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Der Kriegstag im Überblick Russen beschießen Odessa - CIA-Veteranen warnen USA vor Prahlerei

Neue Zerstörung im Süden, Osten und Norden der Ukraine.

Neue Zerstörung im Süden, Osten und Norden der Ukraine.

(Foto: picture alliance/dpa/ZUMA Press Wire)

Vor der Militärparade in Moskau intensiviert Russland den Raketenbeschuss auf Odessa, Charkiw und die Region Sumy. Der britische Geheimdienst geht allerdings von großen russischen Verlusten aus, während CIA-Veteranen vor Prahlerei warnen. Die Ukraine meldet, ein feindliches Landungsboot auf der Schlangeninsel versenkt zu haben, und die Evakuierung fast aller Zivilisten aus Mariupol. Der 73. Kriegstag im Überblick.

Raktenbeschuss auf Odessa

Auf die südukrainische Hafenstadt Odessa sind ukrainischen Angaben zufolge mindestens vier russische Raketen abgefeuert worden. Örtliche Medien zeigten dicke schwarze Rauchwolken über dem Stadtgebiet. Berichten zufolge soll ein Militärflugplatz getroffen worden sein. Die Behörden machten zunächst keine Angaben zu möglichen Opfern. Von russischer Seite gab es keine Bestätigung. Explosionen - teils von der Luftabwehr - wurden auch aus dem benachbarten Gebiet Mykolajiw, dem zentralukrainischen Poltawa und dem westukrainischen Chmelnyzkyj gemeldet.

Auch aus dem Norden der Ukraine meldeten örtliche Behörden Raketenangriffe. In den Gemeinden Myropilske and Chotin in der Region Sumy seien Raketen eingeschlagen, teilte Gouverneur Dmytro Schywyzkyj mit. Dabei sei ein Grenzschutzbeamter verletzt worden. Die russischen Streitkräfte hatten sich im April aus dieser Region zurückgezogen.

Weltkriegsveteran zeigt sein zerstörtes Haus in Charkiw

Kurz vor dem 77. Jahrestag des Sieges der Sowjetunion über Hitler-Deutschland wurde im ostukrainischen Gebiet Charkiw das Haus eines 97 Jahre alten Weltkriegsveteranen durch russischen Beschuss zerstört. "Wenn ich noch die Kraft hätte, würde ich als Erstes zur Verteidigung gehen und unserer Armee helfen", sagte Iwan Lyssun, der im Zweiten Weltkrieg in der Roten Armee kämpfte, im ukrainischen Fernsehen. Der alte Mann zeigte den Reportern sein völlig zerstörtes Haus. Seine alte Uniformjacke habe er aus den Trümmern retten können, erzählte der Veteran. Der Krieg Russlands gegen sein Land sei "ekelhaft".

Verlust für Schwarzmeerflotte auf der Schlangeninsel

Das ukrainische Militär versenkte nach eigenen Angaben ein Landungsboot der russischen Schwarzmeerflotte. "In den Gewässern des Schwarzen Meeres wurde ein feindliches Landungsboot vom Typ 'Serna' vernichtet", teilte der Pressechef der Militärverwaltung von Odessa, Serhij Bratschuk, auf seinem Telegram-Kanal mit. Dazu veröffentlichte er ein Video, das den Beschuss des Schiffs mit einer Drohne zeigen soll. Von russischer Seite gab es zunächst keine Reaktion auf den angeblichen Vorfall. Das Schiff soll den ukrainischen Angaben zufolge nahe der Schlangeninsel versenkt worden sein. Die Nachrichtenagentur AP wertete Satellitenbilder aus, die Explosionen über der Insel etwa 35 Kilometer vor Odessa zeigten.

Ukrainische Journalisten hatten am Freitag davon berichtet, dass in diesem Gebiet eine russische Fregatte beschossen worden und in Brand geraten sein soll - was allerdings weder aus Kiew noch aus Moskau offiziell bestätigt wurde. Bestätigt sind allerdings bereits zwei versenkte Kriegsschiffe der russischen Schwarzmeerflotte, darunter der Raketenkreuzer "Moskwa". Die USA dementieren einen Anteil an dieser Aktion. Das hatten US-Medien unter Verweis auf Geheimdienstmitarbeiter gemeldet.

Duma-Chef sieht USA bereits als Kriegspartei

Der einflussreiche russische Parlamentschef Wjatscheslaw Wolodin bezichtigte die USA einer unmittelbaren Beteiligung am Krieg in der Ukraine. "Washington koordiniert und entwickelt wesentlich militärische Operationen und beteiligt sich damit unmittelbar an Militäraktionen gegen unser Land", schrieb der Gefolgsmann von Präsident Wladimir Putin auf Telegram. Wolodin ist Vorsitzender der Duma, des Unterhauses des russischen Parlaments.

Die USA und ihre Verbündeten in der NATO unterstützen zwar nach eigenen Angaben die Ukraine unter anderem mit Waffen, haben aber erklärt, damit seien sie keine Kriegspartei. Russland dagegen bezeichnet sein Vorgehen nicht als Krieg, sondern als "militärische Spezialoperation".

Ex-Geheimdienstler warnen CIA vor Prahlerei

Ehemalige Beamte der CIA warnten im "Guardian" davor, mit der Weitergabe von Geheimdienstinformationen zu prahlen. "Meine persönliche Ansicht ist, dass es unklug ist", sagte Paul Pillar, ein früherer ranghoher CIA-Beamter, demnach. Das Ausmaß der offiziellen Bestätigung der Rolle des US-Geheimdienstes beim Untergang der "Moskwa" und noch mehr bei der Ermordung der Generäle überrasche ihn. "Die große Sorge ist, dass diese Art der öffentlichen Bestätigung der umfassenden US-Rolle bei den Rückschlägen, die den Russen zugefügt wurden, Putin in einer Weise zur Eskalation provozieren könnte, die er sonst möglicherweise nicht für notwendig hält."

Britischer Geheimdienst sieht modernste Einheiten getroffen

Dem britischen Militärgeheimdienst zufolge setzen die andauernden Kämpfe einigen der modernsten und leistungsfähigsten Einheiten der russischen Streitkräfte deutlich zu. Wie es im Lagebericht des Verteidigungsministeriums hieß, werde es Zeit und Aufwand brauchen, um Russlands Streitkräfte nach dem Ende des Konflikts wieder aufzubauen. Die westlichen Sanktionen würden es erschweren, verloren gegangenes oder zerstörtes, modernes Kriegsgerät zu ersetzen. Zudem hieß es, mindestens ein russischer T-90M, der modernste russische Panzer, sei bei Kämpfen zerstört worden. Bei den am besten ausgerüsteten russischen Einheiten seien rund 100 T-90M im Einsatz, darunter auch die in der Ukraine.

Fast alle Zivilisten verlassen Stahlwerk in Mariupol

Aus dem belagerten Stahlwerk Asowstal in der ukrainischen Hafenstadt Mariupol sind offiziellen Angaben zufolge die letzten Frauen, Kinder und älteren Menschen evakuiert worden. "Dieser Teil der humanitären Operation in Mariupol ist abgeschlossen", schrieb die ukrainische Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk auf Telegram. Ob unter den verbliebenen Männern noch Zivilisten sind, ließ sie zunächst offen.

Mit der Abfahrt 50 weiterer Menschen summiere sich die Zahl der vom Werksgelände abgeholten Zivilisten auf 176, teilte das militärische Hauptquartier der pro-russischen Separatistenregierung in der Gebietshauptstadt Donezk mit. Die Stadtverwaltung hatte die Zahl der auf dem weitläufigen Gelände mit zahlreichen Gebäuden und unterirdischen Anlagen eingeschlossenen Zivilisten vor wenigen Tagen auf 200 beziffert.

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Quelle: ntv.de, mau/rts/dpa

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