Wohnung in Frankfurt durchsucht Spur zu Nord-Stream-Explosionen führt wohl in die Ukraine
02.06.2023, 11:10 Uhr Artikel anhören
Die Pipelines wurden im September 2022 beschädigt.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Im Zusammenhang mit den Explosionen an den Nord Stream-Pipelines wird kürzlich eine Wohnung in Frankfurt (Oder) durchsucht, wie die Bundesanwaltschaft bestätigt. Nach Recherchen verschiedener Medien gehört sie der ehemaligen Lebensgefährtin eines ukrainischen Militärangehörigen - der tatverdächtig ist.
Bei den Ermittlungen zu Explosionen an den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 hat es im Mai eine Durchsuchung in Brandenburg gegeben. In Frankfurt (Oder) sei die Wohnung einer nicht verdächtigen Person am 25. Mai durchsucht worden, erklärte eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. Weitere Auskünfte erteilte die Behörde nicht.
Nach Recherchen von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" soll es sich bei der Person offenbar um die ehemalige Lebensgefährtin eines möglichen Attentäters handeln. Der ukrainische Tatverdächtige, Angehöriger des ukrainischen Militärs, soll derzeit gegen die russischen Invasoren kämpfen und sich im September 2022 an Bord der Segeljacht "Andromeda" befunden haben, die im Fokus der Ermittlungen des Generalbundesanwaltes steht. Die Besatzung könnte an den Explosionen am Boden der Ostsee beteiligt gewesen sein, heißt es.
"Hinweise in alle möglichen Richtungen"
BND-Chef Bruno Kahl hatte erst vor gut einer Woche Hoffnungen auf eine schnelle Klärung des Falles gedämpft, wer die Explosionen an den Nord-Stream-Erdgaspipelines in der Ostsee verursacht haben könnte. "Es gibt Hinweise in alle möglichen Richtungen", sagte Kahl bei der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (Baks). Kein Land dieser Welt, kein Nachrichtendienst dieser Welt, sei im Moment in der Lage, zu sagen, wer die Täter waren oder wen man ausschließen könne. Der Tatort unter Wasser sei eine "beachtliche Herausforderung".
An den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 waren Ende September 2022 nach Explosionen nahe der dänischen Ostseeinsel Bornholm insgesamt vier Lecks entdeckt worden. Der Generalbundesanwalt in Deutschland hatte am 10. Oktober ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannt eingeleitet. Es geht dabei um den Verdacht des vorsätzlichen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion sowie der verfassungsfeindlichen Sabotage. Laut vorheriger Recherchen der Medien sollen offenbar mehrere Spuren in Richtung Ukraine führen. Es gehe um mutmaßliche Briefkastenfirmen und um eine Person mit möglichen Verbindungen zum ukrainischen Militär. Weder Bundesanwaltschaft noch Bundesregierung hatten die Berichte kommentiert.
Kiew-Beteiligung würde Deutschland wohl in Dilemma führen
Sollte die Spur letztlich tatsächlich in die Ukraine oder gar zu politisch Verantwortlichen dort führen, könnte das Deutschland in eine missliche Lage versetzen. Berlin müsste sich dann die Frage stellen, wie man in Bezug auf den russischen Angriffskrieg weiter mit der militärischen und finanziellen Unterstützung für das Partnerland umgeht, wenn es an Anschlägen auf Infrastruktur beteiligt ist, die mit Deutschland verbunden ist. Kiew hat das jedoch in der Vergangenheit abgestritten. Der ukrainische Präsident Selenskyj bezeichnete solche Überlegungen einst als "lächerlich". Erst kürzlich hatte jedoch für Aufsehen gesorgt, dass Kiews Geheimdienst nach vielen Monaten der Unklarheit einräumte, an der Explosion auf der Krim-Brücke Ende 2022 beteiligt gewesen zu sein.
Möglich ist auch, dass eine Partisanen-Gruppe für den Nord-Stream-Anschlag verantwortlich ist. Eben solche haben zuletzt von ukrainischem Staatsgebiet aus wiederholt russisches Territorium angegriffen. Auch hier bestreitet Kiew eine Beteiligung.
Quelle: ntv.de, rog/dpa