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Jahrhunderthurrikan "Milton" "Oktober-Überraschung" tost in US-Wahlkampf hinein

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In Florida sind die Aufräumarbeiten nach Hurrikan "Helene" in vollem Gange - nun bewegt sich "Milton" auf den Bundesstaat zu.

In Florida sind die Aufräumarbeiten nach Hurrikan "Helene" in vollem Gange - nun bewegt sich "Milton" auf den Bundesstaat zu.

(Foto: AP)

US-Präsident Biden wollte nach Deutschland reisen, doch wegen des immensen Hurrikans "Milton" wird daraus erst einmal nichts. Zu dramatisch ist die Lage bereits jetzt. Zudem: Nur noch vier Wochen fehlen bis zur Wahl zwischen Vizepräsidentin Harris gegen Donald Trump.

Florida rüstet sich für den schlimmsten Sturm seit einem Jahrhundert. Hurrikan "Milton" bewegt sich derzeit durch den Golf von Mexiko und wird aller Voraussicht nach in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag mit tödlicher Wucht auf den äußeren Südosten der USA treffen. Laut Vorhersage wird "Milton" über die Tampa-Bucht in Richtung Osten nach Orlando durch das Herz des Bundesstaats toben. Politiker warnen eindringlich vor den Gefahren, die Bewohner fliehen.

US-Präsident Joe Biden bleibt derweil in Washington, hat wegen des Sturms seine für Donnerstag angesetzte Reise nach Deutschland und zum Ukraine-Gipfel in Ramstein verschoben. Bei einer Pressekonferenz zu den Hurrikans versprach der Präsident den Betroffenen jegliche nötige Hilfe: "Die Biden-Harris-Regierung wird da sein, bis der Job erledigt ist." Er selbst werde "so bald wie möglich" in die Katastrophenregion reisen.

Biden macht, was ein Staatschef in solchen Situationen tun sollte: Er zeigt sich der Situation bewusst, er bietet Hilfe an, zeigt Mitgefühl. Dazu kommt der Wahlkampf. Nur noch vier Wochen sind es bis zur Präsidentschaftswahl, die auf Messers Schneide steht. Die Umfrageergebnisse der Kandidaten Donald Trump und Harris bewegen sich innerhalb der Fehlertoleranz, Tausende, sogar Hunderte Stimmen könnten entscheidend sein. Während Biden die Hilfe versprach, machte die Vizepräsidentin Wahlkampf, gab mehrere Fernsehinterviews.

Hilfe vor Ort statt in Europa

Vor zwei Wochen verwüstete bereits der Hurrikan "Helene" den Südosten; mindestens zehn Bundesstaaten sind betroffen, mindestens 232 Menschen kamen ums Leben. Die Demokraten können sich Bidens Reise in dieser Situation noch weniger als ohnehin leisten. Der geplante Empfang mit militärischen Ehren in Berlin und der Ukraine-Hilfskonferenz könnten den Eindruck erwecken, die Hilfen im fernen Osteuropa seien wichtiger als die Unterstützung für die eigene Bevölkerung.

Der republikanische Gouverneur im Bundesstaat Georgia berichtete, er habe einen Anruf von Biden persönlich bekommen, der gefragt habe: "Was brauchen Sie?" Donald Trump erzählt das Gegenteil, setzt Halbwahrheiten oder Lügen in die Welt und versucht unter anderem, die Demokraten und ihre Kandidatin, die Vizepräsidentin Kamala Harris, wegen angeblich ausbleibender Hilfen zu diskreditieren. Ohnehin kursieren wilde Verschwörungstheorien über die Demokraten und die Stürme in den sozialen Medien.

Während die Trümmer von "Helene" noch nicht aufgeräumt sind, stürmt "Milton" in den Fokus. Floridas Gouverneur Ron DeSantis warnte die Bewohner der Golfküste Floridas, sich auf einen "wilden" Hurrikan vorzubereiten. "Beten wir, dass sich der Sturm abschwächt", sagte er. "Aber wir müssen auf einen sehr, sehr großen Einfluss auf die Westküste Floridas vorbereitet sein." DeSantis' Warnung ist eindringlich, aber nicht so wie die von Tampas Bürgermeisterin Jane Castor: "Ich kann ohne jegliche Dramatisierung sagen, dass Sie sterben werden, wenn Sie sich entscheiden, in einem der Evakuierungsgebiete zu bleiben." Mindestens neun Landkreise in Florida haben verpflichtende Evakuierungen angeordnet.

Anruf nicht angenommen

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DeSantis blockte laut US-Medien Harris' Kontaktversuche ab. Ein Mitarbeiter DeSantis' erklärte, die Anrufe seien potenziell politisch motiviert gewesen. Auch Georgias Gouverneur Brian Kemp zeigte sich in der vergangenen Woche nicht mit Harris, die sich im Bundesstaat ein Bild der Zerstörung machte, sondern trat stattdessen mit Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung auf. Beide Gouverneure haben Trump öffentlich ihre Unterstützung ausgesprochen; für den Kandidaten sind so kurz vor der Wahl gemeinsame Auftritte mit Harris wohl nicht förderlich.

Den Parteistrategen auf beiden Seiten ist wohl präsent, wie der politisch angeschlagene Ex-Präsident Barack Obama nach dem Hurrikan "Sandy" im Jahr 2012 öffentlichkeitswirksam vom republikanischen Gouverneur Chris Christie empfangen worden war. Dies soll dem Demokraten bei seiner knappen Wiederwahl geholfen haben. Manche sagen, die beiden Hurrikane seien die "Oktober-Überraschung", die es angeblich vor jeder Präsidentschaftswahl gibt und das Ergebnis beeinflussen könnte. Die Wirkung dieser Überraschungen ist umstritten. Aber das Risiko, deshalb die Wahl zu verlieren, möchte niemand eingehen.

Quelle: ntv.de

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