Politik

Eher Frage für die Politik STIKO-Chef ist "kein Freund der Impfpflicht"

STIKO-Chef Mertens ist es lieber, "wenn es durch Überzeugung gelingt, die Menschen zu etwas Sinnvollem wie der Impfung zu bewegen".

STIKO-Chef Mertens ist es lieber, "wenn es durch Überzeugung gelingt, die Menschen zu etwas Sinnvollem wie der Impfung zu bewegen".

(Foto: picture alliance/dpa)

Wenn der Bundestag über eine allgemeine Impfpflicht abstimmt, hat STIKO-Chef Mertens kein Mitspracherecht. Die Maßnahme begrüßt er nicht, vielmehr möchte er Skeptiker mit neuen Vakzinen überzeugen. Und genau dafür bahne sich in den USA ein "Hit" an.

Der Chef der Ständigen Impfkommission (STIKO), Thomas Mertens, hält wenig von einer Impfpflicht. "Ich persönlich bin kein Freund einer Impfpflicht. Das war ich noch nie und das werde ich auch nicht mehr werden. Es ist mir immer lieber, wenn es durch Überzeugung gelingt, die Menschen zu etwas Sinnvollem wie der Impfung zu bewegen", sagte Mertens der "Rheinischen Post".

"Aber es ist auch klar, dass die Impfpflicht keine Sache der Wissenschaft ist, sondern der Politik." Es sei die Aufgabe "unserer gewählten Volksvertreter, darüber zu entscheiden", erklärte Mertens. Aus seiner Sicht könnten neue Impfstoffe Skeptiker überzeugen. "Als Nächstes dürften wir mit Novavax einen Peptid-Impfstoff erhalten, auf den offenbar viele Menschen warten, die die mRNA-Impfstoffe kritisch sehen", so der STIKO-Chef.

In den USA werde zudem an einem Lebend-Impfstoff gearbeitet, "der ähnlich wie die Polio-Schluckimpfung funktionieren soll", sagte der STIKO-Chef. "Das könnte von Wirksamkeit, Schleimhautimmunität und Akzeptanz her ein Hit werden."

Astraseneca-Skepsis "hat sich bestätigt"

Wenig hält Mertens dagegen von den Impfstoffen von Astrazeneca und Sputnik. "Meine gewisse Skepsis gegen Astrazeneca hat sich bestätigt, obwohl die Wirksamkeit durchaus hoch ist. Sputnik können wir weiter nicht einschätzen, ich kenne weiter nur zwei publizierte Studien dazu", erklärte Mertens.

Aus dem Beschlusspapier der Ministerpräsidentenkonferenz vom Donnerstag ging hervor, dass Bund und Länder "etwa ab Februar 2022" eine allgemeine Impfpflicht einführen wollen. Der Ethikrat soll dazu bis Jahresende eine Empfehlung vorlegen. Die Abstimmung im Bundestag soll ohne Fraktionszwang stattfinden. Eine Impfpflicht für Personal etwa in Pflegeheimen soll einem Bericht zufolge ab März gelten.

Gleichzeitig warnte Mertens vor falschen Erwartungen bei der zu bevorstehenden Entscheidung über eine Impfempfehlung für Fünf- bis Elfjährige. "Eine Impfempfehlung kann nicht dazu dienen, falsche Maßnahmen zu kompensieren. Wenn wir damit anfangen würden, dass ein medizinischer Eingriff - nichts anderes ist eine Impfung ja - dafür herhalten muss, politische Fehlentscheidungen auszugleichen, würde es völlig absurd werden. Das kann's nicht sein", sagte der STIKO-Chef.

Empfehlung soll vor 13. Dezember kommen

Mertens machte erneut deutlich, dass die Impfempfehlung für Kinder ab fünf Jahren rechtzeitig vor der Auslieferung des Kinderimpfstoffs zu erwarten sei, also noch vor dem 13. Dezember. Perspektivisch rechne der STIKO-Chef auch mit einem Impfstoff für Kinder unter fünf Jahren. "Das kann ich mir schon vorstellen. Gerade, wenn man sich die Geschwindigkeit bei der Entwicklung der Covid-Impfstoffe anschaut. Aber auch bei etwaigen Impfstoffen für unter Fünfjährige muss gelten, dass man sich die Wirksamkeit und Sicherheit auf der Basis von wissenschaftlichen Erkenntnissen gründlich anschauen muss", so der Virologe.

Die Notwendigkeit einer sorgfältigen wissenschaftlichen Prüfung aller relevanten Daten hob er besonders hervor. "Der berechtigte Sicherheitsaspekt muss vollständig berücksichtigt werden", sagte Mertens. Vielen könne es mit den Kinderimpfungen nicht schnell genug gehen - "auch damit der Schulbetrieb aufrechterhalten werden kann, der übrigens nach meiner Überzeugung nicht von der Impfung abhängig gemacht werden darf. Es ist aber weiterhin die Aufgabe der STIKO, eine Empfehlung zu erarbeiten, die auf der besten verfügbaren wissenschaftlichen Evidenz beruht", so der Virologe.

Auch bei einer Impfentscheidung für seine eigenen Enkel würde Mertens der wissenschaftlichen Empfehlung folgen. "Ich würde mich auf die Wissenschaft verlassen. Wenn nach Auswertung aller wissenschaftlichen Daten die STIKO zu dem Ergebnis käme, die Impfung von vorerkrankten Kindern zu empfehlen, dann würde ich persönlich auch nach dieser Empfehlung handeln", sagte Mertens weiter.

Quelle: ntv.de, ses/rts

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