Politik

Zahl mit Vorsicht zu genießen Sind Tausende Kriegsverbrecher eingereist?

Kämpfer einer Rebellengruppe in Syrien.

Kämpfer einer Rebellengruppe in Syrien.

(Foto: REUTERS)

Tausendfach haben Asylsuchende in der Flüchtlingskrise Hinweise auf Kriegsverbrecher gegeben. Geschehen sei, das suggerieren mehrere Medienberichte, nichts. Die Behörden, so scheint es, haben die Hinweise ignoriert und Kriegsverbrecher einreisen lassen. Was steckt hinter den Zahlen?

Was genau steht in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der FDP?

Die migrationspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Linda Teuteberg, wollte von der Bundesregierung wissen, "wie viele Hinweise auf völkerrechtlich zu würdigende Sachverhalte" vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bei der Zentralstelle für die Bekämpfung von Kriegsverbrechen seit 2014 eingegangen sind. In der Antwort der Regierung heißt es dann, rund 5000 solcher Sachverhalte seien vom Bamf an die Zentralstelle beziehungsweise die Landeskriminalämter weitergegeben worden. Doch nur in 129 Fällen seien Ermittlungen aufgenommen worden, schreibt die Regierung. In den Jahren 2015/16, also auf dem Höhepunkt des Flüchtlingszuzugs, gab es dem Bericht zufolge 3800 Hinweise, es kam jedoch nur zu 28 Ermittlungen.

FDP-Politikerin Teuteberg mahnte daraufhin: "Kriegsverbrecher dürfen in Deutschland keinen Schutz bekommen. Das sind wir auch den Opfern schuldig." Darum sei es wichtig, dass Hinweisen angemessen nachgegangen werde. "Die Zahlen werfen allerdings die Frage auf, ob die Bundesregierung das in den letzten Jahren immer mit der gebotenen Ernsthaftigkeit verfolgt hat."

Sind seit 2014 also Tausende Kriegsverbrecher nach Deutschland eingereist?

Ein entsprechender Bericht der "Bild"-Zeitung suggeriert, die Hinweise bezögen sich auf Personen, die nach Deutschland eingereist sind. Dabei geht es um 5000 Aussagen, die von Schutzsuchenden bei der Einreise gegeben wurden. Und diese Zahl ist aus mehreren Gründen mit großer Vorsicht zu genießen.

Erstens geht aus der Antwort der Bundesregierung nicht hervor, ob den 5000 Hinweisen auch 5000 Verdächtige gegenüber stehen oder ob ein und derselben Person, von mehreren Zeugen möglicherweise mehrere Delikte vorgeworfen wurden. Zweitens liegen keine Informationen vor, wie viele Verdächtige etwa wegen unterschiedlicher Schreibweisen doppelt beschuldigt wurden. Drittens hat die FDP keine Informationen darüber bekommen, wie viele der Beschuldigten überhaupt nach Deutschland eingereist sind. Denn denkbar ist auch, dass Personen, die nach Deutschland eingereist sind, Hinweise auf mögliche Kriegsverbrecher gegeben haben, die aber nie ihre Heimatländer verlassen haben.

Was sagt das Innenministerium zu den Vorwürfen?

Die Bewertung einer Meldung des Bamf als "Hinweis" bedeute nicht, dass dieser unmittelbar für ein Strafverfahren verwendbare Informationen enthalte, sagte ein Sprecher des Innenministeriums n-tv.de. "Oft handelt es sich bei diesen Hinweisen um allgemeine Informationen über das Kriegsgeschehen in Krisenregionen oder aber zu tatverdächtigen Personen, die nicht identifizierbar sind", sagte der Ministeriumssprecher. Vor allem in den Jahren 2015 und 2016 habe es eine Vielzahl solcher "Hinweise" gegeben. Alle seien auf Wertigkeit, Glaubhaftigkeit und Glaubwürdigkeit überprüft worden. Habe es Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat gegeben, seien Ermittlungen durch den Generalbundesanwalt eingeleitet worden. "Vorrangig wurden solche Hinweise bearbeitet, in denen es konkrete Hinweise auf in Deutschland befindliche Straftäter nach dem Völkerstrafgesetzbuch gab. Ressourcen der Ermittlungsbehörden auf Ermittlungen zu einem unklaren Tatvorwurf gegen eine nicht namentlich bekannte Person, die sich nicht in Deutschland aufhält, zu verwenden, wäre nicht sinnvoll", so der Sprecher.

Der Sprecher betonte, es seien keine Hinweise ignoriert worden. Sie seien "selbstverständlich gesichtet und kategorisiert" worden und würden auch in Zukunft für die laufenden Ermittlungen herangezogen. "Verbrechen des Völkerstrafgesetzbuchs unterliegen keinen Verjährungsfristen", betonte der Sprecher.

Und der Bundesinnenminister?

Horst Seehofer hat eine Untersuchung dazu angeordnet. Er habe "einen sehr genauen Bericht" angefordert, sagte er. Er könne aber bereits sagen, dass diese Informationen "nicht einfach von den Sicherheitsbehörden abgelegt", "sondern natürlich geprüft" worden seien. Falls es Versäumnisse gegeben habe, würden diese Fälle auch aufgearbeitet. Er wolle erst einen schriftlichen Bericht zu der Frage abwarten, sagte Seehofer beim Treffen der EU-Innenminister. Danach werde er die Öffentlichkeit informieren, "was mit diesen Meldungen konkret geschehen ist".

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen