Erst vergiftet, nun weggesperrt Putin-Gegner Kara-Mursa offenbar in Gefängnis-Klinik verlegt
05.07.2024, 17:17 Uhr Artikel anhören
Bereits im vergangenen Sommer erschien Wladimir Kara-Mursa zu seinen Gerichtsverhandlungen deutlich schlanker und abgemagerter als früher.
(Foto: REUTERS)
Im Februar stirbt Russlands bekanntester Oppositioneller Nawalny in russischer Haft. Nun wächst die Sorge um einen weiteren inhaftierten Kremlkritiker: Wladimir Kara-Mursa, der bereits zwei Giftanschläge überlebt hat und wegen angeblichen Hochverrats auf Jahre weggesperrt ist.
Der inhaftierte russische Kreml-Kritiker Wladimir Kara-Mursa ist nach Angaben seiner Ehefrau in ein Gefängniskrankenhaus verlegt worden. "Seinen Anwälten wurde der Zugang zu ihm verwehrt", schreibt Jewgenija Kara-Mursa in einem Online-Post. Sie wisse nicht, wie es ihrem Mann derzeit gehe.
Die Angehörigen des Oppositionellen sorgen sich bereits seit geraumer Zeit um dessen Gesundheitszustand. Kara-Mursa leidet nach zwei Giftanschlägen in den Jahren 2015 und 2017 an einer Erkrankung des Nervensystems. Großbritannien fordert daher die sofortige Freilassung und eine dringende Behandlung des 42-Jährigen. Kara-Mursa besitzt auch die britische Staatsangehörigkeit.
Kara-Mursa gehört zu den prominentesten Kritikern des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Er wurde im April 2023 wegen "Hochverrats" und "Verbreitung falscher Informationen" über den Krieg in der Ukraine zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt. Es handelt sich um eine außergewöhnlich lange Haftstrafe. Wie verschiedene internationale Medien berichten, war der russische Geheimdienst in die Vergiftungsversuche verwickelt.
Schikane der Gefängnisverwaltung
Kara-Mursa stand Kreml-Kritiker Alexej Nawalny nahe, der im Februar in einer russischen Strafkolonie in der Arktis starb. Seit dessen Tod werden Schritt für Schritt auch die Haftbedingungen für weitere eingesperrte Kreml-Kritiker verschärft. So wurde Kara-Mursa zuletzt vor wenigen Tagen für sechs Monate in eine Zelle mit erschwerten Haftbedingungen verlegt. Formaler Grund der Bestrafung war seinem Anwalt zufolge, dass Kara-Mursa seine Hände für einige Sekunden vom Rücken genommen habe, um seine Mütze an ihren vorgeschriebenen Platz zu legen.
Nur einen Tag zuvor war bereits Ilja Jaschin, ein enger Mitstreiter von Nawalny, mit derselben Strafe belegt worden. Die Verlegung in solche Strafzellen sind häufig genutzte Schikanen der Gefängnisverwaltung speziell für politische Gefangene. Die Bedingungen dort sind besonders hart. Die Zelle ist sehr beengt, die Benutzung der Betten nach dem Wecken verboten, der tägliche Spaziergang im Hof beschränkt. Zudem ist beispielsweise nur ein kurzes Treffen mit Verwandten im Halbjahr erlaubt - und auch dies nur mit Erlaubnis der Verwaltung.
Schon zuvor waren Kara-Mursas Haftbedingungen harsch. Wie dieser der "Bild"-Zeitung im Frühjahr schrieb, war seine Zelle gerade einmal drei mal vier Meter groß. Kontakt zu anderen Häftlingen hatte er demnach nicht - er lebte in völliger Isolation. Katzen, die ab und zu an die Gitterstäbe kämen, seien seine einzige Gesellschaft, so Kara-Mursa. "Viele meiner Kollegen und Genossen sitzen jetzt wie ich im Gefängnis, weil sie sich Putin und seinem Krieg in der Ukraine widersetzt haben. Wir verstehen vollkommen, dass die Regierung mit uns alles machen kann, was sie will", so der Kremlkritiker.
Quelle: ntv.de, chr/AFP/dpa