Politik

Trotz Warnungen aus der EU USA drängen Kiew wohl zur Aufgabe des ganzen Donbass

15.12.2025, 12:03 Uhr
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Schon lange versuchen die Russen, sich den gesamten Donbass einzuverleiben: Die Region ist reich an Bodenschätzen, unlängst wurden hier auch seltene Erden entdeckt. (Foto: picture alliance / Hans Lucas)

Der Donbass ist für die Ukraine strategisch enorm wichtig - und seit Jahren ein begehrtes Ziel der Russen. Denn fällt er ihnen zu, können sie leichter den Rest der Ukraine angreifen. Dessen ungeachtet verstärkt die US-Delegation den Druck auf die Ukraine.

Die US-Unterhändler fordern die Ukraine nach Angaben aus Kiew weiter zu einer Aufgabe des Donbass auf. Dies teilte ein hochrangiger Vertreter Kiews, der über die Berliner Gespräche zur Beendigung des russischen Angriffskriegs in der Ukraine informiert wurde, mit. Kiew werde dem aber nicht zustimmen. Die wichtige Region im Osten der Ukraine ist nur teilweise von Russland besetzt. Kremlchef Wladimir Putin will allerdings den gesamten Donbass beherrschen.

Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas hatte zuvor gewarnt, dass die Einnahme des gesamten Donbass im Osten der Ukraine nicht das Endziel von Putin sei. "Wir müssen verstehen, dass, wenn er den Donbass bekommt, die Festung gefallen ist und sie dann definitiv weitermachen werden, um die ganze Ukraine einzunehmen", warnte Kallas. "Wenn die Ukraine fällt, sind auch andere Regionen in Gefahr."

Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Armin Laschet, in der ARD. Die Donbass-Region sei strategisch wichtig für die Ukraine, um zu verhindern, dass sie noch mal überfallen werde. Der CDU-Politiker forderte die Europäer auf, den USA in den laufenden Ukraine-Verhandlungen auch die Gefahren aufzuzeigen. "Einfach Gebiete tauschen, ermöglicht halt keinen Frieden", sagte er. "Es wird auf jeden Fall eine entscheidende Woche."

Der Donbass ist etwas größer als die Schweiz. Er macht knapp zehn Prozent des ukrainischen Territoriums aus und besteht aus den Regionen Donezk und Luhansk. Das Gebiet ist bekannt für Bergbau und Industrie. Unlängst wurden hier auch seltene Erden entdeckt, vor allem Lithium und Titan.

Verhandlungen gehen weiter

In Berlin gehen indes die am Sonntag begonnenen Gespräche zwischen den USA und der Ukraine über einen möglichen Waffenstillstand im Krieg mit Russland weiter. Am Nachmittag wollen Bundeskanzler Friedrich Merz und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dann auf dem deutsch-ukrainischen Wirtschaftsforum reden, bevor sie zu einem bilateralen Treffen im Kanzleramt zusammenkommen. Am Abend sind Gespräche mit mehreren europäischen Staats- und Regierungschefs sowie den Spitzen von EU und Nato geplant. Außenminister Johann Wadephul betonte, dass es um ein Symbol der Geschlossenheit und Unterstützung für die Ukraine gehe.

Bereits am Sonntag hatten die US-Unterhändler Steve Witkoff und Jared Kushner, der Schwiegersohn von US-Präsident Donald Trump, mit Selenskyj mehrere Stunden verhandelt. Während Witkoff danach von großen Fortschritten sprach, äußerten sich andere mit den Gesprächen vertraute Personen vorsichtiger. Die zentrale Frage bleibe, dass die Ukraine Sicherheitsgarantien erhalte. Auch Selenskyj hatte vor seinem Abflug nach Berlin gesagt, dass sein Land auf eine Nato-Mitgliedschaft verzichten könnte, wenn es ausreichende Sicherheitsgarantien vor einem erneuten russischen Überfall erhalte. Zudem könne man auf Basis des derzeitigen Frontverlaufs Gespräche mit Russland beginnen.

Außenminister Wadephul sagte dazu: "Wenn das die Angebote der Ukraine sind, dann ist das doch eine Linie, auf die Russland sich einlassen kann." Russland müsse aber wissen, dass Deutschland und Europa an der Seite der Ukraine stünden. Auch er bezeichnet diese Woche als entscheidend für die Ukraine-Gespräche.

Moskau drang immer auf Nato-Verzicht

Russland bezeichnete einen Nato-Verzicht der Ukraine als eine grundlegende Frage bei möglichen Friedensgesprächen. Dies sei einer der Eckpfeiler und Gegenstand besonderer Diskussionen, sagte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow. Russland erwarte nach den Gesprächen der USA mit europäischen Ländern und der Ukraine in Berlin eine Unterrichtung durch die US-Regierung.

Während Trump auf ein schnelles Ende der Kämpfe drängt, fordern die Europäer die USA auf, die Ukraine in ihrem Abwehrkampf weiter zu unterstützen und das Land nicht in einen Diktatfrieden mit Russland zu drängen. Am Donnerstag wollen die Europäer deshalb auf dem EU-Gipfel den Weg frei machen, um mehr als 200 Milliarden Euro an eingefrorenem russischem Staatsvermögen für die Finanzierung des ukrainischen Abwehrkampfes zu nutzen. Dies würde den Militäretat der Ukraine für die kommenden zwei, drei Jahre finanzieren und gilt als entschiedenes Signal an Putin, dass er nicht mit einem Kollaps der Ukraine rechnen kann. Dies gilt auch deshalb als wichtig, weil Selenskyj innenpolitisch durch einen Korruptionsskandal im engsten Mitarbeiterkreis als schwer angeschlagen gilt.

Sowohl Russland als auch die USA lehnen die Nutzung dieser sogenannten frozen assets ab. Die russische Zentralbank reichte am Montag vor einem Gericht in Moskau Klage gegen die Nutzung des Geldes in Höhe von rund 195 Milliarden Euro ein.

Quelle: ntv.de, ghö/AFP/dpa

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