"Wir brauchen mehr" Selenskyj-Berater schreibt aus einem Bunker in Kiew
03.03.2022, 09:45 Uhr
Andriy Yermak wurde 2020 von Wolodymyr Selenskyj ins Amt geholt.
(Foto: picture alliance / Photoshot)
Er sitzt im Bunker neben dem ukrainischen Präsidenten und schreibt einen Gastbeitrag für die "New York Times". Der Leiter der ukrainischen Präsidialverwaltung bittet den Westen um Unterstützung, denn "nichts weniger als unsere - und Ihre - Freiheit steht auf dem Spiel".
"Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat Europa nicht mehr ein solches Ausmaß an Gewalt und nackten territorialen Ambitionen erlebt." Mit diesen Worten schreibt Andriy Yermak, Leiter der ukrainischen Präsidialverwaltung, aus einem Bunker in der ukrainischen Hauptstadt - neben ihm sitzt Präsident Wolodymyr Selenskyj. In dem Gastbeitrag für die "New York Times" schreibt er: "Trotz des ständigen Beschusses durch die Russen sind wir entschlossen, die Aggressoren mit vereinten Kräften zu besiegen."
Yermak, der im Februar 2020 von Selenskyj ins Amt gehoben wurde, dankte seinen "amerikanischen und europäischen Freunden, den Demokratien in aller Welt, einschließlich Australien und Japan". Er lobte die schnelle Entscheidung, Sanktionen gegen Russland zu verhängen und Waffen und Ausrüstung zu liefern. Doch das reiche nicht aus: "Wir brauchen mehr - und bitte hören Sie auf, uns zu sagen, dass Militärhilfe unterwegs ist", schrieb er. "Wir brauchen Panzerabwehr- und Flugabwehrwaffen und andere Munition für unsere tapferen Soldaten, und wir brauchen sie jetzt."
Der Politiker und ehemalige Filmregisseur fordert den Westen auf, eine Flugverbotszone über der Ukraine zu verhängen. Ihm sei bewusst, dass dies eine ernsthafte Eskalation des Krieges bedeuten würde und die NATO in einen direkten Konflikt mit Russland bringen könnte. Er sei aber auch überzeugt, dass Russland mit der Ukraine nicht aufhören werde - und "das würde die NATO ohnehin in den Konflikt hineinziehen."
Embargo für russisches Öl
Auch die Sanktionen, die bereits verhängt wurden, müssten verschärft werden. Der Ausschluss aus SWIFT müsse jede russische Bank treffen, forderte der Leiter der ukrainischen Präsidialverwaltung. Jeder russische Oligarch müsse sanktioniert werden, sagte er. Und: "Wir fordern auch ein vollständiges Embargo für russisches Öl und alle russischen Exporte in die Vereinigten Staaten und nach Europa", schreibt der 50-Jährige aus dem Bunker.
Die Ukraine wolle die westlichen Verbündeten nicht bitten, selbst in den Krieg einzutreten, sagt Yermak. Aber sie brauchen die Unterstützung des Westens, um "unsere Familien und unser Land" zu verteidigen, sagt er. "Wir müssen Russland auf schmerzhafte Weise zeigen, welchen Fehler es gemacht hat", schreibt er in dem Artikel.
Die Russen hätten die Kampfbereitschaft der Ukrainer unterschätzt, sagte Yermak. "Jeden Tag stellen sich die Ukrainer den russischen Soldaten entgegen und blockieren Panzer mit ihren Körpern". Die russischen Truppen würden auf heftigen Widerstand stoßen. Die ukrainischen Bürger würden selbstgemachte Molotow-Cocktails einsetzen.
Der kilometerlange russische Konvoi auf dem Weg nach Kiew beunruhigt Yermak jedoch. Er warnt eindringlich davor, dass der russische Präsident Wladimir Putin "ein neues russisches Imperium schaffen" wolle. "Nichts Geringeres als unsere - und Ihre - Freiheit steht auf dem Spiel."
Quelle: ntv.de, cls