Politik

Der Kriegstag im Überblick Russen melden Vorstoß im Osten - Kiew rechnet mit baldigem Kriegsende

Russisches Militärgerät in der Ukraine.

Russisches Militärgerät in der Ukraine.

(Foto: picture alliance/dpa/Russian Defence Ministry)

Während prorussische Separatisten im Osten der Ukraine einige Dörfer erobern, rechnet die Regierung in Kiew bereits mit einem Kriegsende in wenigen Wochen. Unterdessen schätzt die US-Regierung die Versorgungslage der russischen Armee als desolat ein. Der 27. Kriegstag im Überblick.

Russland meldet Geländegewinne im Osten

Während es an der Front bei Kiew wenig Bewegung gibt, meldet die russische Armee im Osten der Ukraine neue Gebietsgewinne. Kämpfer der selbst ernannten Volksrepublik Donezk seien weitere vier Kilometer vorgerückt, teilte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums in Moskau mit. Es werde um die Eroberung dreier Dörfer in der Nähe der Stadt Donezk gekämpft. Südwestlich davon sei das Dorf Uroschajne eingenommen worden.

Nach Angaben aus Moskau haben die Kämpfer im Gebiet Luhansk die Kontrolle über mindestens drei weitere Siedlungen erlangt. Bei den Kämpfen seien mehr als 40 Soldaten der Ukraine und Militärfahrzeuge "zerstört" worden, sagte der Sprecher.

Klitschko: "Wir werden uns niemals ergeben"

"Im schlimmsten Fall werden wir sterben, aber wir werden uns niemals ergeben." Mit eindringlichen Worten hat Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko in einer Video-Ansprache vor dem Europarat den Durchhaltewillen der ukrainischen Hauptstadt betont. "Als Bürgermeister von Kiew verspreche ich Euch eines: Die Russen werden niemals in Kiew einmarschieren", sagte der frühere Boxweltmeister. "Wir haben jedes Gebäude befestigt, jede Straße, jede Ecke der Stadt. Wir werden kämpfen, um unsere Stadt und unsere Zukunft zu verteidigen", fuhr Klitschko fort. "Wir werden nicht auf die Knie gehen."

Selenskyj-Berater rechnet mit Kriegsende in wenigen Wochen

Eben weil Kiew noch nicht erobert ist, geht die ukrainische Regierung nach eigenen Angaben davon aus, dass die Kämpfe mit Russland innerhalb von zwei bis drei Wochen enden könnten. Das sagte der Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj, Olexij Arestowytsch, in einem Fernsehinterview. Das Hauptziel der russischen Truppen sei, die Hauptstadt Kiew unter ihre Kontrolle zu bringen. Aber dies zu versuchen sei "Selbstmord", erklärte Arestowytsch.

Nach ukrainischen Geheimdienstangaben gab es in Kiew selbst drei Todesopfer bei einem Drohnenangriff auf ein Forschungsinstitut. Ein Geheimdienstvertreter betonte, dass es sich bei dem Gebäude um eine Zivileinrichtung handele, "nichts Militärisches". Eine russische Drohne habe angegriffen und eine Bombe abgeworfen. Später seien zwei weitere Drohnen erschienen, diese seien abgeschossen worden.

Pentagon: Russen kämpfen mit logistischen Problemen

Neben dem ukrainischen Widerstand hat die russische Armee nach Einschätzung der US-Regierung noch ein ganz anderes Problem. Ein hochrangiger Pentagon-Mitarbeiter sagte, die Kreml-Truppen hätten nicht nur Mängel bei Lebensmitteln und Treibstoff, sondern auch bei der Ausrüstung für die Soldaten. "Wir haben Hinweise darauf erhalten, dass einige Soldaten tatsächlich Erfrierungen erlitten haben und aus dem Kampf genommen wurden. Sie haben also weiterhin Probleme mit der Logistik und der Versorgung." Auch bei der Kommunikation untereinander hätten die russischen Truppen Probleme. Der Pentagon-Vertreter führte die logistischen Schwierigkeiten auf den anhaltenden Widerstand der Ukrainer und auf schlechte Planung zurück.

Ukraine meldet Detonation "extrem starker Bomben" in Mariupol

Die belagerte Hafenstadt Mariupol kommt weiter nicht zur Ruhe. Inmitten verzweifelter Bemühungen zur Evakuierung der Zivilbevölkerung sind nach Behördenangaben zwei "extrem starke Bomben" in der Stadt eingeschlagen. "Es ist klar, dass die Belagerer sich nicht für die Stadt interessieren, sie wollen sie auslöschen, zu Asche reduzieren", erklärte die Stadtverwaltung. Die beiden besonders starken Bomben seien eingeschlagen, als gerade Zivilisten evakuiert werden sollten.

Später teilte die ukrainische Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk mit, Kämpfer der selbst ernannten Volksrepublik Donezk hätten im zehn Kilometer westlich von Mariupol gelegenen Manhusch mehrere Mitarbeiter des Zivilschutzes als "Geiseln" genommen. Die Menschen hätten Busse gefahren, in denen Zivilisten aus Mariupol hätten evakuiert werden sollen.

Brände nahe Atomkraftwerk Tschernobyl

Unterdessen sind in dem Sperrgebiet um das ehemalige Atomkraftwerk Tschernobyl nach Angaben des Parlaments mehrere Brände ausgebrochen. An sieben Stellen brenne es, teilte die Rada in Kiew mit. Sie berief sich in der Mitteilung auf Satellitendaten der Europäischen Raumfahrtagentur Esa. Insgesamt soll bereits eine Fläche von mehr als zwei Quadratkilometern in Flammen stehen.

Die Feuer seien "wahrscheinlich durch die bewaffnete Aggression der Russischen Föderation verursacht worden - nämlich durch Beschuss oder Brandstiftung", teilte die Rada mit. Russische Truppen haben das Gelände um das AKW vor rund einem Monat unter ihre Kontrolle gebracht.

Rund um die Atomruine hatte es im Frühjahr 2020 bereits größere Brände gegeben. Damals versicherten die Behörden mehrmals, dass die Radioaktivität in den angrenzenden besiedelten Regionen unter den Grenzwerten liege und keine Gefahr für die Bevölkerung bestehe.

Washington kündigt neue Sanktionen an

Um den Krieg für Russland noch kostspieliger zu machen, wollen die USA und ihre Verbündeten neue Sanktionen auf den Weg bringen. Die entsprechende Ankündigung soll am Donnerstag erfolgen - im Rahmen der Gipfeltreffen der NATO und der EU in Brüssel, an denen auch US-Präsident Joe Biden teilnehmen wird, wie das Weiße Haus mitteilte. Es gehe um "ein weiteres Sanktionspaket". Ein wichtiges Element werde es dabei sein, die bestehenden Strafmaßnahmen so zu verschärfen, dass Moskau eine Umgehung der Sanktionen weiter erschwert werde, hieß es aus Washington.

Weitere Artikel zum Ukraine-Krieg

Alle weiteren Entwicklungen des Tages können Sie in unserem Liveticker zum Ukraine-Krieg nachlesen.

Quelle: ntv.de, jpe/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen