"Mittag gegen Putin"-Aktion Nawalny-Team: Tausende protestieren gegen Wahl
17.03.2024, 11:30 Uhr Artikel anhören
Ein Wahllokal in Wladiwostok. Auch dort und in weiteren Städten Sibiriens gab es den Angaben zufolge Proteste.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Die russischen Bürger können bis heute Abend einen Präsidenten wählen, doch eine echte Wahl haben sie nicht. Das Team um den verstorbenen Putin-Gegner Alexej Nawalny initiiert trotz Warnungen der Behörden eine landesweite Protestaktion - und spricht von hohem Zustrom.
Tausende Menschen haben sich in Moskau und St. Petersburg am letzten Tag der Präsidentenwahl in Russland an dem stillen Protest gegen die Wiederwahl von Kremlchef Wladimir Putin beteiligt. Das Umfeld des im Straflager gestorbenen Oppositionellen Alexej Nawalny berichtete, dass sich bei der vom Team des Kremlgegners organisierten Aktion "Mittag gegen Putin" in den Millionenstädten lange Schlangen um 12.00 Uhr Ortszeit (10.00 Uhr MEZ) an den Wahllokalen bildeten. Russische Wähler folgten demnach massenhaft dem Aufruf, mit der Anwesenheit zur Mittagszeit ihre Ablehnung gegen Putin zu zeigen.
Auch in vielen anderen russischen Städten gab es zahlreiche Teilnehmer an den Aktionen. Im äußersten Osten Russlands in Wladiwostok, in Nowosibirsk, Omsk, Irkutsk und anderen sibirischen Städten gab es Proteste, wie das Nawalny-Team in einem Livestream bei YouTube zeigte. Der Oppositionelle Leonid Wolkow, ein enger Vertrauter Nawalnys im Exil im Baltikum, sprach von einer "Explosion" des Widerstands gegen eine fünfte Amtszeit Putins.
Vor dem Wahllokal 31 in Moskau hatte sich ebenfalls eine Schlange gebildet, wie ein Augenzeuge vor Ort berichtet. Der Wahlbezirk ist klein, trotzdem fanden sich dort zur Mittagszeit mehr als 50 Menschen ein. Die Opposition schlug den Wählern vor, die Stimmzettel etwa durch das Ankreuzen mehrerer der vier Kandidaten ungültig zu machen.
Festnahmen gemeldet

In Berlin gab es um die Russische Botschaft am Sonntag eine lange Schlange. Es war für hier lebende Russen der allerdings einzige Tag, um an der Wahl teilzunehmen.
Bürgerrechtlern zufolge sind Dutzende Menschen festgenommen worden. Insgesamt zählte die Organisation Ovd-Info bis zum frühen Nachmittag landesweit rund 50 Festnahmen - fast die Hälfte davon in der Stadt Kasan. Auch Menschen in Moskau und St. Petersburg waren betroffen. Viele von ihnen wollten demnach an der Aktion "Mittag gegen Putin" teilnehmen. Doch auch abseits der Proteste habe es Festnahmen gegeben. Eine Aktivistin in St. Petersburg wurde demnach direkt beim Verlassen ihres Hauses von Sicherheitskräften aufgegriffen. Manche Menschen wurden nach einiger Zeit wieder aus dem Polizeigewahrsam entlassen.
Zudem gab es die Möglichkeit, einen von Nawalny erdachten Zufallsgenerator auf dem Mobiltelefon zu nutzen, der einen Kandidatennamen ausgab. Nawalnys Team beklagte massenhaften Betrug bei der Abstimmung. Die Aktion gegen Putin sollte laut dem Nawalny-Team auch zeigen, dass die Angaben zur Wahlbeteiligung auch laut vielen unabhängigen Beobachtern manipuliert sind.
Teils hatten die Behörden in Russland vor solchen Protestaktionen gewarnt und den Menschen mit Anzeigen wegen Extremismus gedroht. Teils veröffentlichten Wähler Stimmzettel in den sozialen Netzwerken, auf denen neben Putins Namen das Wort Mörder stand. Manche schrieben demnach auch einfach den Namen Nawalnys auf den Stimmzettel. Ein älterer Mann sagte mit Blick auf den im Februar gestorbenen Oppositionsführer: "Mein Präsident ist schon nicht mehr unter den Lebenden". Nawalny ist in Moskau beerdigt.
Quelle: ntv.de, mdi/dpa