Politik

Alleingang in CSU bekannt Seehofer wusste vorab von Glyphosat-Votum

Christian Schmidt sprach sich offenbar mit Horst Seehofer ab.

Christian Schmidt sprach sich offenbar mit Horst Seehofer ab.

(Foto: imago/Christian Thiel)

Bundeskanzlerin Merkel hat Bundesagrarminister Schmidt für sein Ja zum Glyphosat gerügt. Doch der CSU-Politiker handelte offenbar nicht im Alleingang. Parteichef Seehofer soll informiert gewesen sein. Umweltministerin Hendricks fordert indes Konsequenzen.

CSU-Chef Horst Seehofer war nach Angaben aus bayerischen Regierungskreisen vorab über das Ja von Parteikollege und Bundesagrarminister Christian Schmidt zur weiteren Verwendung des Unkrautvernichters Glyphosat in der EU informiert. Seehofer habe in einer Sitzung des bayerischen Kabinetts deutlich gemacht, dass er schon vorab von Schmidts geplanter Zustimmung wusste, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur von mehreren Teilnehmern der Sitzung. "Die CSU spricht Christian Schmidt ihre Rückendeckung aus", sagte Seehofer der "Süddeutschen Zeitung". Er könne nicht verstehen, dass der Minister so abgekanzelt werde.

Damit könnte der Streit zwischen SPD und Union auch das Verhältnis zwischen den Schwesterparteien CDU und CSU belasten. Mit seiner Zustimmung auf EU-Ebene hatte sich Schmidt über den Widerstand der SPD und Umweltministerin Barbara Hendricks hinweggesetzt - und damit heftigen Streit in der geschäftsführenden Bundesregierung ausgelöst. In der Geschäftsordnung der Bundesregierung heißt es, dass bei "Überschneidungen und sich daraus ergebenden Meinungsverschiedenheiten zwischen den einzelnen Bundesministern" die Bundesregierung durch Beschluss entscheide. Ohne Deutschland wäre die nötige qualifizierte Mehrheit der EU-Staaten für den Vorschlag der EU-Kommission nicht zustande gekommen. Das bedeutet: Die Brüsseler Behörde hätte selbst entscheiden müssen.

Der Vorgang belastet auch die Überlegungen zu einer Neuauflage der großen Koalition - und könnte auch das Verhältnis innerhalb der Unionsfraktion beeinflussen. Bundeskanzlerin Angela Merkel von der CDU hatte Schmidt für seinen mutmaßlichen Alleingang bei der EU-Zustimmung zum Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat gerügt - will den CSU-Politiker aber offensichtlich im Amt lassen. Merkel machte deutlich, dass das Vorgehen Schmidts gegen die in der schwarz-roten Regierung verabredete Abstimmungspraxis verstieß und sie persönlich nicht eingebunden war. "Das entsprach nicht der Weisungslage, die von der Bundesregierung ausgearbeitet war", sagte sie. Seehofer setzte sich also womöglich ebenfalls über die Vereinbarungen hinweg - und brüskiert damit auch die Kanzlerin.

Glyphosat wird auch vom deutschen Chemie-Konzern Bayer vertrieben. Das Unternehmen will zudem den Glyphosat-Hersteller Monsanto übernehmen. Glyphosat gilt als schädlich für Natur und Artenschutz sowie als möglicherweise krebserregend.

Hendricks fordert Kompetenzentzug

Umweltministerin Hendricks sprach sich dafür aus, dem Agrarressort die Zuständigkeit für Pflanzenschutzmittel zu entziehen. Hendricks begründete dies damit, dass es im Landwirtschaftsministerium "nicht genug Kontrolle und nicht genug Abstand" gebe. "Die sind einfach zu nah an der Lobby", sagte die Ministerin. Sie schlug vor, die Zuständigkeit für Pflanzenschutzmittel möglicherweise dem Gesundheitsressort zuzuordnen. Hendricks verwies auf ähnliche Erfahrungen im Verkehrsbereich, wo derzeit auch "keine ordentlichen Kontrollen von Fahrzeugen gemacht" würden.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hat die weitere Zulassung des Unkrautgifts Glyphosat als Entscheidung gegen Artenvielfalt und Gesundheitsschutz kritisiert. "Die CSU hat der EU de facto im Alleingang fünf weitere Jahre giftiges Glyphosat beschert", sagte Hofreiter. Dies sei eine Lobby- Entscheidung für den Hersteller Monsanto. Schmidt habe damit gezeigt: "Er ist kein Volksvertreter, sondern ein Industrievertreter." Als Minister sei Schmidt nicht mehr tragbar.

Quelle: ntv.de, rpe/AFP/dpa

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