Grünen-Chef mahnt Lernprozess an Mützenichs Diplomatie-Idee kommt schlecht an
24.10.2022, 19:44 Uhr
Verhandlungen nicht in Sicht: Soldatengrab im ukrainischen Charkiw.
(Foto: REUTERS)
Die Zeichen für Diplomatie in der Ukraine stehen derzeit schlecht. Der SPD-Fraktionschef fordert sie trotzdem, weil angeblich die Deutschen es so wollen. Von den Grünen gibt es dazu Kopfschütteln. Mützenich vertrete Konzepte der 80er Jahre und habe nichts aus alten Fehlern gelernt.
Mit seinen jüngsten Äußerungen zu diplomatischen Initiativen zur Beendigung des Ukraine-Krieges hat SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich die Grünen gegen sich aufgebracht. Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour warf Mützenich vor, er setze auf "Rezepte aus den 70ern und 80ern". Wer in der aktuellen Situation nach Verhandlungen rufe, helfe letztlich der russischen Seite, sagte er. Denn der Kreml habe nach den jüngsten ukrainischen Rückeroberungen ein Interesse daran, "den Status quo einzufrieren". Es sei wichtig, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen, betonte der Co-Parteivorsitzende. Er verwies in diesem Zusammenhang auch auf Äußerungen von SPD-Chef Lars Klingbeil, der mehrere Fehleinschätzungen seiner Partei zu Russland in den vergangenen Jahrzehnten eingeräumt hatte.
Mützenich hatte in einem Interview gesagt: "Es gibt von heute auf morgen sicherlich keine Waffenruhe. Manchmal entwickeln sie sich zuerst auch nur in einzelnen Regionen. Wir dürfen aber keine Chance außer Acht lassen, die eine lokale Waffenruhe, den Austausch von Kriegsgefangenen und die Versorgung der Zivilbevölkerung möglich macht." Mützenich sagte zu seinem wiederholten Ruf nach mehr Diplomatie: "Ich stehe uneingeschränkt dazu, die Ukraine gegen den russischen Aggressor zu unterstützen. Ich nehme aber auch Umfragen zur Kenntnis, nach denen 60 Prozent der Deutschen sich mehr diplomatische Initiativen wünschen. Das sollte uns zu denken geben."
Klingbeil hatte zur Russlandpolitik der Sozialdemokraten am vergangenen Dienstag bei einer Parteiveranstaltung gesagt: "Auf der Suche nach Gemeinsamkeiten haben wir oft das Trennende übersehen. Das war ein Fehler." Die SPD habe nach dem Ende des Kalten Krieges geglaubt, dass die Beziehungen zu Russland einfach immer besser werden würden. "Dadurch sind blinde Flecken in unserem Umgang mit Russland entstanden. Und das hat zu Fehlern im Umgang mit Russland geführt."
Strack-Zimmermann zu Kretschmer: "Falsch abgebogen"
Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann kritisierte Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer für seine Forderung nach einer Wiederaufnahme russischer Gaslieferungen nach Deutschland nach Kriegsende. "Ich kann nur sagen, dass Herr Kretschmer wirklich komplett falsch abgebogen ist", sagte Strack-Zimmermann im Podcast "Wach & Wichtig" des rbb-Senders Radioeins. Der CDU-Politiker bewege sich auf sehr gefährlichem Terrain. "Ich kann nur sagen, dass die Zukunft des russischen Gases erledigt ist." Der CDU-Politiker hatte sich am Wochenende für eine Wiederaufnahme russischer Gaslieferungen nach dem Krieg ausgesprochen und ebenfalls mehr Diplomatie verlangt.
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses bekräftigte ihre Forderung nach Lieferungen von schweren Waffen in die Ukraine. "Es ist bedauerlich, dass sich das Kanzleramt nach wie vor gegen Schützenpanzer sperrt", sagte Strack-Zimmermann. Das Argument, dass Soldaten nicht schnell ausgebildet würden, gelte ihrer Ansicht nach nicht.
Quelle: ntv.de, mau/dpa