Frieden ohne Gebietsabtretungen Riesige Mehrheit der Ukrainer gegen Kompromisse
23.08.2023, 01:28 Uhr Artikel anhören
Gebietsabtretungen sind für den ukrainischen Präsidenten Selenskyj nicht verhandelbar.
(Foto: picture alliance/dpa/Ritzau Scanpix Foto/AP)
Auch fast 18 Monate nach Kriegsbeginn sind die Menschen in der Ukraine in einer Frage geeint: Für einen Frieden mit Russland wird kein Staatsgebiet abgegeben. Doch eine neue Umfrage zeigt auch: Der Optimismus der Ukrainer schwindet.
In der Ukraine hat sich eine überwältigende Mehrheit in einer Umfrage gegen Kompromisse mit dem Kriegsgegner Russland im Austausch für einen Friedensschluss ausgesprochen. Den am Dienstag veröffentlichten Ergebnissen zweier renommierter Institute zufolge waren mehr als 90 Prozent der rund 2000 Befragten gegen Gebietsabtretungen. Knapp 74 Prozent schlossen einen Verzicht auf einen möglichen NATO-Beitritt als Voraussetzung für ein Kriegsende aus. Eine Reduzierung der Truppenstärke der Armee zu Friedenszeiten lehnten 80 Prozent ab.
Zugleich sahen nur noch knapp 49 Prozent der Ukrainer eine positive Entwicklung der Ereignisse im eigenen Land. Im Dezember vergangenen Jahres glaubten das nach der erfolgreichen Vertreibung der russischen Besatzer aus der Nordukraine und großen Teilen der Gebiete Charkiw und Cherson noch beinahe 60 Prozent.
Die Ukraine wehrt seit fast 18 Monaten mit massiver westlicher Hilfe eine russische Invasion ab. Russland verlangt als Bedingung für Friedensverhandlungen, dass die Ukraine die besetzten Gebiete im Osten und Süden des Landes abtritt- einschließlich der 2014 annektierten Halbinsel Krim. Die Ukraine solle zudem vom in der Verfassung verankerten Beitritt zum westlichen Militärbündnis NATO absehen. Darüber hinaus soll Kiew einer weitgehenden Entmilitarisierung zustimmen und der russischen Minderheit im Land mehr Rechte zugestehen.
Medwedew benennt Ziele klar
Moskau kontrolliert derzeit fast 20 Prozent des ukrainischen Staatsgebiets. Auch der Stabschef von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte bei einer Podiumsdiskussion mögliche Gebietsabtretungen der Ukraine ins Spiel gebracht, um den Krieg zu beenden. Erst am Wochenende hatte der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew aber nochmals klargestellt, dass dies aus russischer Sicht lediglich ein taktischer Frieden auf Zeit wäre: Das langfristige Ziel Russlands ist es seinen Angaben zufolge nach wie vor, die Regierung in Kiew zu stürzen, die Ukraine komplett unter Kontrolle zu bringen und einen Marionettenstaat zu installieren. Falls es Jahre oder sogar Jahrzehnte dauert, solle es so sein, schrieb Medwedew.
Die Umfrage wurde vom 9. bis 15. August in den von der Regierung kontrollierten Regionen ohne die Gebiete Luhansk, Donezk und der Schwarzmeer-Halbinsel Krim durchgeführt. Insgesamt wurden 2019 erwachsene Ukrainer persönlich befragt. Die Fehlertoleranz soll bei maximal 2,3 Prozent liegen.
Quelle: ntv.de, chr/dpa