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Bruch von Kriegskabinett droht Netanjahu fordert Gantz zum Bleiben auf

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Israels Premier Netanjahu gibt zur Geiselbefreiung eine Pressekonferenz.

Israels Premier Netanjahu gibt zur Geiselbefreiung eine Pressekonferenz.

(Foto: picture alliance/dpa/AFP pool)

Nach der spektakulären Befreiung von vier israelischen Geiseln aus Gaza demonstrieren Zehntausende in Tel Aviv für ein Abkommen mit der Hamas. Premier Netanjahu fordert seinen Rivalen Gantz auf, jetzt nicht das Kriegskabinett zu verlassen. Dessen Ultimatum lief inzwischen ab.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat Minister Benny Gantz aufgefordert, in der Notstandsregierung zu verbleiben. Nach dem verheerenden Hamas-Angriff vom 7. Oktober vergangenen Jahres war der damalige Oppositionspolitiker Gantz, ein früherer Generalstabschef des israelischen Militärs, Netanjahus Kriegskabinett beigetreten. "Verlassen Sie die Notstandsregierung nicht. Geben Sie die Einheit nicht auf", schrieb Netanjahu am Abend auf der Plattform X an Gantz gerichtet. "Dies ist die Zeit der Einheit und nicht der Spaltung. Wir müssen angesichts der großen Aufgaben, die vor uns liegen, unter uns geschlossen bleiben." Gantz hatte für den Abend ursprünglich eine Pressekonferenz anberaumt. Nach der Befreiung von vier Geiseln aus dem Gazastreifen sagte er diese aber ab.

Es war erwartet worden, dass Gantz seine Rückkehr in die Opposition verkünden würde. Er hatte den Schritt zuvor bereits angedroht, falls kein Plan für eine Nachkriegsordnung im Gazastreifen erarbeitet werden sollte. Sein an Netanjahu gestelltes Ultimatum lief am Samstag aus. Gantz ist derzeit Minister ohne Ressort, aber Mitglied des wichtigen Kriegskabinetts. Netanjahus rechtsreligiöses Kabinett würde auch ohne Gantz' Partei weiterhin über eine Mehrheit von 64 von 120 Sitzen im Parlament verfügen.

Netanjahu hat bislang keinen Plan für Verwaltung und Wiederaufbau des Gazastreifens nach einer Beendigung des Kriegs vorgelegt. Medienberichten zufolge gab es bislang keine Bemühungen der Koalitionsparteien, die Kluft zu Gantz zu überbrücken und sicherzustellen, dass er in der Regierung bleibt. Israelischen Medien zufolge erwiderte Gantz auf Netanjahus Worte, die Herausforderungen, vor denen Israel stehe, seien trotz des Erfolgs der Geiselbefreiung gleich geblieben. An den Ministerpräsidenten und seine Regierung gerichtet sagte er demnach, sie müssten verantwortungsvoll darüber nachdenken, wie es weitergehen könne. Ob er in der Regierung bleiben wird, blieb dabei zunächst unklar.

Massendemonstration für Neuwahlen

In Tel Aviv demonstrierten derweil Zehntausende für ein Abkommen zur Freilassung der im Gazastreifen verbliebenen Entführten. Auch in Haifa und Jerusalem versammelten sich jeweils tausende regierungskritische Demonstranten, um einen Geisel-Deal sowie Neuwahlen zu fordern. Auch in Caesarea, Beerscheba und vielen anderen Orten des Landes fanden Proteste statt. Seit Monaten gibt es in Israel immer wieder Massenproteste gegen die Regierung und für die Freilassung der noch immer im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln. Der Sohn eines in der Gefangenschaft getöteten Mannes bat seinen Vater in einer Ansprache um Vergebung für das Versagen des Landes und des israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu, ihn und die anderen Geiseln nicht aus der Gefangenschaft befreit zu haben. Die Armee hatte seinen Tod sowie den dreier weiterer Geiseln kürzlich verkündet.

In Tel Aviv kam es Medien zufolge zu Zusammenstößen mit der Polizei, als Demonstranten versuchten, eine Autobahn zu blockieren. Die Polizei setzte dabei auch Wasserwerfer ein. Berichten zufolge wurden mindestens zehn Menschen festgenommen. Militärangaben zufolge befinden sich noch 120 Geiseln im Gazastreifen. Es wird aber befürchtet, dass ein Großteil von ihnen nicht mehr am Leben ist.

Die USA, Katar und Ägypten vermitteln schon länger indirekt zwischen Israel und der Hamas, um eine Feuerpause und einen Austausch der Geiseln gegen palästinensische Häftlinge zu erreichen. US-Präsident Joe Biden hatte vergangene Woche überraschend Details eines Entwurfs für ein Abkommen zur Beendigung des Kriegs in drei Phasen präsentiert.

Quelle: ntv.de, mau/dpa

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