Politik

"Andere Sachen mit ihm machen" "NSU 2.0"-Angeklagter bedroht Deniz Yücel

Nach den Todesdrohungen hat Yücels Verlag zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen für ihn veranlasst.

Nach den Todesdrohungen hat Yücels Verlag zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen für ihn veranlasst.

(Foto: picture alliance / NurPhoto)

Der Journalist Deniz Yücel hat fünf Drohmails, unterschrieben mit NSU 2.0, erhalten. Über diese wird nun gerichtlich gestritten. Als Zeuge konfrontiert er den 54-jährigen Angeklagten mit Fragen. Dieser reagiert ungehalten, die Vorsitzende Richterin muss einschreiten.

Im Prozess um die "NSU 2.0"-Drohschreiben hat der Angeklagte den als Zeugen anwesenden Journalisten Deniz Yücel verbal bedroht. Auf die Frage Yücels, ob der Angeklagte bestimmte Mails verfasst habe, sagte Alexander M. vor dem Landgericht Frankfurt, wenn er könnte, würde er "ganz andere Sachen" mit ihm machen.

In dem Verfahren wirft die Staatsanwaltschaft dem 54-Jährigen aus Berlin unter anderem Beleidigung in 67 Fällen, versuchte Nötigung und Bedrohung vor. Yücel berichtete als Zeuge, er habe insgesamt fünf Drohmails erhalten. Zwei davon waren bisher nicht Gegenstand des Verfahrens. Zu diesen fragte er den Angeklagten, ob er sie auch verfasst habe - und wurde daraufhin von diesem bedroht und beschimpft. Die Vorsitzende Richterin rief den Angeklagten zur Ordnung und verwies zugleich auf die Unschuldsvermutung, die für Alexander M. gelte. Dieser hatte die Vorwürfe der Anklage bei seiner Einlassung vor Gericht bestritten.

Die Serie der Drohschreiben hatte im August 2018 mit Todesdrohungen gegen die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz und ihre Familie begonnen. Die Schreiben waren mit "NSU 2.0" unterzeichnet - in Anspielung auf die rechtsextreme Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU). Yücel, der auch Präsident des PEN-Zentrums Deutschland, ist, sagte, nach Erhalt der Mails mit Todesdrohungen und Beschimpfungen habe sein Verlag für ihn zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen getroffen. Generell sei er Drohungen deutscher oder türkischer Rechtsextremisten gewohnt. Beunruhigt habe ihn der Verdacht, die Polizei als bewaffnete Staatsgewalt könne involviert sein - von anderen Mail-Empfängern waren persönliche Daten an Polizeicomputern abgefragt worden.

Yücel kritisiert Ermittlungsweise des hessischen LKA

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Yücel kritisierte auch das hessische Landeskriminalamt (LKA), das sich bei seinen Ermittlungen in Form und Inhalt derartig merkwürdig und befremdlich an ihn gewandt habe, dass er nicht geantwortet habe. Opfer der Serie von Drohmails war unter anderen auch der Fernsehmoderator und Kabarettist Christian Ehring. Der 49-Jährige berichtete nun als Zeuge, dass er nach Erhalt einer Mail mit Todesdrohung seine Familie zu erhöhter Aufmerksamkeit aufgerufen habe. Er habe sich nicht konkret bedroht gefühlt und auch sonst keine Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. Doch insgesamt sei es ein "mulmiges, bedrückendes, sehr, sehr unangenehmes Gefühl" gewesen. Er sehe die Mail als Reaktion auf eine Sendung zum Thema Rechtsextremismus in der Polizei.

Auch der Jurist Günter Frankenberg erhielt eine Todesdrohung, nachdem er ein Gutachten im Auftrag von Basay-Yildiz erstellt hatte, in dem es um die Frage von Schadenersatz für Sicherheitsmaßnahmen ging, die die Anwältin wegen der Drohungen ergreifen musste. Er habe sich nach Erhalt der Mail ernsthaft gefragt, ob er im Interesse der Sicherheit seiner Familie seinen Beruf aufgeben solle, sagte Frankenberg. Er habe davon ausgehen müssen, dass die Drohung aus dem Umfeld des NSU stamme und dass höchste Gefahr bestehe. Zudem ging es um eine Bombendrohung, die per Mail am Landgericht im brandenburgischen Neuruppin eingegangen war. Die Kabarettistin Idil Baydar war ebenfalls als Zeugin geladen, hatte nach Angaben des Gerichts aber abgesagt.

Quelle: ntv.de, ysc/dpa

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