Nach Gespräch mit Biden Netanjahu offen für verlängerte Feuerpause
26.11.2023, 23:35 Uhr Artikel anhören
Was ist für Netanjahu wichtiger: Die Freilassung möglichst vieler Geiseln oder der Kampf gegen die Hamas?
(Foto: picture alliance/dpa/Pool European Pressphoto Agency/AP)
Israel steckt in einem Dilemma: Eine lange Feuerpause könnte der Hamas nutzen. Zugleich brächte sie mehr Geiseln nach Hause. Nach einem Gespräch mit US-Präsident Biden zeigt sich Regierungschef Netanjahu offen für eine Verlängerung. Er betont zugleich, dass der Krieg danach weitergeht.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat grundsätzlich Bereitschaft zu einer Verlängerung der Feuerpause mit der islamistischen Hamas signalisiert. Das Abkommen sehe die Möglichkeit vor, die Kampfpause im Gegenzug für die Freilassung zehn weiterer Geiseln pro Tag zu verlängern, teilte Netanjahu am Abend nach einem Gespräch mit US-Präsident Joe Biden mit. "Das wäre zu begrüßen."
Gleichzeitig habe er Biden gesagt, dass die Kämpfe nach der Feuerpause wieder aufgenommen würden. Nach dem Ende des Abkommens werde Israel seine Kriegsziele "mit voller Kraft verwirklichen". Biden hatte zuvor auf einer Pressekonferenz gesagt, dass er auf eine Verlängerung der Kampfpause hoffe. So könnten mehr Geiseln befreit und mehr humanitäre Hilfe für die Bedürftigen in Gaza bereitgestellt werden. "Der Beweis dafür, dass es funktioniert und es sich lohnt, weiterzumachen, ist jedes Lächeln, jede Träne der Dankbarkeit, die wir in den Gesichtern der Familien sehen, die endlich wieder zusammenkommen", sagte der US-Präsident.
Hamas ebenfalls für Verlängerung
Auch die Hamas strebt nach eigener Darstellung eine Verlängerung an, um im Austausch gegen Geiseln mehr palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen zu bekommen. Die von Katar vermittelte Kampfpause zwischen Israel und der Hamas war für zunächst vier Tage angesetzt. Sie war am Freitagmorgen in Kraft getreten und soll laut Abkommen bis zu zehn Tagen verlängert werden können.
Nach Angaben Israels müsste die Hamas für jeden zusätzlichen Tag zehn weitere Geiseln freilassen. Nach Angaben Katars wäre eine Verlängerung um zusätzliche sechs Tage möglich. In den ersten drei Tagen hatte die Hamas als Teil des Abkommens bereits 40 israelische Geiseln freigelassen. Im Gegenzug wurden 117 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen entlassen. An diesem Montag wird die Freilassung zehn weiterer Geiseln erwartet.
Dilemma für Israels Armee
Für die freikommenden Geiseln und die notleidende Zivilbevölkerung des Gazastreifens ist das Abkommen zwischen Israel und der Hamas ein Segen - für Israels Militär bedeutet es dagegen einen Rückschlag. "Aus militärischer Sicht ist es ein äußerst unwillkommenes Ereignis", fasste der Militärhistoriker Danny Orbach von der Hebräischen Universität in Jerusalem die Feuerpause aus Sicht der Armee zusammen. "Die größte Gefahr ist, dass sie ihr Momentum verliert."
Die Hamas werde gestärkt aus der Kampfpause hervorgehen, betonte Orbach. "Es ist ein schreckliches Dilemma für die israelische Regierung und die israelische Gesellschaft", sagte Israels ehemaliger stellvertretender nationaler Sicherheitsberater, Eran Lerman, im Magazin "Foreign Policy". Die Armee sei aber in der Lage, die Kämpfe nach der Feuerpause wieder aufzunehmen.
Quelle: ntv.de, mau/dpa