Unklare Sicherheitslage in Köln Politik diskutiert Verbot der Erdogan-Demo
30.07.2016, 12:35 Uhr
Protest gegen den Putschversuch in der Türkei vor dem türkischen Generalkonsulat in Hamburg.
(Foto: picture alliance / dpa)
Mehrere Unionspolitiker fordern ein Verbot der Pro-Erdogan-Demonstration am Sonntag in Köln. Fraktionschef Kauder ist jedoch anderer Auffassung. Auch der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland hält das für falsch.
Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, hat Forderungen nach einem Verbot der geplanten Großkundgebung in Köln kritisiert. Man könne nicht hierzulande fordern, eine Demonstration zu verbieten und gleichzeitig auf mangelnde Rechtsstaatlichkeit in der Türkei aufmerksam machen, sagte Sofuoglu im RBB. "Das ist ein Widerspruch", den Anhänger des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nutzten, um noch mehr Menschen zu mobilisieren.
"Eine Debatte über ein Verbot ist nur eine zusätzliche Werbung", sagte Sofuoglu zudem der "Mitteldeutschen Zeitung". "Unsere Demokratie hält unterschiedliche Meinungen aus." An der für Sonntag geplanten Kundgebung in Köln könnten nach Schätzungen der Polizei bis zu 30.000 Menschen teilnehmen. Der überwiegende Teil dürfte sich demnach "nationaltürkisch" und der türkischen Regierung nahestehend empfinden.
Offenbar sollen auch türkische Regierungsmitglieder in Köln als Redner auftreten, weshalb die dortige Polizei die Sicherheitslage neu prüft und ein Verbot letztlich nicht ausschließt. Mehrere Gegendemonstrationen sind angemeldet.
Sofuoglu: Erdogan präsenter als Merkel
Sofuoglu wies im RBB auch darauf hin, dass der Einfluss Erdogans auf Landsleute in Deutschland immer größer werde. Dazu trage zum einen die Politik Erdogans bei, zum anderen aber auch die Tatsache, "dass in Deutschland fast jeder Satz, fast jede Handlung von Erdogan kommentiert wird".
Erdogan sei in der deutschen Öffentlichkeit inzwischen "präsenter" als Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Joachim Gauck, sagte Sofuoglu. "Das schafft viel mehr Einflussmöglichkeiten für Erdogan als das sonst der Fall wäre."
Kauder: Erwarten, dass sich Teilnehmer an Gesetz halten
Mehrere Politiker hatten ein Verbot der Demonstration gefordert, darunter der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach. "Die Hürden für ein Versammlungsverbot sind bekanntlich sehr hoch", hatte er dem "Spiegel" gesagt. "Aber wenn die zuständigen Behörden konkrete Erkenntnisse haben, dass es aus der geplanten Demo heraus zu Straf- oder gar Gewalttaten kommen sollte, sollten sie einen Verbotsantrag ernsthaft prüfen."
Unionsfraktionschef Volker Kauder dagegen hält nichts von einem Verbot der Demo. "Demonstrationen gehören zu unserer Demokratie, auch wenn einzelne Aussagen von Demonstranten schwer zu ertragen sein mögen", sagte er der "Passauer Neuen Presse". "Wir erwarten, dass sich die Teilnehmer in Köln an Recht und Gesetz halten."
Marsch von Rechten darf stattfinden
Die Polizei wird mit mehr als 2000 Beamten vor Ort sein. "Wir sind auf besondere Gewaltformen vorbereitet", so der Polizeipräsident Jürgen Mathies. Die Einsatzkräfte bekommen es am Sonntag nun auch noch mit einer Gegendemonstration von Rechten zu tun, wodurch sich die Gefahr von Krawallen zusätzlich erhöht.
Das Oberverwaltungsgericht in Münster wies eine Beschwerde der Kölner Polizei gegen die Demo zurück, wie ein Sprecher des Gerichts am Vormittag bestätigte. Hinter dem Demonstrationszug steht unter anderem die rechtsextremistische Partei Pro NRW. Die Polizei fürchtet, dass es zu Ausschreitungen kommt. Das Gericht sah dafür allerdings keine ausreichenden Anhaltspunkte.
Das Oberverwaltungsgericht verwarf auch eine Beschwerde des Anmelders der Pro-Erdogan-Demonstration. Sie richtete sich gegen das Verbot, Erdogan auf einer Großleinwand live aus der Türkei zuzuschalten. Eine solche Zuschaltung bleibt nun verboten.
Quelle: ntv.de, hul/AFP/dpa