Klimaaktivisten fordern Tempo Neubauer: "So kann das nicht weitergehen"
31.10.2021, 05:23 Uhr
Luisa Neubauer fordert schärfere Maßnahmen für den Klimaschutz.
(Foto: dpa)
Vor dem Weltklimagipfel protestieren Klimaaktivisten in Glasgow. Auch Luisa Neubauer fordert mehr Tempo beim Klimaschutz. Auf der Konferenz müsse der Trend umgekehrt werden. Die Grünen wiederum erhoffen sich Impulse für die Koalitionsverhandlungen.
Die deutsche Klimaaktivistin Luisa Neubauer hat vor dem Weltklimagipfel in Glasgow deutlich mehr Tempo und Ehrgeiz im Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe gefordert. Keine der reichen Industrienationen, auch Deutschland nicht, halte sich gerade an seine Zusagen zum Klimaschutz, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Sie alle rauben dem globalen Süden und den jungen Generationen wissentlich ihre Perspektiven. Wo sind die Regierungen, die diesen Betrug beenden?", fragte die 25-Jährige von der Umweltbewegung Fridays For Future.
Seit dem als historisch gefeierten Klimaschutz-Abkommen von Paris im Jahr 2015 seien sechs Jahre vergangen - und die Emissionen klimaschädlicher Treibhausgase heute höher denn je, prangerte sie an. "So kann das nicht weitergehen. Diese Konferenz muss der Moment sein, in dem dieser Trend umgekehrt wird."
In Glasgow gab es bereits vorab erste Proteste von Klimaschutzaktivisten: Mitglieder von Ocean Rebellion legten sich als "tote Meermenschen" halbnackt nahe des Flusses Clyde unter Fischernetze, um auf Gefahren von Meeresbewohnern wie Delfinen, Haien und Walen aufmerksam zu machen. Zudem sollten Tausende Aktivistinnen und Aktivisten ankommen, die zu Fuß nach Glasgow gingen, darunter auch aus Deutschland. Eine spanische Gruppe war mit der Fähre ins südenglische Portsmouth gefahren und von dort 30 Tage durch Großbritannien gewandert.
"Ehrgeizigere Klimaschutz-Maßnahmen nötig"
Die Grünen, deren Mitglied Neubauer auch ist, hoffen derweil auf Impulse von der Weltklimakonferenz in Glasgow für die Koalitionsverhandlungen in Berlin. "Die COP kann den Koalitionsverhandlungen Rückenwind geben", sagte Grünen-Klimaexpertin Lisa Badum den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. "Auch in Deutschland sind ehrgeizigere Klimaschutz-Maßnahmen nötig", fügte sie hinzu. Auf der Klimakonferenz liege eine große Aufmerksamkeit, auch wenn nicht zu erwarten sei, dass es einen Durchbruch wie in Paris geben werde. "Dafür steht zu wenig auf der Agenda", sagte sie.
Deutschland müsse den europäischen Green Deal aktiv unterstützen und mitgestalten, forderte Badum weiter. "Die EU wird mit der Förderung von Atom- und Gasenergie definitiv nicht glaubwürdig für Klimaneutralität weltweit werben können", mahnte sie. "In der zukünftigen Koalition wird die Klima-Außenpolitik sehr wichtig, die hat in vergangenen Jahren gefehlt." Es sei immer essenziell, mit anderen ambitionierten Ländern voranzugehen.
Auch der Grünen-Klimaexperte Oliver Krischer forderte, "rasch ins Handeln zu kommen und geeignete Maßnahmen für mehr Klimaschutz auf den Weg zu bringen". Der Erfolg der Weltklimakonferenz in Glasgow hänge davon ab, inwieweit es gelinge, neue, ambitioniertere und verlässliche Klimazusagen insbesondere der großen Emittenten zu erreichen, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Deutschland muss dabei eine Vorbildrolle einnehmen." Außerdem müsse die Gebergemeinschaft mehr Geld für die Klimafinanzierung zur Verfügung stellen und die Finanzierungslücke auf der COP26 schließen.
Vorgezogener Kohleausstieg als "starkes Signal"
Krischer, der für die Grünen die Koalitionsverhandlungen in der Arbeitsgruppe Klima leitet, mahnte, dass das Zeitfenster für effektive Maßnahmen zur Begrenzung des Temperaturanstiegs immer kleiner werde. Die Welt sei sechs Jahre nach dem historischen Abkommen von Paris weit von einem Pfad zu 1,5 Grad Erwärmung entfernt.
In den Gesprächen zu einer Ampel-Koalition sieht er eine positive Botschaft in Richtung Glasgow. "Mit der Sondierungs-Vereinbarung zu einem vorgezogenen Kohleausstieg sendet Deutschland ein starkes Signal nach Glasgow", sagte er. Eine Ampel-Koalition werde eine verlässliche und wirksame Klimapolitik betreiben, die zeige, wie einem großen Industrieland die schwierige Transformation gelinge und dabei auch Vorbild für ähnliche Staaten sein könne. "Machen statt reden" sei der entscheidende Unterschied zur Vorgängerregierung.
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Quelle: ntv.de, mli/dpa/AFP