Politik

Erdogan teilt gegen Deutsche aus "Sie wachen auf und sagen: Deniz"

Erdogan fühlt sich in seiner Sicht der Dinge voll und ganz bestätigt durch den Zuspruch der Türken in Deutschland.

Erdogan fühlt sich in seiner Sicht der Dinge voll und ganz bestätigt durch den Zuspruch der Türken in Deutschland.

(Foto: dpa)

Zum ersten Mal seit Jahren gibt der türkische Präsident Erdogan einem deutschen Medium ein Interview. Er beklagt sich, dass er in Deutschland nicht vor Türken reden darf und wundert sich, warum so viele - auch die Kanzlerin - sich so für Deniz Yücel interessieren.

Kurz vor dem G20-Gipfel hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan den Ton gegenüber der Bundesregierung verschärft. Insbesondere kritisiert er in einem Interview der "Zeit", nicht vor seinen Landsleuten in Deutschland sprechen zu können: "Was ist das bitte schön für eine Geisteshaltung? Das ist sehr hässlich", sagte er und fügte hinzu: "Deutschland begeht Selbstmord. Das ist politischer Selbstmord."

Die Bundesregierung hatte einen von Erdogan gewünschten öffentlichen Auftritt vor Anhängern am Rande des G20-Gipfels untersagt. Erdogan kritisiert daran auch, dass in Deutschland angeblich "Terroristen" demonstrieren und ihre "Lumpen" schwingen dürften, er als türkischer Staatschef jedoch nicht. Er meint damit kurdische Vereinigungen und die in Deutschland verbotene PKK sowie Anhänger des Predigers Fethullah Gülen. "Man kann mich doch nicht mundtot machen", schimpft Erdogan gegenüber den Interviewern. Konsequenterweise solle Deutschland dann auch das türkische Fernsehen verbieten, das Türken im Land über Satellit empfangen.

"Beihilfe für die Gedanken der Terroristen"

Über die Bemühungen Berlins im Fall des seit mehr als 140 Tagen in der Türkei inhaftierten deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel sagt Erdogan, er könne nicht verstehen, dass man sich so sehr für eine Person einsetze: "Dass Frau Merkel überhaupt die Rettung eines Terrorverdächtigen auf die Tagesordnung bringt, war für mich auch sehr, sehr sonderbar."

Yücel habe Terroristen interviewt und sei dadurch zum Unterstützer geworden. "Wenn Sie die Gedanken eines Terroristen in Ihrer Publikation abdrucken, was ist das dann? Das ist die Veröffentlichung des Terrorismus selbst", erklärt der türkische Präsident seine Sicht. Beihilfe für die Gedanken der Terroristen aber sei ein Verbrechen. Statt für die Freiheit des Journalisten solle sich Deutschland lieber für die Freiheit muslimischer Frauen einsetzen, die nicht mehr überall ein Kopftuch tragen dürften. "Sie gehen schlafen, Sie wachen auf und sagen: Deniz", greift Erdogan die Journalisten direkt an.

Sehnsucht nach Schröder, aber kein Problem mit Merkel

Gleichzeitig betonte Erdogan die Bedeutung der türkisch-deutschen Beziehungen angesichts der gemeinsamen Mitgliedschaft in der Nato, der Handelsbeziehungen und der drei Millionen Türken, die in Deutschland leben: "Wir brauchen einander", sagte er. "Wir müssen das bewahren." Einen Austritt aus der Nato ziehe er nicht in Erwägung. Enttäuscht sei sein Land eher wegen des EU-Prozesses: "Die EU hält uns seit 1963 hin", sagte Erdogan.

Zu seinen persönlichen Beziehungen zu Kanzlerin Angela Merkel sagte er: "Ich habe kein Problem mit der Kanzlerin." Gleichwohl merkte er an, dass die Beziehungen in der Regierungszeit von SPD-Kanzler Gerhard Schröder (1998 bis 2005) "sehr anders" gewesen seien. "Ich hoffe, dass wir wieder dahin kommen." Vom aktuellen SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz hält Erdogan indes nicht viel: Seine Herangehensweise sei ideologisch. "Sie wollen innenpolitisch punkten, indem sie unsere Beziehung instrumentalisieren, aber sie verlieren."

"Deutschland unterstützt Terroristen"

In seiner Linie sieht sich Erdogan auch aufgrund der hohen Zustimmung von in Deutschland lebenden Türken bestätigt. "Und weil wir als konservative Demokraten so denken, wie wir es tun, haben wir in der Türkei 52 Prozent der Stimmen", zeigt er sich überzeugt. Er sei nach wie vor der Auffassung, dass Assimilation ein Verbrechen sei. Doch auch konservative Türken müssten sich im Gastland integrieren. "Meine Landsleute müssen mit Deutschen zusammenleben können. Ihr Nachbar und Freund werden, keine Probleme darstellen."

Wenn in Deutschland aber innertürkische Konflikte ausgetragen würden, etwa zwischen Anhängern von ihm selbst und Kurden, so habe er damit und mit Deutschland ein Problem. Denn Deutschland unterstütze die "Terroristen", wiederholt er seinen Vorwurf. "Während des Referendums, sehen Sie Leute, die mit den Lumpen der Terroristen posieren und Fotos machen. Sogar die Vorsitzenden einer Partei machen da mit. Wie soll man das erklären? Und diese Menschen nennen mich einen Diktator. Sie sollten erst einmal nachschlagen, was das ist, ein Diktator!"

Quelle: ntv.de, nsc

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