"Ihre Erwartung ist beleidigend" Polens Ex-Staatschef Walesa geht Trump harsch an
03.03.2025, 16:25 Uhr Artikel anhören
Walesa hat das Gespräch zwischen Trump und Selenskyj "mit Entsetzen und Abscheu" verfolgt.
(Foto: picture alliance / NurPhoto)
Bei seinem Besuch in Washington geraten Kiews Staatschef Selenskyj und der US-Präsident heftig aneinander. Die Unterzeichnung eines Abkommens wird abgesagt. Europa ist mehrheitlich schockiert. Nun meldet sich Friedensnobelpreisträger Walesa.
Der ehemalige polnische Gewerkschaftsführer und Staatspräsident Lech Walesa hat sich entsetzt über das Verhalten von US-Präsident Donald Trump gegenüber dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj geäußert. Das Gespräch der beiden Staatschefs im Oval Office habe an die Verhöre der Geheimdienste während der Zeit des Kommunismus erinnert, schreibt er in einem bei Facebook veröffentlichten offenen Brief an Trump. "Wir sind schockiert, dass Sie Präsident Wolodymyr Selenskyj auf die gleiche Weise behandelt haben", schreiben Walesa und weitere Anhänger darin.
Bei einem Besuch Selenskyjs in Washington war es am Freitag zum Eklat gekommen: Trump und Selenskyj gerieten im Oval Office vor der Weltöffentlichkeit heftig aneinander. Der US-Präsident und sein Vize JD Vance warfen dem ukrainischen Staatschef fehlende Dankbarkeit für die US-Militärhilfe und Respektlosigkeit vor. Selenskyj verließ das Weiße Haus im Streit.
"Wir finden Ihre Erwartung von Respekt und Dankbarkeit für die materielle Hilfe der USA für die Ukraine in ihrem Kampf gegen Russland beleidigend", schreiben Walesa und rund 40 weitere ehemalige Gegner des Kommunismus. Die Dankbarkeit gebühre "den heldenhaften ukrainischen Soldaten, die ihr Blut vergossen haben, um die Werte der freien Welt zu verteidigen".
Sie hätten das Gespräch zwischen Trump und Selenskyj "mit Entsetzen und Abscheu" verfolgt, fügten die Unterzeichner hinzu. Die Atmosphäre während des Gesprächs habe an die "in kommunistischen Gerichtssälen" erinnert.
Die Unterzeichnenden fordern die USA auf, die Sicherheitsgarantien einzuhalten, die sie der Ukraine 1994 nach dem Zerfall der Sowjetunion gegeben haben. "Diese Garantien sind bedingungslos. Darin findet sich kein Wort darüber, dass diese Hilfe als wirtschaftlicher Austausch zu behandeln sei", heißt es mit Blick auf das Budapester Memorandum. Darin haben die USA, Russland und Großbritannien der Ukraine, Belarus und Kasachstan ihre Souveränität in den bestehenden Grenzen garantiert. Im Gegenzug gaben die drei früheren Sowjetrepubliken die auf ihrem Gebiet stationierten sowjetischen Atomwaffen an Russland.
Walesa wurde in den 80er Jahren zur Ikone des Widerstands gegen die kommunistische Herrschaft in Polen. Der Elektriker aus der Hafenstadt Danzig wurde Anführer der Gewerkschaft Solidarnosc und für seinen friedlichen Protest 1983 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Bei den ersten demokratischen Wahlen in Polen nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wurde er dann zum Staatspräsidenten gewählt. Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine ist Polen ein treuer Verbündeter und Unterstützer des Nachbarlandes.
Quelle: ntv.de, jwu/AFP/rts