Politik

Doppelwumms bei Illner "Noch nicht alles Beschlossene kommt an"

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Lindner verteidigt sein Festhalten an der Schuldenbremse.

(Foto: IMAGO/Political-Moments)

Ein halbes Jahr ist es jetzt her, dass Bundeskanzler Scholz seinen "Doppelwumms" angekündigt hat. Viele Bürger fragen sich allerdings immer noch, wo dieser denn nun bleibt. Bei Maybrit Illner bittet Finanzminister Lindner noch um ein wenig Geduld.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat es mit seiner Wortschöpfung "Doppelwumms" in die Top-5 der "Floskeln des Jahres 2022" geschafft. Dieser Negativpreis wird von dem Netzwerkprojekt Floskelwolke vergeben. Inzwischen hat ein neues Jahr begonnen, doch wo ist der Wumms geblieben? Das will Maybrit Illner im ZDF von ihren Gästen wissen. Denn eins ist Fakt: Von Strom- und Gaspreisbremse haben viele Bürger noch nicht viel gemerkt. Studierende warten auf Entlastungen, Bürger und Unternehmen, die mit Öl oder Pellets heizen, fühlen sich verschaukelt. Die Gaspreise sinken an der Börse. Dennoch zahlen Gaskunden noch immer das Doppelte oder gar das Dreifache dessen, was ihnen vor dem Ukrainekrieg berechnet wurde. Und so war das mit dem "Doppelwumms" nicht gemeint. Der sollte die Energieverbraucher entlasten.

Das hat auch Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Bremen festgestellt. Die Angst und Sorge bei vielen Verbrauchern sei groß, sagt sie. Im Dezember sollte eigentlich niemand seine Gasrechnung bezahlen, doch für Mieter greifen die reduzierten Abschläge erst im Laufe des Jahres. Annabel Oelmann hat mit Menschen gesprochen, die für die Begleichung der Energiekosten ihren Dispo in Anspruch nehmen mussten. Natürlich gebe es Härtefallfonds, weiß sie. "Aber die Menschen kennen die Option oft nicht." Hier können die Verbraucherzentralen helfen, sagt Oelmann. Sie und ihre Kollegen bieten persönliche Beratungen, Online- und Videochats an.

"Wir sind in sehr bewegten Zeiten"

Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner kennt das Problem. "Wir sind in sehr bewegten Zeiten", sagt er bei Illner. "Noch nicht alles, was wir beschlossen haben, kommt bei den Menschen an." So scheiterten die finanziellen Hilfen für Studierende noch an der Digitalisierung, doch man werde schnellstmöglich eine Lösung finden, verspricht der FDP-Politiker. Der Bund habe für Öl und Pellets Geld bereitgestellt und gemeinsam mit den Ländern Härtefonds aufgesetzt. "Die Verwaltung der Härtefonds machen die Länder", erklärt Lindner. Die Strom- und Gaspreisbremse werde ab März die für die Menschen und Betriebe ruinösen Preisspitzen kappen. Zudem gebe es Härtefonds sowie Steuerentlastungen für "die breite Mitte".

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz weiß, dass die Situation der Regierung im Moment "nicht schön" ist. Aber er sagt auch: "Das Problem ist, dass wir mit vielen Dingen sehr spät sind." Immerhin habe die Union schon im August die Strom- und Gaspreisbremse vorgeschlagen.

Die Wissenschaft sei sogar schon im April so weit gewesen, trumpft Jens Südekum auf. Er ist Professor für Volkswirtschaftslehre. Damals sei das der Bundesregierung zu teuer gewesen. Zudem habe Finanzminister Lindner den Fehler gemacht, trotz eines Energiekrieges an der Schuldenbremse festzuhalten.

"Wir haben das Notwendige getan"

"An der Schuldenbremse halte ich auch weiter fest", entgegnet Lindner. "Wir haben jetzt das Notwendige getan, gehen aber mit den öffentlichen Geldern vorsichtig um." Jede Hilfe, die die Regierung jetzt ausgebe, sei nur geborgtes Geld. Deshalb müsse man versuchen, nicht die gesamte Summe für den Doppelwumms von 200 Milliarden Euro auszugeben. "Jede Milliarde, die wir nicht brauchen, ist im Interesse der Bürger."

Hier widerspricht Südekum. Er würde Geld, das nicht für die Hilfe von Bürgern und Unternehmen ausgegeben würde, lieber in den Ausbau erneuerbarer Energien stecken. Das sei jedoch nicht möglich, erklärt Lindner: Die 200 Milliarden Euro seien zweckgebunden.

Was Mieter jetzt beachten müssen

Für die Mieter sei die Situation aktuell am schwierigsten, gibt Südekum zu bedenken. "Ein Haushalt, der heute einen Vertrag abschließt, würde von der Gaspreisbremse nicht profitieren, weil die aktuellen Börsenpreise darunter liegen", sagt er. Gasverträge würden ohnehin oft Vermieter abschließen. Trotzdem sollten Mieter und Vermieter genau auf die Gasrechnungen schauen, um zu prüfen, ob Versorger zu viel abrechnen.

Vom Abschluss eines neuen Vertrages mit einem Gasanbieter rät Oelmann aktuell ohnehin ab. Zudem warnt sie vor Versorgern, die Verträge mit einer zweijährigen Laufzeit anbieten - und das seien sehr viele. "Ich würde in dieser kritischen Zeit solche Verträge gar nicht abschließen. Verbraucher sollten lieber warten und beobachten und im Zweifel etwas später wechseln, denn sonst zahlt man möglicherweise richtig drauf."

Quelle: ntv.de

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