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Bestrafung Russlands gefordert Selenskyj: "Strahlenerpressung" macht alle zum Ziel

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"Wir können die ukrainische Flagge auf unser gesamtes Territorium zurückbringen", sagte Selenskyj, der sich in einer Videobotschaft äußerte.

"Wir können die ukrainische Flagge auf unser gesamtes Territorium zurückbringen", sagte Selenskyj, der sich in einer Videobotschaft äußerte.

(Foto: IMAGO/ZUMA Wire)

In seiner Rede bei der UN-Vollversammlung fordert der ukrainische Präsident Selenskyj die Weltgemeinschaft auf, Russland für den Ukraine-Krieg zu bestrafen. Hinsichtlich der Lage am umkämpften AKW Saporischschja warnt er eindringlich vor einer Atomkatastrophe.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat vor den Vereinten Nationen eine Bestrafung Russlands für den Angriffskrieg gegen sein Land verlangt. "Es wurde ein Verbrechen gegen die Ukraine begangen, und wir fordern ein Bestrafung", sagte Selenskyj in einer Videobotschaft vor der UN-Vollversammlung in New York. Russland müsse bestraft werden für das Morden, die Folter, die Erniedrigungen und die desaströsen Turbulenzen, in die es die Ukraine gestürzt habe.

Der russische Angriffskrieg dominiert die diesjährige Generaldebatte der UN-Vollversammlung. Selenskyj war der einzige von insgesamt mehr als 140 Staats- und Regierungschefs, der sich dort per Videobotschaft äußerte. Er hatte wegen des russischen Angriffskriegs von dem Gremium eine Ausnahmegenehmigung dafür erhalten. Nach seiner Ansprache standen die meisten Vertreter der 193 Mitgliedstaaten im Saal des UN-Hauptquartiers in New York auf und klatschten knapp eine Minute lang - dies kommt in der Vollversammlung selten vor. Die Vertreter Russlands blieben derweil sitzen.

Der Präsident nutzte seine Ansprache, um von der Weltgemeinschaft weitere militärische Unterstützung für sein Land zu fordern. "Wir können die ukrainische Flagge auf unser gesamtes Territorium zurückbringen, wir können das mit Waffen schaffen, aber wir brauchen Zeit", sagte Selenskyj. Sowohl für die Verteidigung als auch für den Angriff sei mehr Unterstützung nötig, auch weitere finanzielle Hilfen brauche es.

Die Ukraine wehrt sich seit dem 24. Februar gegen die russische Invasion und hatte zuletzt große Gebiete von den Besatzern zurückerobern können. Selenskyj forderte auch weitere Visa-Restriktionen für russische Bürger. Sie sollten nicht die Möglichkeit haben, zum Einkaufen und Urlauben in andere Länder zu reisen, verlangte er. Die Ukraine wolle auch einen internationalen Entschädigungsmechanismus durchsetzen und hoffe hier auf die Unterstützung der Vereinten Nationen. "Russland sollte für diesen Krieg mit seinem Vermögen bezahlen", sagte er.

Saporischschja mache "alle zum Ziel"

Dass der Krieg nicht nur eine Gefahr für sein eigenes Land darstelle, machte Selenskyj mit einer eindringlichen Warnung angesichts der Lage am umkämpften ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja deutlich. Das russische Vorgehen dort "macht Sie alle zu einem Ziel", sagte Selenskyj. Die "russische Strahlenerpressung ist etwas, das jeden Einzelnen von Ihnen betreffen sollte", denn niemand werde einen Impfstoff gegen die Strahlenkrankheit haben.

Das Kernkraftwerk Saporischschja steht seit Anfang März unter russischer Kontrolle. Mit seinen sechs Reaktoren und einer Nettoleistung von 5700 Megawatt ist es das größte Atomkraftwerk in Europa. Moskau und Kiew lasten sich den Beschuss der Anlage gegenseitig an. Eine Häufung von Vorfällen, die zur Abschaltung von Reaktoren und Stromausfällen führten, hatte international die Sorge vor einer Atomkatastrophe gesteigert.

"Russland will den Krieg"

An Friedensgesprächen ist Russland nach Einschätzung des ukrainischen Präsidenten nicht ernsthaft interessiert. "Sie reden über die Gespräche, aber sie kündigen eine militärische Mobilisierung an. Sie reden über die Gespräche, aber sie kündigen Scheinreferenden an", sagte Selenskyj mit Blick auf die jüngsten Ankündigungen der russischen Führung um Präsident Wladimir Putin. Sein Fazit: "Russland will Krieg."

Nach Selenskyjs Auffassung könne es keine neutrale Haltung im Krieg geben. "Wer von Neutralität spricht, wenn menschliche Werte und Frieden angegriffen werden, meint etwas anderes", sagte Selenskyj. Wer hier von Neutralität spreche, würde eigentlich Gleichgültigkeit meinen. "Sie tun so, als ob sie sich für die Probleme der anderen interessieren würden. Sie kümmern sich formal um den anderen, sie zeigen Sympathie nur aus Protokollgründen", kritisierte er Länder, die in dem Konflikt nicht eindeutig Position beziehen wollen. "Sie tun so, als würden sie jemanden schützen, aber in Wirklichkeit schützen sie nur ihre eigenen Interessen." Eine solche Haltung schaffe die Voraussetzungen für Krieg. Und eine solche Haltung müsse korrigiert werden, um die Voraussetzungen für Frieden zu schaffen.

Quelle: ntv.de, mdi/dpa

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