Politik

Flüchtlingstalk bei Klamroth "So wie es jetzt läuft, kann es nicht weitergehen"

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Nicht alle Kommunen hätten Probleme, betont Haßelmann. Regensburgs Landrätin Schweiger fand eine pragmatische Lösung für die Geflüchteten.

(Foto: IMAGO/Horst Galuschka)

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Auf der Suche nach einem sicheren Ort zum Leben kommen derzeit besonders viele Geflüchtete nach Deutschland. Ihre Unterbringung müssen die Kommunen organisieren, doch viele sind am Limit. Jens Spahn fordert bei "Hart aber fair" eine noch stärkere Sicherung der Außengrenzen, doch damit dürfte dem Problem kaum beizukommen sein.

Tanja Schweiger hatte eine Idee. Und zwar schon im vergangenen Sommer. Da wandte sich die Stadt Regensburg an die Landrätin des Landkreises mit einer Frage: Ihr Ankerzentrum für Geflüchtete sei an die Grenze der Aufnahmekapazität gelangt. Ob sie einen Vorschlag hätte, was zu tun sei? Tanja Schweiger hatte. Sie mietete ein Schiff, mit allem Drum und Dran: Kabinen, Küche, Crew. Das Schiff ging in der Donau vor Anker. Heute wohnen 130 Menschen auf dem Schiff, für 200 wäre Platz.

Schweiger ist eine der Gäste bei "Hart aber fair" in der ARD, in der Sendung geht es um ein Problem, das die Bundesregierung lange verpennt zu haben schien: die neue Flüchtlingskrise. Mittlerweile scheint das Problem erkannt, doch eine Lösung steht aus. Ein von Bundesinnenministerin Nancy Faeser einberufener Flüchtlingsgipfel endete vor gut zwei Wochen im Streit - und mit der Bildung mehrerer Arbeitsgruppen. Und jetzt will die Ministerin die Kommunen gar noch stärker in die Pflicht nehmen. In der Montagsausgabe der Stuttgarter Zeitungen forderte sie die Gemeinden auf, Unterkünfte für Notsituationen in Reserve zu halten.

Im vergangenen Jahr sind ungefähr 1,2 Millionen Menschen nach Deutschland geflohen, überwiegend Ukrainer. Für ihre Unterbringung und Versorgung sind Länder und Kommunen zuständig. Die Bundesregierung will sie dabei in diesem Jahr mit 2,75 Milliarden Euro unterstützen. Nach den jüngsten Äußerungen Faesers darf man darauf warten, wann die Forderung nach weiteren Hilfen des Bundes kommen wird.

"Sind an der Grenze"

CDU-Politiker Jens Spahn bereitet schon mal den Boden dafür. "Wir sind überall an der Grenze von dem, was wir leisten können", sagt er bei "Hart aber fair". Und Tanja Schweiger von den Freien Wählern fügt hinzu: "So, wie es jetzt läuft, kann es nicht weitergehen."

Britta Haßelmann von den Grünen versucht zunächst noch zu beschwichtigen. Immerhin gebe es auch Kommunen, die sehr gut mit der Situation zurechtkämen. So habe man in ihrer Heimatgemeinde Bielefeld Geflüchteten Gebäude zur Verfügung gestellt, die zuvor von der britischen Armee genutzt worden seien. Später in der Sendung wird sie erklären, die Bundesregierung habe die Probleme erkannt, und am Ende wird sie die Frage der Regensburger Landrätin beantworten, wann die Regierung denn endlich handeln werde.

Das würde auch Jens Spahn gerne wissen. Er sagt, allein im Januar hätten in Deutschland 30.000 Menschen einen Asylantrag gestellt. Auf das ganze Jahr hochgerechnet seien das 360.000. Letztes Jahr seien es 120.000 Asylanträge weniger gewesen. "Überforderung verhindert Integration", sagt Spahn. Wenn Integration gelingen solle, müssten ausreichend Zeit und Ressourcen vorhanden sein. Aber: "Wir sind für die Mengen der Flüchtlinge nicht ausreichend vorbereitet." Geld allein werde die Probleme nicht lösen. Stattdessen habe man schon bei der letzten Flüchtlingskrise 2015 gesagt, der Kontrollverlust der EU an ihren Außengrenzen dürfe sich nicht wiederholen. "Die Lösung liegt darin, dass wir als EU das Signal geben müssen, dass wir nicht alle Probleme lösen können, indem sich alle auf den Weg in die EU machen. So schwer das auch ist. Und es geht auch nicht, dass sich die meisten Menschen auf den Weg nach Deutschland machen, wenn sie in der EU angekommen sind."

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Mit dieser Meinung steht Spahn in der Sendung ziemlich allein da. Denn die anderen Gäste weisen mit Recht darauf hin, dass die meisten in Deutschland eingereisten Flüchtlinge im vergangenen Jahr vor dem Krieg in der Ukraine geflohen sind. "Das tragen wir auch voll mit", lenkt Spahn ein. Trotzdem sagt er: "Wir werden an unsere Leistungsgrenze kommen." Und es gebe für Flüchtlinge nicht das Recht, sich nach der Flucht das Zielland auszusuchen. Das sieht tatsächlich die Genfer Flüchtlingskonvention nicht vor.

Regierung in Verantwortung

"Ich sehe uns in der Verantwortung der kommunalen Hilfe", sagt die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann. Auch wenn nicht alle Kommunen am Limit seien, müssten sie doch in der Lage sein, die wichtigsten Angebote für Geflüchtete zu erbringen. Dies seien Sprachkurse, Bildung, Integration und Wohnen. Man müsse mit den Kommunen sprechen. "Aber die Behauptung ist auch falsch, dass nichts passiert sei", betont Haßelmann. Die Bundesregierung habe die Asylverfahren beschleunigt und die Bleiberechtsperspektiven vieler Menschen verändert. Aktuell liefen Verhandlungen über die gemeinsame europäische Asylsystemfrage. "Was die Probleme der Kommunen angeht: Ich gehe davon aus, dass bei der Ministerpräsidentenkonferenz Anfang April auch sehr konkret darüber gesprochen wird. Ich gehe davon aus, dass wir dann auch sehr klar vereinbaren, was dabei rumkommt. Die anderen Verfahren laufen an."

Quelle: ntv.de

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