Polizei nimmt Demonstranten fest "Palästina-Kongress"-Sprecher: Rechte wurden ausgehebelt
13.04.2024, 15:29 Uhr Artikel anhören
Sympathisanten demonstrieren am Tag nach der Auflösung des "Palästina-Kongresses" in Berlin-Mitte gegen die Aktion.
(Foto: picture alliance/dpa)
Kaum hat der "Palästina-Kongress" in Berlin begonnen, schreitet die Polizei während des zugeschalteten Vortrags eines nicht dazu berechtigten Mannes ein und löst die Veranstaltung auf. Die Sprecher der Veranstalter kritisieren dies scharf. Auf einer Demo am Folgetag kommt es zu neun Festnahmen
Nach der Auflösung eines umstrittenen "Palästina-Kongresses" in Berlin haben die Sprecher der Veranstalter das Vorgehen der Polizei scharf kritisiert. Demokratische Rechte seien ausgehebelt worden, hieß es während einer Pressekonferenz. Weiterhin würden rechtliche Schritte geprüft.
Die Polizei hatte die Veranstaltung am Freitag rund zwei Stunden nach Beginn aufgelöst. Die bis zu 250 Kongressteilnehmer wurden am frühen Abend aufgefordert, den Saal zu verlassen. Als Grund nannte die Versammlungsbehörde eine per Video übertragene Rede eines Mannes, für den in Deutschland wegen Hasstiraden gegen Israel und gegen Juden ein politisches Betätigungsverbot gilt. Als der Mann sprach, schritt die Polizei mit etlichen Beamten ein, kappte die Übertragung und schaltete den Strom zeitweise ab.
Strafbare Äußerung gab es wohl nicht
Rechtsanwältin Nadija Samour sagte für die Veranstalter, die Polizei habe völlig unverhältnismäßig entschieden. Geringere Maßnahmen seien möglich gewesen. Jeglicher Versuch, die Versammlung zu schützen, sei von der Polizei torpediert worden. Es habe keine strafbaren Äußerungen gegeben, was die Polizei auch eingeräumt habe.
Das Betätigungsverbot sei dem Veranstalter nicht bekannt gewesen und erst kurz vorher mitgeteilt worden. Aus Sicht der Veranstalter war die Polizeimaßnahme rechtswidrig. Es sei bei der Polizei Widerspruch eingelegt worden, um die eigentlich bis Sonntag geplante Versammlung fortsetzen zu können.
Insgesamt neun Festnahmen
Am Samstag demonstrierten zahlreiche Menschen gegen die Auflösung des Kongresses. Dabei wurden, wie die Berliner Polizei auf X erklärt, mehrere Personen festgenommen. Einsatzkräfte seien von Teilnehmenden kurz vor Erreichen des Endplatzes angegriffen worden, so die Polizei. Eine Person habe nach ihrer Festnahme medizinische Hilfe benötigt. Nach Einsatzende teilte die Polizei mit, dass es insgesamt neun Festnahmen gegeben habe.
Die Veranstalter hatten nach Polizeiangaben eine Demonstration mit 1500 Menschen gegen das Verbot des Kongresses angemeldet. Die Polizei zählte in der Spitze 1900 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Auf der Demonstration waren Parolen zu hören wie "Viva, viva Palästina", "Palästina will never die" oder "Israel bombardiert - Deutschland finanziert". Unweit der Demo protestierte eine kleine Gruppe von Menschen mit Israel-Flaggen.
Die Polizei war mit rund 900 Kräften in der Stadt im Einsatz, überwiegend bei der Demonstration. Die Berliner Polizei konnte dabei auf Unterstützung aus Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern bauen.
Die Polizei hatte die Veranstaltung am Freitag rund zwei Stunden nach Beginn aufgelöst. Nach Angaben einer Polizeisprecherin sah die Behörde die Gefahr, "dass solche antisemitischen, gewaltverherrlichenden und den Holocaust verleugnenden Redebeiträge sich bei der Veranstaltung wiederholen könnten". Die Entscheidung galt demnach nicht nur für den Freitag, sondern auch für Samstag und Sonntag.
Faeser lobt Polizeivorgehen
Bundesinnenministerin Nancy Faeser lobte den Einsatz der Polizei auf der Plattform X. "Es ist richtig und notwendig, dass die Berliner Polizei hart durchgreift beim sogenannten Palästina-Kongress. Wir dulden keine islamistische Propaganda und keinen Hass gegen Jüdinnen und Juden", schrieb sie. Auch die Gewerkschaft der Polizei nannte das Durchgreifen der Beamten "starkes Zeichen in Richtung derer, die unsere Demokratie ausnutzen oder an der Durchsetzungskraft der Hauptstadtpolizei zweifeln". "Wer unsere demokratischen Möglichkeiten nutzen möchte, der muss sich auch an Auflagen und Gesetze halten", sagte Landeschef Stephan Weh laut Mitteilung.
Zu dem internationalen Treffen unter dem Motto "Wir klagen an" hatten diverse propalästinensische Gruppen und Initiativen eingeladen. Darunter sind vor allem solche, die nach Einschätzung von Sicherheitsbehörden und Berliner Innenverwaltung dem israelfeindlichen "Boykott-Spektrum" zuzurechnen seien. Die Organisatoren hatten den Kongress schon vor längerer Zeit angekündigt, den genauen Ort aber lange geheim gehalten und erst am Freitag mitgeteilt.
Quelle: ntv.de, mpe/dpa