Harte Haltung gegenüber Banken Wall Street fürchtet eine Präsidentin Harris
23.07.2024, 18:37 Uhr Artikel anhören
Ein Sieg der Tochter von Einwanderern böte keine rosigen Aussichten für die Wall-Street-Banken.
(Foto: picture alliance / newscom)
Sollte Kamala Harris die Nachfolge von Joe Biden im Weißen Haus antreten, dürfte das auch an der Wall Street nicht spurlos vorbeigehen. Schon in der Vergangenheit hat sie sich immer wieder für eine stärkere Regulierung der Finanzbranche eingesetzt.
"Die Gier und der Missbrauch an der Wall Street haben unsere Wirtschaft 2008 zum Einsturz gebracht. Ich werde gegen jede Gesetzgebung kämpfen, die die großen Banken dereguliert." Dieser Social-Media-Post von Kamala Harris aus dem Jahr 2018 könnte ein Fingerzeig darauf sein, was die Wall Street, Krypto-Unternehmen und andere Akteure am Finanzmarkt erwartet, sollte die 59-jährige Demokratin ins Weiße Haus einziehen.
Auch bei US-Präsident Joe Biden steht die Finanzregulierung weit oben auf der Agenda - zum Leidwesen der Bankenbranche. Eine Präsidentin Harris dürfte diesen Kurs fortsetzen, erwarten Branchenexperten. "Harris steht weiter links als Biden, aber schon die Biden-Regierung hat sich als unglaublich progressiv erwiesen", erläutert Isaac Boltansky, Analyst beim Brokerhaus BTIG.
Harris gilt als Favoritin für eine Nominierung zur Präsidentschaftskandidatin der Demokraten, nachdem Biden aus dem Rennen ausgestiegen ist und ihr seine Unterstützung zugesichert hat. Von ihr erhofft sich die Partei höhere Chancen auf einen Wahlsieg gegen den republikanischen Kandidaten Donald Trump, der als Vorgänger Bidens der Finanzbranche größere Spielräume ließ.
Ein Sieg der Tochter von Einwanderern böte keine rosigen Aussichten für die Wall-Street-Banken, die sich von der Regulierung eingeschränkt sehen. Unter Biden wurden bestimmte Kreditkartengebühren abgeschafft, striktere Kontrollen der Schattenbanken eingeführt, mehr Transparenz bei Hedge-Fonds erzwungen und die Kapitalvorgaben für Banken verschärft. Auch Kryptofirmen wurden enger an die Leine genommen. Zu Harris' Plänen in der Finanzpolitik äußerte sich ihr Sprecher nicht.
"Wir sind der Ansicht, dass dies das Risiko für Finanzwerte und Kryptowährungen erhöht", schreibt Jaret Seiberg, Analyst bei der Investmentbank Cowen, mit Blick auf eine mögliche Regierung der Demokraten unter einer Präsidentin Harris. Die internationalen Baseler Kapitalvorschriften für Banken würden dann finalisiert werden. Dazu kämen Anforderungen, dass Banken mehr langfristige Schulden halten sollten. Auch Grenzen für Konto-Überziehungen sowie Limits für spezielle Bank-Gebühren würden dann vorangetrieben, führte Seiberg aus.
Scharfer Kurs gegen Geldhäuser
Harris hatte als Generalstaatsanwältin von Kalifornien einen scharfen Kurs gegen Geldhäuser gefahren. Sie unterstützte etwa Kreditnehmer, die durch laxe Kreditvergabe-Praktiken der Banken vor der Finanzkrise geschädigt wurden. 2016 leitete ihr Büro eine strafrechtliche Untersuchung des Skandals um gefälschte Konten bei der Großbank Wells Fargo ein. Als US-Senatorin stimmte Harris 2018 gegen ein Gesetz der damaligen Trump-Regierung, mit dem nach der Finanzkrise eingeführte Regeln zurückgenommen wurden. Die US-Notenbank Federal Reserve machte später diese Aufweichung der Vorschriften für den Kollaps der Silicon Valley Bank im Frühjahr 2023 mitverantwortlich.
Als Vizepräsidentin kündigte Harris 2023 eine Initiative der Verbraucherschutzbehörde CFPB an, um unbezahlte Arzt- und Behandlungsrechnungen armer Amerikaner aus den Kreditberichten der Auskunfteien zu entfernen. Harris unterstützte zudem einen Vorstoß der Behörde, der vorsieht, dass Hypotheken-Dienstleister in Zahlungsschwierigkeiten geratenen Kreditnehmern helfen sollen. Große Banken haben das CFPB unter seinem von Biden nominierten Direktor Rohit Chopra wiederholt scharf kritisiert. Sie sind sogar vor Gericht gezogen, um mehrere Vorschriften der Behörde wieder rückgängig zu machen.
Dieser Machtkampf würde BTIG-Analyst Boltansky zufolge unter Harris weitergehen. Der CFPB-Direktor sei dem Präsidenten unterstellt. Eine Demokratin im Weißen Haus würde Chopra große Freiheiten im Umgang mit den Themen Kreditkarten, Zahlungsunternehmen, Big-Tech-Firmen und allem anderen einräumen, mit dem sich die Behörde beschäftige.
Zu den prominenten progressiven Demokraten, die Harris unterstützen, gehört die Senatorin Elizabeth Warren, die Bidens Agenda zur Finanzregulierung mitgestaltet hat. Warren hatte in der Vergangenheit nicht gezögert, Parteifreunde zu kritisieren, die aus ihrer Sicht zu nachgiebig gegenüber Wall-Street-Firmen agierten. Harris habe in der Vergangenheit eine harte Haltung gegenüber Banken eingenommen, erzählt ein ehemaliger Regierungsmitarbeiter. Beim Thema Finanzregulierung sei sie aber nicht ganz so links wie Warren.
Quelle: ntv.de, jki/rts