Der Kriegstag im Überblick Ukraine bombardiert Moskaus Nachschubrouten - Selenskyj zeigt sich siegessicher
28.07.2022, 21:23 Uhr
Die ukrainische Armee zerstört gezielt Brücken, um die durch die Russen besetzten Gebiete von den Versorgungsrouten abzuschneiden.
(Foto: IMAGO/ZUMA Wire)
Die Ukraine macht nach eigenen Angaben und nach Einschätzung westlicher Geheimdienste Fortschritte bei ihren Bemühungen um die Rückeroberung von Teilen der Südukraine. Die Bombardierung von drei Brücken über den Dnipro erschwere Moskau die Versorgung der besetzten Gebiete, heißt es aus dem britischen Verteidigungsministerium. Auch die Stadt Cherson als politisch bedeutendste Stadt in der Region unter russischer Kontrolle sei vom Rest der besetzten Gebiete nun so gut wie abgeschnitten. Derweil gehen die Kämpfe im Osten der Ukraine unvermindert weiter und nähern sich den Städten Bachmut und Soledar. Der 155. Kriegstag im Überblick.
Ukraine zielt offenbar auf Moskaus Nachschubrouten
Der ukrainische Generalstab teilte bei Facebook mit, im Gebiet Cherson gebe es aktuell Positionskämpfe, und russische Truppen seien zu Gegenangriffen an der Grenze zum Gebiet Dnipropetrowsk übergegangen. Kiew nährt seit Wochen Hoffnungen auf eine baldige Rückeroberung von Teilen der Südukraine.
Bereits am Mittwoch war aus westlichen Sicherheitskreisen verlautet, die Ukraine mache bei ihrer Gegenoffensive im Gebiet Cherson Fortschritte. Angesichts der zerstörten oder beschädigten Brücken, verliere Moskau wichtige Nachschubrouten. Auf russischer Seite gebe es ernsthafte Probleme bei der Versorgung und der Moral der Streitkräfte. "Unserer Ansicht nach ist eine operative Pause unausweichlich", sagte ein hochrangiger westlicher Beamter.
Selenskyj will Ukraine befreien und wiederaufbauen
Die bombardierten Brücken sowie weitere zerstörte Teiles des Landes, versprach der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nach der Rückeroberung wieder aufzubauen. An dem neuen Feiertag zur Staatlichkeit des Landes zeigte er sich siegessicher: "Wir werden unser ganzes Land mit militärischen, diplomatischen und allen anderen zugänglichen Instrumenten befreien." Die Ukraine hat Selenskyj zufolge bisher die Kontrolle über rund 20 Prozent ihres Staatsgebietes verloren. Er forderte vom Westen mehr schwere Waffen, um russische Angriffe zu stoppen und besetzte Gebiete zu befreien.
Bundeswehr liefert der Ukraine ABC-Abwehrpaket
Zwar keine schweren Waffen, dafür aber Fahrzeuge und Ausrüstung zur Beseitigung von atomaren, biologischen oder chemischen Kampfstoffen stellt die Bundeswehr den ukrainischen Streitkräften bereit. "Ich habe entschieden, jetzt auch ein deutsches ABC-Abwehrpaket zu liefern", teilte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht mit." Das Paket im Wert von über 860.000 Euro umfasse Systeme vom Typ HEP70, zu dem sechs Fahrzeuge mit kompletter Dekontaminierungs-Ausstattung gehörten. Die Ausbildung ukrainischer Soldaten und Soldatinnen an dem Gerät sei bereits abgeschlossen.
Anhaltende Kämpfe in der Ostukraine
Im östlichen Kriegsgebiet Donezk nähern sich unterdessen die Kämpfe zwischen den Truppen Kiews und Moskau weiter den Städten Bachmut und Soledar. Bei Werschyna, südöstlich von Bachmut, habe der Gegner Teilerfolge erzielt, teilte der ukrainische Generalstab mit. Andere Angriffe im Raum Bachmut und auch beim benachbarten Soledar seien hingegen abgewehrt worden. Auch nördlich von Slowjansk seien russische Attacken gescheitert. Im Donezker und im angrenzenden Gebiet Charkiw seien erneut ukrainische Stellungen in Dutzenden Orten durch Artillerie beschossen worden. Zudem habe es Luftangriffe gegeben.
Medien: Zivilisten durch russische Raketen getötet
In der zentralukrainische Stadt Kropwnizkyj wurden mindestens fünf Menschen durch einen russischen Raketenangriff getötet und 26 weitere verletzt, wie ukrainische Medien unter Berufung auf den Leiter der dortigen Militäradministration, Andrij Rajkowitsch, berichten. Unter den Verletzten seien auch Zivilisten. Bei weiteren Raketenangriffen in der Region Kiew wurden nach Angaben der Online-Zeitung "Ukrajinska Prawda" mindestens 15 Menschen verletzt. Auch hier seien Zivilisten betroffen.
Moskau nennt US-Bericht zu russischen Toten "Fake"
Auch auf russischer Seite steigt nach Schätzungen aus den USA die Opferzahl. Der Kreml in Moskau wies die in den USA genannten Zahlen jedoch nun als "Fake" zurück. Dies seien auch keine Angaben der US-Regierung, sondern lediglich Medienberichte, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Der Sender CNN hatte Elissa Slotkin, eine demokratische Abgeordnete aus dem Repräsentantenhaus zitiert, die zuvor an einem geheimen Briefing der US-Regierung teilgenommen hatte. Sie sagte demnach: "Wir wurden darüber informiert, dass mehr als 75.000 Russen entweder getötet oder verletzt wurden, was enorm ist."
Aktuelle Angaben der offiziellen Stellen in Russland zu Totenzahlen gibt es nicht. Zuletzt wurde die Zahl von 1351 Toten genannt. Der US-Auslandsgeheimdienst CIA hatte zuletzt geschätzt, dass auf russischer Seite bereits 15.000 Menschen ums Leben gekommen seien. In der Ukraine gelten die eigenen Verluste als Staatsgeheimnis. Präsident Selenskyj zeichnete allerdings bis Mitte Juli rund 3500 tote Soldaten postum mit Orden aus. Präsidentenberater Olexij Arestowytsch bezifferte die Verluste Anfang Juni auf "bis zu 10.000".
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Quelle: ntv.de, hny/dpa