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Klare Worte aus der Wissenschaft Niemand kann einen Hurrikan aufhalten

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Dieses Satellitenbild der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) zeigt den Hurrikan "Helene" über den USA.

Dieses Satellitenbild der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) zeigt den Hurrikan "Helene" über den USA.

(Foto: picture alliance/dpa/National Oceanic and Atmospheric Administration/AP)

Einige Verschwörungstheoretiker sehen hinter den verheerenden Hurrikans der letzten Wochen einen perfiden Plan der Demokraten kurz vor der US-Wahl. Forschende halten dagegen und betonen, dass sie Hurrikans aufhalten würden, wenn sie könnten.

Nur wenige Tage, nachdem der Hurrikan "Helene" weite Gebiete im Südosten der USA verwüstet und Hunderte Menschen das Leben gekostet hat, steuert der Wirbelsturm "Milton" mit voller Wucht auf Florida zu. Schon sprießen hier und da Verschwörungserzählungen, die US-Regierung lenke die Wirbelstürme auf republikanische Wähler.

Abgesehen davon, dass solche Vorstellungen dem gesunden Menschenverstand widersprechen, zeigt die Wettergeschichte, dass Hurrikans bestimmte Gebiete vergleichsweise häufig treffen. Vor allem aber überschätzen sie die Fähigkeiten des Menschen, das Wetter in seinem Sinne zu gestalten. "Wenn Meteorologen die Hurrikans aufhalten könnten, würden wir die Hurrikans aufhalten", sagt die Atmosphären- und Umweltwissenschaftlerin Kristen Corbosiero von der University of Albany.

Hier ein Blick darauf, was der Mensch in Bezug auf das Wetter tun kann und was nicht:

Hurrikans als Kraftpaket

Ein ausgewachsener Hurrikan setzt alle 20 Minuten so viel Wärmeenergie frei wie eine Atombombe mit der Sprengkraft von zehn Megatonnen TNT. Das sei mehr als die gesamte Energie, die die Menschheit zu einem bestimmten Zeitpunkt verbrauche, sagte der Leiter der Tropenanalyse im US-Hurrikanzentrum, Chris Landsea.

Der Klimawandel sorgt dafür, das Hurrikans noch mehr Zerstörungskraft tanken können. Er erwärmt die Ozeane und Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Hurrikans über wärmerem Wasser mehr Energie aufnehmen und in der aufgewärmten Atmosphäre mehr Wasser als Regen fallen kann.

"Die Energiemenge, die ein Hurrikan erzeugt, ist Wahnsinn", sagt der Hurrikanforscher Phil Klotzbach von der Colorado State University. "Es ist der Gipfel menschlicher Arroganz, wenn man glaubt, die Macht zu haben, diese Energie zu lenken." Das hat die Menschen nicht davon abgehalten, es zu versuchen oder zumindest darüber nachzudenken.

Bisher gescheiterte Kontrollversuche

Jim Fleming vom Colby College hat historische Versuche untersucht, das Wetter zu beeinflussen, und ist der Auffassung, dass die Menschen nicht annähernd über die Mittel verfügen, um dieses Ziel zu erreichen. So habe das Unternehmen General Electric 1947 in Zusammenarbeit mit dem US-Militär versucht, Hurrikans durch den Abwurf von Trockeneis zu schwächen. Das habe nicht funktioniert.

In den 1960er, 1970er und 1980er Jahren verfolgte die US-Regierung mit dem Projekt "Stormfury" die Idee, Chemikalien in einen Hurrikan einzubringen. Damit sollte der Hurrikan großflächiger, aber insgesamt schwächer werden. Die Tests verliefen ergebnislos.

Auch mit kühlenden Eisbergen und wasserabsorbierenden Substanzen war den Hurrikans nicht beizukommen. Sogar der Vorschlag, Hurrikans mit einer Atombombe zu bändigen, komme seit Jahrzehnten immer wieder, sagt Corbosiero. Aber selbst die wäre zu schwach.

Neue Ansätze durch den Klimawandel

Moderne Geoingenieure zielen nicht mehr auf einzelne Wetterereignisse ab, sondern auf den Klimawandel, den sie zumindest verlangsamen wollen. Eine der vielversprechendsten Ideen sieht vor, Aerosolpartikel in den oberen Schichten der Atmosphäre zu verteilen. Dort sollen sie einen kleinen Teil des Sonnenlichts ins All zurücklenken und den Planeten so etwas abkühlen. Chris Field von der Universität Stanford sieht Hinweise darauf, dass Geoengineering auch helfen könnte, die schlimmsten Gefahren durch Wirbelstürme zu mildern, auch wenn dies noch Jahrzehnte entfernt sei.

Doch selbst Befürworter dieses Ansatzes räumen Risiken und Schwierigkeiten ein. Einige Wissenschaftler warnen, das Herumbasteln an der Erdatmosphäre im Kampf gegen den Klimawandel werde wahrscheinlich neue Probleme nach sich ziehen. Die größte Vereinigung von Wissenschaftlern, die sich mit Klimafragen befassen, die American Geophysical Union, hat vor zwei Jahren angekündigt, einen ethischen Rahmen für Klima-Interventionen zu schaffen. Doch der Klimawissenschaftler Michael Mann von der Pennsylvania State University fürchtet, schon die bloße Diskussion über solche Richtlinien erhöhe die Wahrscheinlichkeit, dass solche Eingriffe tatsächlich stattfinden, was schädliche Nebenwirkungen haben könnte.

Field sagt, Geoengineering sei nur Teil der besten Lösung, nämlich den Klimawandel durch eine Verringerung der Treibhausgasemissionen zu stoppen. "Was auch immer wir sonst noch tun, das muss das Kernstück der Aktivitäten sein", sagt er.

Quelle: ntv.de, Melina Wallingh und Seth Borenstein, AP

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