"King Zal" scheiterte an Taliban Trumps Top-Verhandler vor Scherbenhaufen
24.08.2021, 22:52 Uhr
Zalmay Khalilzad handelte für die Regierung Trump im Februar 2020 einen "Friedensvertrag" mit den Taliban aus.
(Foto: imago images/ZUMA Wire)
Der frühere US-Präsident Trump nutzt das Drama um den Abzug der NATO-Truppen für Häme gegen seinen Nachfolger Biden. Doch war es sein Sondergesandter für Afghanistan, der den Taliban in Doha Tor und Tür öffnete: Jetzt ist Spitzendiplomat "King Zal" auf Twitter verstummt.
Um Zalmay Khalilzad ist es plötzlich sehr still geworden. Jahrelang verhandelte der US-Sondergesandte für Afghanistan mit den radikalislamischen Taliban, er nahm an Gipfeltreffen in Luxushotels teil und trat als Gastredner in prestigeträchtigen Denkfabriken auf. Jetzt musste der in Afghanistan geborene Spitzendiplomat mit ansehen, wie die Taliban inmitten des US-Truppenabzugs die Macht wieder an sich rissen. Der 70-Jährige ist deswegen massiv in die Kritik geraten, Experten stellen ihm ein miserables Zeugnis aus.
Denn Khalilzad hatte sich immer überzeugt gezeigt, mit den Taliban einen Kompromiss aushandeln zu können, um dem Bürgerkriegsland endlich Frieden zu bringen. Er ist der Architekt des im Februar 2020 besiegelten Abkommens von Doha, in dem die USA den Taliban einen vollständigen Truppenabzug zusicherten.
"Vertrag von Doha war eine Kapitulation"
"Er hat schlecht verhandelt, die Taliban ermutigt und behauptet, Verhandlungen würden zu einer Übereinkunft der Machtteilung führen, obwohl die Taliban keinerlei Absicht hatten, die Macht zu teilen", sagt Husain Haqqani von der Denkfabrik Hudson Institute. Das unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump ausgehandelte Abkommen von Doha sei keine Friedensvereinbarung gewesen, sondern eine Kapitulation.
Trump hatte Khalilzad 2018 zum "Sondergesandten für Afghanistans Versöhnung" gemacht. Der im afghanischen Masar-i-Scharif geborene Diplomat schien wie geschaffen für die Aufgabe. Er hatte nach den Einmärschen der USA in Afghanistan 2001 und im Irak 2003 entscheidend an der Bildung neuer Regierungen in den beiden Ländern mitgewirkt und sich dabei den Ruf eines Mannes erworben, der zerstrittene Gruppen an den Verhandlungstisch bringen kann.
Freilassung von Taliban-Gründer Baradar erwirkt
Der Diplomat - Spitzname "King Zal" - sollte nun für Trump den Weg zu einem Truppenabzug aus Afghanistan ebnen, um den "längsten Krieg" der US-Geschichte zu beenden. Khalilzad übte zunächst Druck auf Pakistan aus, den inhaftierten Taliban-Mitbegründer Mullah Abdul Ghani Baradar freizulassen und für die Friedensgespräche nach Katar zu überführen.
Bei den Verhandlungen in der Hauptstadt Doha, von dem die afghanische Regierung ausgeschlossen blieb, soll der Diplomat ein gutes Verhältnis zu den Aufständischen aufgebaut haben. Bilder, die Khalilzad lachend mit den Islamisten zeigten, sorgten im von Gewalt erschütterten Afghanistan allerdings nicht eben für Erheiterung. Und als das Abkommen von Doha schließlich im Februar 2020 bei einer prunkvollen Zeremonie unterzeichnet wurde, hatte Khalilzad wenig Handfestes vorzuweisen.
Der Sondergesandte habe von den Taliban nur "vage Versprechen" mit Blick auf ihren Umgang mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida und künftige Friedensgespräche mit der afghanischen Regierung erhalten, kritisierte jüngst Kate Clark von der Expertengruppe Afghanistan Analysts Network. Die einzige feste Zusage sei der Verzicht auf Angriffe auf die US-Truppen und ihre Verbündeten gewesen.
Biden ließ Khalilzad im Amt
Im Gegenzug sagten die USA den Taliban einen vollständigen Truppenabzug bis zum 1. Mai 2021 zu. Damit begann die Uhr zu ticken - für die USA, aber auch für die afghanische Regierung, die kaum mehr Spielraum hatte. Trumps Nachfolger Joe Biden, der Khalilzad im Amt ließ, verschob die Frist zwar zunächst auf den 11. September und dann auf den 31. August, hielt aber grundsätzlich an dem vollständigen Abzug fest.
Der Rest ist bekannt: In den vergangenen Wochen überrannten die Taliban in atemberaubendem Tempo das Land und rissen schließlich am 15. August mit ihrem Einmarsch in der Hauptstadt Kabul die Macht an sich. Zwei Tage zuvor hatte der konservative US-Abgeordnete und Afghanistan-Veteran Michael Waltz in einem Brief an Biden scharfe Kritik an Khalilzad geübt und dessen Entlassung gefordert. Der Sonderbeauftragte habe den Präsidenten "schlecht beraten", seine diplomatische Strategie sei "spektakulär gescheitert".
Am selben Tag schickte Khalilzad seine bislang letzte Nachricht auf Twitter ab. Darin verlangte er von den Taliban ein "sofortiges Ende der Angriffe auf Städte" und warnte, eine durch Gewalt gebildete Regierung werde ein "geächteter Staat". Ein besonderes Gewicht maßen die Taliban dem offenbar nicht bei.
Quelle: ntv.de, Von David Fox, AFP