Abstimmung über AbstandsregelnNimmt Thüringer CDU Hilfe der AfD an?

In Thüringen streiten Koalition und Opposition um Abstandsregeln für Windräder. Doch das Thema rückt in den Hintergrund, denn dem Antrag der CDU will auch die AfD zustimmen.
Die Thüringer CDU-Landtagsfraktion sieht sich im Streit um eine 1000-Meter-Regel für Windräder zu Wohngebäuden in der Klemme, weil sich die AfD an ihre Seite gestellt hat. "Wir bringen eigenständig inhaltliche Initiativen ein, die unseren Zielen und Überzeugungen entsprechen - unabhängig davon, wer dafür ist und wer dagegen", erklärte CDU-Fraktionschef Mario Voigt in Erfurt. AfD-Fraktionschef Björn Höcke hatte zuvor angekündigt, das CDU-Anliegen im Landtag zu unterstützen.
Seit Tagen läuft in Thüringen eine Debatte darüber, ob die CDU bei einer Unterstützung ihres Antrags durch die AfD einen politischen Dammbruch zulassen würde. Die AfD wird in Thüringen vom Verfassungsschutz wegen rechtsextremistischer Tendenzen beobachtet. Im Erfurter Landtag hat die Opposition aus CDU, AfD und FDP einen großen Einfluss, weil die rot-rot-grüne Regierungskoalition von Ministerpräsident Bodo Ramelow keine eigene Mehrheit hat - ihr fehlen vier Stimmen.
Voigt, der sich jüngst als Spitzenkandidatn der CDU für die Landtagswahl 2024 in Stellung gebracht hatte, bemerkte, grundsätzlich müsse gelten, "das Abstimmungsverhalten in Sachfragen muss der Vernunft folgen". Er rief Linke, SPD und Grüne auf, dem CDU-Antrag zuzustimmen. "Was in Sachsen und Brandenburg für SPD und Grüne richtig war, kann in Thüringen nicht plötzlich falsch sein." In Sachsen hat der Landtag in dieser Woche mit Stimmen der Regierungskoalition aus CDU, SPD und Grünen die Bauordnung geändert und dabei auch den 1000-Meter-Mindestabstand neuer Windkraftanlagen zu Wohngebäuden besiegelt.
Sondersitzung beantragt - von CDU und AfD
Der Ball liege jetzt bei Rot-Rot-Grün, sagte der CDU-Fraktionschef und Oppositionsführer. "Die Minderheitskoalition sollte sich einer Zustimmung zu vernünftigen Lösungen nicht verweigern. Wir erwarten hier die gleiche Kompromissbereitschaft, wie sie die CDU in vielen anderen Sachfragen zeigt." Linke, SPD und Grüne hatten der CDU vorgeworfen, sie setze bei ihrem Vorhaben bewusst auf die Zustimmung der AfD. Höcke erklärte, "allein die Vernunft gebietet es, bei gemeinsamen politischen Zielen auch an einem Strang zu ziehen - über Parteigrenzen hinaus".
Politisch heikel könnte es bereits am kommenden Mittwoch bei einer Sondersitzung des Parlaments zugehen, die sowohl von CDU als auch AfD beantragt wurde. Dabei geht es ausschließlich um die von Rot-Rot-Grün abgeschaffte Schulgeldfreiheit für Azubis in Gesundheitsberufen.
Das Thema CDU und AfD in Thüringen hat eine Vorgeschichte. Prominentestes Kapitel ist die Landtagswahl 2019. In deren Ergebnis wählte der Landtag im Februar 2020 hatte der Landtag den FDP-Abgeordneten Thomas L. Kemmerich zum Ministerpräsidenten gewählt. Am Ende wochenlanger Taktiererei stimmten im dritten Wahlgang FDP, CDU und AfD für den Liberalen. Das Ergebnis löste bundesweite Debatten aus. In deren Folge verloren unter anderen der damalige CDU-Landeschef Mike Mohring und der Ost-Beauftragte der Bundesregierung, Christian Hirte, ihre Posten. Hirte ist inzwischen Chef der Thüringer CDU. Nachdem die Landes-CDU auch die Bundesvorsitzende Annegret Kramp- Karrenbauer auflaufen ließ, kündigte diese ihren Rücktritt an. Kemmerich trat wenige Tage nach seiner Wahl nach großem Druck zurück. Im März kam dann die rot-rot-grüne Minderheitsregierung an die Macht.