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Linke fordert Sondersitzung Politiker werfen Polizei in Leipzig eskalierendes Verhalten vor

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Nach Angaben der Linksfraktion und eines SPD-Innenpolitikers ging die Polizei bei der Demo mit unnötiger Härte vor.

Nach Angaben der Linksfraktion und eines SPD-Innenpolitikers ging die Polizei bei der Demo mit unnötiger Härte vor.

(Foto: picture alliance/dpa)

Die Scherben in Leipzig werden zusammengekehrt, die Aufarbeitung der Demo läuft. Während Bürgermeister und Polizeipräsident die Einsatzkräfte loben, kommt Kritik von Linken und SPD: Die Polizei habe zur Eskalation beigetragen, heißt es. Eine weitere Demo am Sonntag wird verboten.

Der sächsische SPD-Innenpolitiker Albrecht Pallas hat der Polizei bei den Krawallen am Samstagabend in Leipzig vorgeworfen, selbst zur Eskalation beigetragen zu haben. Der Polizeiführung warf der Landtagsabgeordnete eine "provozierende Herangehensweise" vor. Die Gewalt einiger Demonstranten sei inakzeptabel, betonte er. Die Polizei sei aber etwa beim Abdrängen umstehender Menschen mit unnötiger Härte vorgegangen und habe viele Menschen stundenlang eingekesselt.

"Es gipfelte im Abriegeln des gesamten Stadtteils Connewitz nach zwei Barrikadenbränden", betonte Pallas. "Die Massivität der Polizeipräsenz oder dadurch bedingte massive polizeiliche Reaktion auf Kleinigkeiten hatten eine eskalierende Wirkung, was überwiegend Unbeteiligte traf." Pallas ist von Beruf Kriminalbeamter und war nach eigenen Angaben in Leipzig als parlamentarischer Beobachter selbst vor Ort.

Bei Kritik belässt es die Linksfraktion im sächsischen Landtag nicht. Sie will das Vorgehen der Polizei zum Thema im Innenausschuss machen. Dazu werde ihre Fraktion am Montag eine Sondersitzung beantragen, teilte die Abgeordnete Kerstin Köditz auf Twitter mit. "Die Hintergründe der Grundrechtsverletzungen, besonders der Kessel, sind aufklärungsbedürftig." Das Innenministerium stehe in der Verantwortung.

Der freie Journalist Thomas Datt berichtet auf Twitter, dass die Eingekesselten insgesamt elf Stunden von der Polizei festgehalten wurden. Ihnen seien keine Toiletten zur Verfügung gestellt worden, obwohl sich eine Schule direkt am Ort des Geschehens befindet. Zudem seien Eltern nicht zu ihren minderjährigen Kindern gelassen worden, so Datt.

Die Stadtverwaltung und die Polizei verteidigten derweil ihr Vorgehen. "Wir müssen leider erleben, dass auch bei einer friedfertig angekündigten Demonstration sich Gewalttäter darunter mischen, dass sie instrumentalisiert wird und es im Ergebnis dann zu Gewaltausbrüchen kommt", sagte Oberbürgermeister Burkhard Jung. Es sei daher richtig gewesen, zwei andere Demonstrationen zuvor zu untersagen. Er dankte der Polizei für ihre Arbeit. So sei es möglich gewesen, trotz der "fürchterlichen Vorkommnisse" die Stadt lebensfähig zu halten.

Am Sonntag legte Jung nach und bezeichnete die linksextremen Demonstranten als "durchgeknallte Straffällige". "Was für ein Wochenende hat diese Stadt wieder hinter sich. Unglaublich. Grönemeyer-Konzert, Stadtfest, vollkommen durchgeknallte Straffällige in Connewitz - das gehört alles dazu", sagte der SPD-Politiker beim Empfang der Mannschaft von RB Leipzig im Neuen Rathaus. Die Fußballer hatten am Samstagabend den DFB-Pokal in Berlin gewonnen.

Polizeipräsident Demmler sprach von "viel sinnloser, extremer Gewalt". Es sei daher erforderlich gewesen, auch durch Stärke zu deeskalieren. Demmler betonte, dass keine Versammlung aufgelöst wurde. Es sei eine Stunde lang mit dem Versammlungsleiter versucht worden, eine stationäre Kundgebung zu erreichen.

Faeser will Linksextreme genau beobachten

Bundesinnenministerin Nancy Faeser verurteilte die Ausschreitungen bei den Protesten am Samstag. "Die sinnlose Gewalt von linksextremistischen Chaoten und Randalierern ist durch nichts zu rechtfertigen. Wer Steine, Flaschen und Brandsätze auf Polizisten wirft, muss dafür konsequent zur Rechenschaft gezogen werden. Den verletzten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten wünsche ich von Herzen, dass sie schnell wieder gesund werden", so Faeser. Zudem würden die Sicherheitsbehörden, die gewaltbereite linksextremistische Szene in den kommenden Tagen und Wochen weiterhin ganz genau im Fokus behalten und konsequent einschreiten, wenn es zu Straf- und Gewalttaten komme.

Die Stadt Leipzig hat derweil eine für Sonntagabend angemeldete weitere Demonstration verboten. "Grund dafür sind die Erfahrungen von Samstagabend", sagte ein Sprecher der Stadt. Grundlage für das Verbot der Demonstration ist nach Angaben der Stadt eine für Samstag und Sonntag geltende Allgemeinverfügung. Diese verbietet Versammlungen, die Bezug zum Urteil gegen die Linksextremistin Lina E. nehmen.

Die sächsischen Landtagsabgeordneten der Linken, Juliane Nagel und Marco Böhme, bezeichneten das Verbot als "skandalös": "Schon gestern wurden Grundrechte außer Kraft gesetzt. Wir appellieren an den Oberbürgermeister und die Polizeiführung, die Stadt Leipzig nicht weiter zur grundrechtsfreien Zone zu machen", erklärten sie.

Zahlreiche Verletzte auf beiden Seiten

Bei den Ausschreitungen wurden nach Angaben der Polizei etwa 50 Polizisten verletzt. Zudem habe es auch Verletzte aufseiten der Demonstranten gegeben, sagte Polizeipräsident René Demmler - die genaue Zahl konnte er aber nicht beziffern. Ermittlungen laufen bei der Polizei, etwa wegen schweren Landfriedensbruchs und wegen Angriffen auf Polizisten. Es habe fast 30 Festnahmen gegeben, bei denen nun ein Haftantrag geprüft werde, teilte Demmler mit. Zudem seien zwischen 40 und 50 Personen in Gewahrsam genommen und bis Sonntagmittag wieder entlassen worden.

Bei der Demonstration unter dem Motto "Die Versammlungsfreiheit gilt auch in Leipzig" mit rund 1500 Teilnehmern waren am Samstag nach einem friedlichen Beginn Steine, Flaschen und ein Brandsatz auf Polizisten geworfen worden. Die Polizei kesselte rund 1000 der Demonstranten ein und sprach von "massiven Ausschreitungen".

Quelle: ntv.de, als/dpa

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