftbetankung von Flugzeugen verbündeter Staaten beizustehen. "Man muss in der jetzigen Situation sehr vorsichtig sein mit solchen Forderungen", sagte dagegen der erste parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, im Frühstart von ntv. Es sei nicht hilfreich, sie in der Öffentlichkeit breit zu diskutieren.
Deutschland solle Israel kraftvoll unterstützen, um möglichst ohne eine Ausweitung des Krieges aus der Situation herauszukommen, sagte CDU-Politiker Frei. "Aber ich glaube, das tun wir derzeit nicht mit öffentlichen Debatten über Waffenlieferungen." Hinzu komme, dass es für einen Einsatz der Bundeswehr womöglich ein Mandat des Bundestages brauche.
Frei forderte weitere diplomatische Anstrengungen, um die Lage im Nahen Osten zu beruhigen. Deutschlands Möglichkeiten in der Region seien dazu nicht schlecht, sagte er. Er sieht auch die israelische Regierung in der Pflicht, für eine Deeskalation zu sorgen. Man dürfe allerdings auch nicht vergessen, dass sich Israel in einem existenziellen Abwehrkampf befindet. Es sei erklärtes iranisches Staatsziel, den Staat Israel zu vernichten. Er stellte sich aber hinter die Bemühungen der Bundesregierung, im Ernstfall deutsche Staatsbürger mit der Bundeswehr aus dem Libanon herauszubringen. Es gebe keine Anzeichen dafür, dass man nicht entschlossen genug handeln würde, sagte Frei.
Skepsis auch bei der FDP
Auch der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestages, Marcus Faber, sieht einen Einsatz der Bundeswehr im Nahost-Konflikt skeptisch. Deutschland sollte Israel helfen, etwa mit der schnellen Bewilligung von Rüstungsexporten, sagte der FDP-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Er fügte aber hinzu: "Die Bundeswehr in Israel wurde nicht angefragt und könnte wenig helfen."
Ähnlich äußerte sich Verteidigungsexperte Johann Wadephul von der CDU: "Szenarien wie eine militärische Unterstützung stehen nach unserer Kenntnis nicht auf der Tagesordnung. Dafür wäre ohnehin ein Bundestagsmandat vonnöten", sagte der Unionsfraktionsvize dem RND.
Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt, sagte dem WDR, man solle nicht die Erwartungen wecken, dass deutsche Kampfflugzeuge zur Verteidigung Israels eingesetzt werden könnten. "Ich fürchte, dass die Bundeswehr dazu gar nicht in der Lage wäre, selbst wenn wir das wollten." Er sei zudem der Meinung, dass solche Fragen nicht offen, sondern hinter verschlossenen Türen diskutiert werden sollten.
Der SPD-Verteidigungsexperte Andreas Schwarz sagte dem RND: "Bisher liegen keine Anfragen aus Israel vor. Ich gehe aber davon aus, dass die Bundesregierung darauf vorbereitet ist und in dieser Frage mit Israel und den westlichen Verbündeten in Kontakt steht." Schwarz verwies darauf, dass der Schutz Israels deutsche Staatsräson sei. "Dies ist ein klares Versprechen mit sehr hoher Verantwortung. Im Ernstfall müssen diesen großen Worten auch die entsprechenden Taten folgen."
Deutlicher wurde der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster. Die historische Verantwortung Deutschlands für die Sicherheit Israels sei zwar nicht rechtlich bindend, sagte Schuster dem RND. Er betonte gleichwohl: "Aber aus meiner Sicht bedeutet das natürlich, dass Deutschland im Falle eines Angriffes in der Größenordnung, wie er aktuell droht, auch militärisch an der Seite des jüdischen Staates steht." Das forderte auch der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck. Zudem solle der Bundessicherheitsrat alle Rüstungsexporte nach Israel unverzüglich genehmigen.
Quelle: ntv.de, psc/mli/dpa