"Erdrutschsieg oder Vernichtung" Trump oder Biden - wer triumphiert bei den Midterms?
08.11.2022, 10:08 Uhr
Hat enormen Einfluss bei den Wahlen: Ex-Präsident Donald Trump.
(Foto: REUTERS)
Bei den heutigen Wahlen müssen sich Präsident Biden und die Demokraten dem Urteil der US-Amerikaner stellen. Sind sie mit ihrer Regierung in Washington zufrieden? Oder stärken sie Trump? Eine republikanische Allianz lässt Düsteres für die Präsidentschaftswahl 2024 erahnen.
Iowa, Florida, Pennsylvania und Ohio, vier Wahlkampfauftritte in fünf Tagen. So beschloss Ex-Präsident Donald Trump sein Engagement für die Republikaner. Und für sich selbst. "Sehr, sehr, sehr bald werdet ihr sehr glücklich sein", kokettierte Trump mit seiner erneuten Bewerbung um eine Präsidentschaftskandidatur im Westen Pennsylvanias. In Ohio fügte er hinzu, am 15. November werde er "eine sehr große Ankündigung" machen. Auch wenn die Wähler am heutigen Dienstag nicht direkt über den kommenden Staatschef der USA bestimmen: Indirekt geht es genau darum.
Die Bedeutung der sogenannten midterm elections für das Machtgefüge der Regierung und innerhalb der Parteien ist immens. Das gesamte Repräsentantenhaus wird neu gewählt, ein Drittel der Senatoren, dazu viele Gouverneure - die Regierungschefs der Bundesstaaten -, sowie andere Ämter. Wenn die ersten Ergebnisse in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch bekannt gegeben werden, werden alle genau hinschauen, was die darüber hinaus verraten könnten. Am Mittwochmorgen deutscher Zeit wird im Großen und Ganzen klar sein, wohin die Reise für die Parteien geht.
Unterschiedliche Prioritäten
Ein Teil der Analysen wird sich damit beschäftigen, wie viel Unterstützung US-Präsident Joe Biden noch in der Bevölkerung hat und wie viel Einfluss ihm in den kommenden zwei Jahren in Washington D.C. noch bleibt. Den Umfragen zufolge wäre es ein kleines Wunder, sollten die Demokraten ihre knappe Mehrheit im Repräsentantenhaus halten. Verteidigen sie ihre hauchzarte Mehrheit im Senat, wäre es ein großer Erfolg. Doch Genaues weiß man laut den Statistikern von FiveThirtyEight nicht: "Die Republikaner sind nur eine Fehlertoleranz weg von einem Erdrutschsieg - oder der Vernichtung", analysiert das US-Medium die Lage.
Für die Wähler sind im Allgemeinen die wichtigsten Themen für ihre Entscheidung die Wirtschaftslage, die "Zukunft der Demokratie", Bildung und Gesundheitsversorgung. Die Prioritäten sehen in Verbindung mit der politischen Orientierung jedoch drastisch anders aus: Bei den Anhängern der Republikaner sind die wichtigsten Themen die Wirtschaft, Einwanderung und der Kampf gegen Gewaltverbrechen, bei denen der Demokraten sind es die "Zukunft der Demokratie", die Gesundheitsversorgung und das Abtreibungsrecht.
Müssen die Demokraten in beiden Kammern in die Opposition, wird das Triumphgeheul der Republikaner ohrenbetäubend sein. Zu Recht, da das Weiße Haus enormen Einfluss verlöre. Der Kongress hat die Hoheit bei Haushaltsfragen und damit ein Druckmittel, die Demokraten zu Zugeständnissen zu zwingen, die sie ihren Wählern nur schwer vermitteln können. All dies beeinflusst auch die Wahlchancen in zwei Jahren.
Gleiche Beliebtheit, andere Folgen
Biden ist derzeit ebenso wenig beliebt in der Bevölkerung wie es Trump kurz vor seinen Midterms war: Nur 38 Prozent sind mit seiner Präsidentschaft zufrieden. Bei vorherigen Zwischenwahlen verlor der Präsident meist mindestens in einer der Kongresskammern seine Mehrheit. Doch die hohe Zahl der Frühwähler lässt erahnen, dass die Demokraten trotz Bidens Unbeliebtheit erneut in Scharen an die Urnen gehen werden, um republikanische Kandidaten zu verhindern.
In der Analyse werden die Republikaner ganz genau hingucken, welche republikanischen Kandidaten wo gewonnen haben - und wer sie unterstützt hat. Innerhalb der konservativen Partei gibt es viele Flügel, Trumps "MAGA-Republikaner" bilden den einflussreichsten. Die Mehrheit der election deniers, also Republikaner, die wie Trump das Wahlergebnis von 2020 leugnen, haben gute Chancen, ins Amt zu kommen.
Das Ergebnis wird Einfluss darauf haben, wen die Republikaner 2024 zu ihrem Präsidentschaftskandidaten wählen werden. Die alles überlagernde Frage wird dabei sein: Wer hat die besten Chancen, das Weiße Haus zu erobern? Trump hat zwar kein politisches Amt, aber er dürfte mindestens indirekt die Agenda der kommenden zwei Jahre mitbestimmen. Da geht es etwa um die Durchlässigkeit der US-Südgrenze, Sozialprogramme und nicht zuletzt die Ukraine-Hilfen, welche nicht wenige Republikaner infrage stellen.
Allianz der Leugner
Wer die Senatsmehrheit halten wird, wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach in den besonders umkämpften Bundesstaaten Arizona, Georgia, Nevada, New Hampshire, Pennsylvania und Pennsylvania entscheiden. Aber nicht nur über den Kongress in Washington, auch auf Bundesstaatsebene wird um wichtige Ämter gerungen.
So geht es unter anderen auch um einige Gouverneure und ihre Secretaries of State - Staatssekretäre, die in vielen Bundesstaaten mitbestimmen, wie Wahlen durchgeführt und bestätigt werden. Damit haben sie enorme Bedeutung für die Präsidentschaftswahlen 2024. Insbesondere Republikaner wenden schon lange Taktiken an, um Bevölkerungsgruppen die Wahl zu erschweren, die traditionell zu den Demokraten tendieren.
Die Wahlleugner unter den republikanischen Kandidaten für die Staatssekretärsposten haben sich zu einer "America First Secretary of State Coalition" zusammengeschlossen. Niemand weiß, wie die sich verhalten werden, sollte ein möglicher Kandidat Trump in zwei Jahren knapp unterliegen.
Quelle: ntv.de