"Bald Dritter Weltkrieg" Trump malt ein Höllenbild - und siegt im Vorbeigehen
25.02.2024, 06:01 Uhr Artikel anhören
Während die Republikaner in South Carolina sich für ihn als Kandidaten der Präsidentschaftswahl entscheiden, zeigt sich Trump voller Hass. Auf die Justiz, die Demokraten, auf Migranten. Auch über Deutschland regt er sich auf.
Die US-Flagge herzen, ganz entspannt die Apokalypse der USA heraufbeschwören, die politischen Gegner beschimpfen und zum Abschluss ein wenig die Hüfte schwingen: Donald Trump hat Auftritte für sein Publikum nach fast zehn Jahren in der Politik fast perfektioniert. So auch bei der konservativen CPAC-Konferenz, die so etwas wie ein globales Treffen von Konservativen, Marktliberalen bis Libertären ist, und wo auf alles geschimpft wird, was irgendwie nach Staat riecht oder sozialer Gerechtigkeit. "Ich sollte eigentlich woanders sein, aber ich habe gesagt, ich muss zur CPAC", scherzt der dortige Stargast Trump am Samstagnachmittag.
Woanders ist South Carolina, dort finden zugleich die Vorwahlen der Republikaner statt. Während Nikki Haley, Trumps einzige verbliebene Konkurrentin um die Präsidentschaftskandidatur, und ihr Wahlkampfteam Einladungen für die Veranstaltung in der Stadt Charleston verschickten, um gemeinsam nach drei Niederlagen auch die vierte zu erleben, beschimpfte Trumps Lager in seinen Nachrichten Haley und verschickte einen Aufruf an die Parteispitze, die Vorwahl für entschieden zu erklären: "Dies zu verzögern hilft (US-Präsident) Joe Biden bei der Zerstörung unseres Landes."
Tatsächlich ist die Vorwahl nach diesem Samstag in South Carolina höchstwahrscheinlich entschieden. Außer Haley ereilt noch ein mittelgroßes politisches Wunder. Trump vereinte mehr als 60 Prozent der Stimmen auf sich, Haley knapp unter 40 Prozent. Es wäre für die 52-Jährige nicht so schmerzhaft, käme sie nicht aus South Carolina und wäre dort zweimal zur Gouverneurin gewählt worden. Ihr eigener Bundesstaat zieht jedoch Trump vor - viel stärker kann ein Zeichen nicht sein, dass die republikanische Wählerschaft beim Duell ihren Favoriten auserkoren hat.
Von Abscheu durchsetzt
Während die Republikaner in South Carolina noch an die Urnen gehen, grüßt Trump von seiner Bühne besonders ausgiebig Argentiniens Präsidenten Javier Milei. Der Libertäre wird danach einen ziemlich zähen Vortrag darüber halten, wie toll der freie Markt und jeglicher staatliche Eingriff schlecht für die Wirtschaft sei. Nach vielen Namen und Nettigkeiten besinnt sich Trump auf seinen Teleprompter - und hält eine eisenharte, vor Abscheu für Andersdenkende durchsetzte Rede, die seine frühere Rhetorik in den Schatten stellt.
Die Flüchtlinge an der Südgrenze sind der Fixpunkt, zu dem er in den fast eineinhalb Stunden immer wieder zurückkehrt. Immigranten und die Grenze sind für die Konservativen das wichtigste Wahlthema. "Skrupellose Banden werden unser Land invasieren", die Polizei werde Konservative und religiöse Menschen jagen, die Hamas und die Antifa werden Menschen in Angst und Schrecken versetzen, fabuliert Trump. Es werde eine neue Kategorie der Kriminalität geben: "Migrantenverbrechen", die viel brutaler sein werde als Gewaltverbrechen aktuell; schon jetzt würden sie ganz New York City überrennen, wegen ihnen sei es nirgendwo mehr sicher. Das ist Unfug, aber er sagt es trotzdem.

Grenze dicht und alle abschieben - so rigoros stellt sich Trump seine mögliche zweite Präsidentschaft vor.
(Foto: AP)
All das, was Trump immer vorgeworfen wurde, treibt er heute auf die Spitze. Der Ex-Präsident vollführt einen wilden, fremdenfeindlichen Ritt durch unvollständige, falsche Konnotationen, die ein Ziel haben, was er nicht benennt: maximale Angst. Von dieser Angst die USA erlösen kann selbstredend nur er: Als Präsident werde er als erste Amtshandlung die Grenze schließen, wieder die fossilen Energieträger fördern und 18 Millionen Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung wieder nach Hause zu schicken, kündigt er an. Das Publikum jubelt. Ansonsten würden "Horden Illegaler" über die Grenzen strömen, "40 bis 50 Millionen Menschen", Sozialsystem und öffentliche Bildung darunter zusammenbrechen.
Trump sieht sich als "politischer Dissident"
Sollte Joe Biden die Wahl gewinnen, werde der Industrie wegen Bidens "grünen Betrugs" dasselbe widerfahren, mit "ständigen Stromausfällen und ungezügelter Inflation". Dann würde China die USA "dominieren". Er hingegen habe "400 Milliarden Dollar aus China geholt" - vermutlich meint er damit die Einnahmen der Strafzölle im Handelskrieg -, "und dann kam aus China der Virus…" Das klingt nach einer skurrilen Anschuldigung in Richtung Peking. Es wird aber noch wilder: Wegen Bidens Außenpolitik "werden wir den Dritten Weltkrieg verlieren", wegen noch unbekannter Waffen, prognostiziert Trump. Details nennt er keine, zeigt sich aber überzeugt: Weder der Überfall auf Israel noch der Ukraine-Krieg wären mit ihm im Weißen Haus passiert. Schließlich kenne er Russlands Präsident Wladimir Putin gut.
In dem Zusammenhang kommt er auf Deutschland zu sprechen. Er sei gegen die Nord-Stream-2-Pipeline gewesen, Biden hätte sie stattdessen sofort genehmigt. "Wir verteidigen Deutschland, und dann bezahlen sie Milliarden Dollar an die Leute, gegen die wir sie verteidigen? Wie logisch ist das?", regt er sich auf: "Und dann sagen sie, ich sei zu freundlich zu Russland." Stattdessen sei er ein "politischer Dissident", er sei häufiger angeklagt worden als Al Capone, sagt er stolz, nennt die Demokraten und praktisch die komplette Judikative einen "tollwütigen Mob linksradikaler Partisanen", "Tyrannen", "Banditen", "Faschisten", "Schurken". Es seien als Richter und Staatsanwälte getarnte Henker.
Nach einer so vor Hass triefenden halben Stunde schweift Trump vom Teleprompter ab. Der Ex-Präsident verfällt in seinen typischen Plauderton, spielt mit den Reaktionen des Publikums, freut sich darüber; wie er es immer macht, wenn er sich wohlfühlt. Er erzählt ausführlich eine Geschichte, als er zu seiner Zeit als Präsident in den Irak geflogen und bei der Landung in finsterer Nacht vor Nervosität ins Schwitzen geraten sei. Und wie er dann vor Ort mit Generälen ausgeheckt habe, wie sie den Islamischen Staat besiegen könnten. Trump zeigt sich nahbar, als er von Telefonaten mit seiner Frau erzählt und wie sie ihn bisweilen auflaufen lasse, wenn er nach Auftritten nach ihren Komplimenten heische.
"Joe, Du bist gefeuert!"
Seine Konkurrentin Nikki Haley erwähnt er kein einziges Mal. Stattdessen ist Trump bereits im Wahlkampfmodus für November. Unter Jubel kündigt er an, ein erneuter Einzug ins Weiße Haus werde für ihn ein "Sieg der Rache", für die anderen der "Tag des Jüngsten Gerichts". "Joe, Du bist gefeuert!", tönt er.
Ein paar Stunden später wiederholt er den Satz bei seiner Siegesrede in South Carolinas Hauptstadt Columbia. Da ist es schon nach 19 Uhr, die US-Nachrichtenagentur Associated Press hat mit dem Schlag der Uhr und der Schließung der Wahllokale den Erfolg des großen Favoriten verkündet.
Gewissheit über die Kandidatur der Konservativen wird es dennoch erst nach dem 5. März geben, wenn die Republikaner in 15 weiteren Bundesstaaten auch die Wahl haben werden. Denn Haley selbst, das sagte sie noch am Abend, denke gar nicht daran, bereits vorher aufzugeben. Alles andere wäre ja wie früher in der Sowjetunion.
Quelle: ntv.de