Politik

Linkspopulist fordert Neuwahlen Rentenproteste legen große Teile Frankreichs lahm

Die geplante Rentenreform in Frankreich treibt erneut Zehntausende Menschen im Land auf die Straße.

Die geplante Rentenreform in Frankreich treibt erneut Zehntausende Menschen im Land auf die Straße.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Präsident Macrons geplante Rentenreform treibt erneut Zehntausende Franzosen zu Protesten auf die Straßen. Viele Bereiche des öffentlichen Lebens kommen aufgrund der Streiks zum Erliegen. Der Chef der Linkspopulisten, Mélenchon, fordert bereits Neuwahlen.

Streiks und Proteste gegen die geplante Rentenreform haben in Frankreich erneut weite Teile des öffentlichen Lebens lahmgelegt. "Wenn so viele Menschen auf die Straße gehen und die Regierung ihr Vorhaben so schlecht begründen kann, dann muss sie die Reform zurückziehen", sagte CFDT-Gewerkschaftschef Laurent Berger zum Beginn eines Protestmarsches in Paris. Es handle sich um die größte Protestbewegung seit Jahrzehnten.

Die Gewerkschaften hatten die Parole ausgegeben, "das ganze Land zu lähmen". Tatsächlich fielen am inzwischen sechsten Protesttag 80 Prozent der Fernzüge aus, in Paris und anderen Großstädten war der öffentliche Nahverkehr stark beeinträchtigt. Demonstranten blockierten sämtliche Raffinerien des Landes, sodass die Tankstellen nicht mit Treibstoff beliefert werden konnten.

In zahlreichen Schulen fiel der Unterricht aus, etwa ein Drittel des Lehrpersonals legte die Arbeit nieder. Das Bildungsministerium zählte 48 teilweise blockierte Gymnasien. Vor einem mit Mülltonnen blockierten Pariser Gymnasium hing ein Plakat mit der Aufschrift "Nein zum Pflichtdienst", den die Regierung für junge Menschen einführen möchte. Auch mehrere Universitäten wurden blockiert.

300 Demonstrationen im Land

"Heute ist der Beginn einer neuen Phase, die Streiks werden an vielen Orten fortgesetzt werden", sagte CGT-Gewerkschaftschef Philippe Martinez. Im ganzen Land seien mehr als 300 Demonstrationen geplant. Die Gewerkschaften wollten am Abend über eine mögliche Verlängerung der Streiks beraten.

Umfragen zufolge sind zwei von drei Franzosen gegen die Reform, die unter anderem die Anhebung des Rentenalters von 62 auf 65 Jahre vorsieht. Nach einer ersten Debatte in der Nationalversammlung debattiert derzeit der Senat, die zweite Kammer des Parlaments, den Gesetzentwurf.

Der linkspopulistische Parteichef Jean-Luc Mélenchon forderte Präsident Emmanuel Macron auf, Neuwahlen oder eine Volksabstimmung zu organisieren. "Es ist an der Zeit, dass er eine demokratische Initiative ergreift, um auf die Blockade zu reagieren", sagte Mélenchon. Er warf Macron vor, "ineffizient, ungerecht und gnadenlos" zu regieren.

Teilnahme bei Bahn und Lehrern nimmt ab

Bei der Bahn lag die Streikbeteiligung mit 39 Prozent niedriger als am ersten Streiktag im Januar, als sie 46 Prozent erreicht hatte. Auch bei den Lehrern legten etwas weniger Beschäftigte die Arbeit nieder als im Januar. Mit Spannung wurden die Gesamtzahlen der Demonstranten erwartet, bei denen die Angaben von Regierung und Gewerkschaften traditionell weit auseinanderklaffen.

Die französische Regierung will erreichen, dass Franzosen länger arbeiten, um ein Defizit in der Rentenkasse zu verhindern. Zudem soll die Mindestrente bei voller Beitragszeit auf 1200 Euro angehoben werden. Die Einstellung von Senioren soll gefördert werden. In Frankreich scheiden Menschen laut OECD im Schnitt mit 60 Jahren aus dem Arbeitsmarkt aus, die Lebenserwartung beträgt 80 Jahre.

Quelle: ntv.de, Ulrike Koltermann, AFP

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