Der Kriegstag im Überblick Separatisten-Führer Puschilin gerät unter Beschuss - Selenskyj greift nach der Krim
23.08.2022, 21:07 Uhr
Mit dem Leben davongekommen: Separatistenführer Denis Puschilin.
(Foto: REUTERS)
Zum Unabhängigkeitstag kann sich Kiew über milliardenschwere Waffenzusagen aus Berlin und Washington freuen. Der ukrainische Präsident Selenskyj kündigt die Befreiung der Krim an, während Separatistenführer Puschilin nach heftigem Beschuss sein Quartier verliert. Der 181. Kriegstag im Überblick.
Separatisten: Drei Tote, Puschilin unverletzt
Die von Russland gelenkten Separatisten in der Ostukraine haben über schwere Angriffe auf die Stadt Donezk durch die ukrainische Armee berichtet. Getroffen worden sei unter anderem das Verwaltungsgebäude von Separatistenführer Denis Puschilin, teilte die selbst ernannte Territorialverteidigung Donezk auf Telegram mit. Puschilin selbst sei nicht verletzt worden, es seien aber drei Zivilisten getötet worden.
Die selbst ernannte Volksrepublik Donezk steht zu rund 60 Prozent unter russischer Kontrolle. Nach der Eroberung der Nachbarregion Luhansk besteht eines von Moskaus Hauptkriegszielen darin, auch Donezk vollständig unter die Kontrolle der eigenen Truppen zu bringen. Auch sechs Monate nach dem Einmarsch in die Ukraine kommen die Russen dabei internationalen Beobachtern zufolge allerdings eher schleppend voran. Russlands Verteidigungsministerium teilte derweil mit, in den südlichen Gebieten Cherson und Mykolajiw einige Dutzend Quadratkilometer weiter vorgerückt zu sein.
Erneut Explosionen in russischem Munitionsdepot
Zum zweiten Mal binnen sechs Tagen detonierte Munition in einem russischen Depot an der Grenze zur Ukraine. Der Gouverneur der russischen Region Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, sprach von einer Selbstzündung der Geschosse in der Hitze. Niemand sei verletzt worden, meldete die Agentur Interfax. In dem Munitionslager bei dem Dorf Timonowo war es schon am Donnerstag zu Explosionen gekommen. Ähnliche Vorfälle gab es in den letzten zwei Wochen auch auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim. Russische Behörden sprachen jeweils von Unfällen und Fahrlässigkeit. Allerdings legen die Umstände nahe, dass es sich eher um ukrainische Angriffe handelte.
Kiew meldet: Brücke in Cherson erneut getroffen
Nach Angaben Kiews zerstörten ukrainische Verbände im Süden des Landes ein Munitionslager sowie ein Raketensystem vom Typ Buk und fünf gepanzerte Fahrzeuge. Auch die strategisch wichtige Antoniwkabrücke bei Cherson sei von ukrainischen Truppen beschossen und erneut getroffen worden. Die Brücke ist eine wichtige Nachschubroute für die russische Armee. Nach britischer Einschätzung arbeitet Russland an einer Behelfsbrücke. Russische Truppen hätten am Wochenende damit begonnen, Lastkähne in Position zu bringen, um direkt neben der beschädigten Antoniwkabrücke eine Pontonbrücke zu errichten, teilte das Verteidigungsministerium in London mit.
Selenskyj kündigt Krim-Befreiung an
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bekräftigte das Ziel, die Herrschaft über die von Russland 2014 annektierte Halbinsel Krim zurückzuerlangen. "Um den Terror zu überwinden, ist es notwendig, einen Sieg im Kampf gegen die russische Aggression zu erringen. Es ist notwendig, die Krim zu befreien", sagt Selenskyj zur Eröffnung einer internationalen Krim-Konferenz. Dadurch würden Recht und Ordnung in der Welt wieder hergestellt. Mit dem Online-Gipfel will die Ukraine internationale Unterstützung für die Rückholung der 2014 von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim mobilisieren.
500 Millionen Euro: Scholz verspricht Waffenpaket
Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte auf der Krim-Konferenz neue umfangreiche Waffenlieferungen an die Ukraine an. Unter anderem soll Kiew drei weitere Flugabwehrsysteme des Typs IRIS-T und ein Dutzend Bergepanzer erhalten, wie ein Regierungssprecher bestätigte. Insgesamt geht es demnach um Rüstungsgüter im Wert von deutlich mehr als 500 Millionen Euro. Das Geld müsse vom Haushaltsausschuss noch freigegeben werden. Dem Sprecher zufolge soll Kiew auch 20 auf Pick-ups montierte Raketenwerfer sowie Präzisionsmunition erhalten. Die Waffen sollen "maßgeblich in 2023" geliefert werden, "einiges deutlich früher".
Die USA wollen einem Insider zufolge der Ukraine weitere Militärhilfe im Umfang von drei Milliarden Dollar zukommen lassen. Möglicherweise werde dies bereits am Mittwoch mitgeteilt, verlautete aus Regierungskreisen. Es wäre das größte derartige Paket der USA seit der russischen Invasion vor sechs Monaten.
Ringtausch mit Slowakei kommt in Gang
Die Slowakei wird im Gegenzug für eine Lieferung von 30 Schützenpanzern an die Ukraine nun 15 deutsche Kampfpanzer vom Typ "Leopard" 2 A4 erhalten. Dies teilt der slowakische Verteidigungsminister Jaroslav Nad mit. Dazu wurde auch eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet. Die deutschen Panzer werden demnach aus Beständen der deutschen Industrie geliefert und um ein sogenanntes Munitions-, Ausbildungs- und Logistikpaket ergänzt. Die Lieferung der "Leopard"-Panzer wird der erste Ringtausch aus Beständen der Industrie.
Mais-Zug in Rostock eingetroffen
Ein erster Zug mit 1200 Tonnen Mais aus der Ukraine wurde am Vormittag am Getreideterminal Rostock (GTR) entladen. "Es ist ein Testzug. Vier weitere sollen noch folgen", sagte GTR-Standortleiter Jacob Lubig. Der Futtermais wurde an der ukrainisch-polnischen Grenze umgeladen und dann von der Güterbahn DB Cargo via Polen nach Rostock gebracht.
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Quelle: ntv.de, mau/dpa/rts