USA planen Gefangenenaustausch Blinken will mit Lawrow sprechen
29.07.2022, 10:35 Uhr (aktualisiert)
Zuletzt waren Blinken und Lawrow Ende Januar in Genf aufeinandergetroffen.
(Foto: imago images/ITAR-TASS)
Seit Russland seinen Angriff auf die Ukraine begonnen hat, herrscht Funkstille zwischen Außenminister Lawrow und seinem US-Amtskollegen Blinken. Der will jetzt reden, unter anderem über die Freilassung von zwei US-Bürgern, die in Russland im Gefängnis sitzen.
US-Außenminister Antony Blinken will in den kommenden Tagen mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow sprechen - zum ersten Mal seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Dabei soll es um die Freilassung der US-Basketballerin Brittney Griner und ihres Landsmanns Paul Whelan gehen, sagte Blinken bei einer Pressekonferenz in Washington. Auch die Einhaltung des neuen Abkommens zum Export von Getreide aus der Ukraine will der US-Außenminister ansprechen. Die US-Regierung habe Moskau "schon vor Wochen einen substanziellen Vorschlag auf den Tisch gelegt", um die Freilassung Griners und Whelans zu erreichen, erklärte Blinken, ohne Details zu nennen.
Man hoffe, dass Russland darauf eingehe, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby. Die Entscheidung für ein solches Angebot sei nicht leicht gefallen. Die US-Regierung habe den Vorschlag öffentlich gemacht, "damit die Welt weiß, wie ernst es den Vereinigten Staaten ist, unsere Bürger nach Hause zu holen".
Das russische Außenministerium teilte am Abend mit, es gebe kein offizielles Gesuch für ein solches Gespräch. Statt Diplomatie per "Megafon" zu betreiben, solle sich Washington an die diplomatische Praxis halten, hieß es in Moskau.
Griner wegen Cannabis-Öl in Haft
Die in Russland inhaftierte US-Basketballerin Brittney Griner war 17. am Februar auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo wegen eines Drogendelikts festgenommen worden. Bei der Kontrolle ihres Gepäcks im Februar soll sie sogenannte Vape-Kartuschen und eine geringe Menge Cannabis-Öl bei sich gehabt haben. Griner hat ihre Schuld eingestanden, verteidigte sich am Mittwoch aber vor Gericht: Sie habe medizinisches Marihuana in Absprache mit ihrem Arzt als schmerzstillendes Mittel verwendet und hatte "nicht die Absicht, irgendein Gesetz der Russischen Föderation zu verletzen".
Die US-Regierung kritisiert, dass Griner zu Unrecht festgehalten werde. Den Vorwurf, der Prozess gegen Griner sei politisch motiviert, weist Moskau zurück. Das Verhältnis zwischen beiden Ländern war schon vor Kriegsbeginn zerrüttet, seither hat es sich nochmals drastisch verschlechtert.
Paul Whelan, der mehrere Staatsbürgerschaften hat, war im Dezember 2018 in Russland verhaftet und der Spionage beschuldigt worden. Er soll in Russland geheime Informationen auf einem Datenträger entgegengenommen haben. Im Juni 2020 wurde er zu einer 16-jährigen Haftstrafe mit der Möglichkeit eines Aufenthalts in einem Arbeitslager verurteilt. Whelan kritisierte das Verfahren als politische Inszenierung.
US-Medien mutmaßen, dass der in den USA inhaftierte russische Waffenhändler Viktor Bout Teil des Angebots aus Washington sein könnte. Moskau fordert seit Jahren die Auslieferung des früheren Sowjetoffiziers, der Autokraten und Rebellen in zahlreichen Ländern illegal mit Waffen ausgerüstet haben soll. Kirby bestätigte die Spekulationen auf Nachfrage nicht und betonte lediglich, keine weiteren Angaben zur Art des Angebots zu machen. Bereits im April hatten die USA und Russland inmitten des Ukraine-Kriegs überraschend Gefangene ausgetauscht. Am Flughafen der türkischen Hauptstadt Ankara war der Russe Konstantin Jaroschenko gegen den US-Amerikaner Trevor Reed ausgetauscht werden. Angesichts der verhärteten Fronten zwischen Washington und Moskau kam die Entwicklung damals unerwartet.
Auch Getreideabkommen soll Thema sein
Blinken kündigte an, bei dem Gespräch mit Lawrow auch über die Einhaltung des neuen Abkommens zur geschützten Ausfuhr von Getreide aus der Ukraine sprechen zu wollen. "Ich werde auch die vorläufige Vereinbarung über Getreideexporte ansprechen, die die Ukraine, Russland, die Türkei und die Vereinten Nationen letzte Woche getroffen haben", sagte der US-Chefdiplomat. "Die Vereinbarung ist ein positiver Schritt nach vorn, allerdings gibt es einen Unterschied zwischen einer Vereinbarung auf dem Papier und einer Vereinbarung in der Praxis."
Am Freitag hatten die Kriegsgegner Ukraine und Russland mit den UN und der Türkei ein Abkommen unterzeichnet, um Getreideausfuhren von drei ukrainischen Häfen über das Schwarze Meer zu ermöglichen. Von der Vorjahresernte warten ukrainischen Angaben zufolge noch über 20 Millionen Tonnen Getreide auf die Ausfuhr. Der Hafenbetrieb war nach der russischen Invasion Ende Februar aus Sicherheitsgründen eingestellt worden. Die Ukraine hatte zudem ihre Küste zum Schutz vor russischen Landungseinsätzen vermint.
(Dieser Artikel wurde am Donnerstag, 28. Juli 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, ino/dpa