Satelliteninternet von Elon Musk Ukraine nutzt Starlink bei Drohnenangriffen
24.03.2022, 15:01 Uhr
Ukrainischen Angaben zufolge konnten Drohnen schon russische Panzer ausschalten.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Anfang März stattet Elon Musk die Ukraine mit Infrastruktur für Starlink aus. Der über Weltraum-Satelliten laufende Internetzugang scheint seitdem nicht nur in der Zivilbevölkerung zum Einsatz zu kommen. Eine ukrainische Drohnen-Einheit greift offenbar intensiv auf den Dienst zurück.
Der Krieg tobte erst wenige Tage, da schaltete sich Elon Musk in das Geschehen ein - auf Bitten des ukrainischen Digitalministers. Mykhailo Fedorov fragte den Tesla-Chef via Twitter nach Starlink-Stationen, worauf Musk gewohnt unbürokratisch reagierte und umgehend Endgeräte des Internetdienstes in die Ukraine lieferte. Von einigen zunächst als PR-Aktion abgespeist, scheint Starlink inzwischen tatsächlich eine wichtige Stütze dabei zu sein, das Land online zu halten. Nicht nur Präsident Selenskyj kann darüber seine Reden in Parlamente weltweit übertragen, auch das ukrainische Militär profitiert offenbar und setzt Starlink bei Drohnenangriffen ein.
Grundlage für das von Musks Weltraumunternehmen SpaceX betriebene Starlink ist ein Netz aus Satelliten. Mehr als 2000 von ihnen hat das Unternehmen bereits in den Erdorbit befördert. Durch eine Verbindung zu Endgeräten am Boden ist so Internetempfang ohne Kabelanschluss möglich. Die Idee: Selbst entlegenste Weltregionen mit Internet zu versorgen.
Regelmäßig werden neue Empfänger in die Ukraine gebracht, erklärte Fedorov auf Twitter. Den Lieferungen beigelegt seien auch leistungsstarke Akkus von Musks zweiter Firma Tesla, wodurch die Terminals für den mobilen Einsatz genutzt werden können, berichtet die "Welt". Das kommt den ukrainischen Streitkräften zugute. Laut einem Bericht von "The Telegraph" nutzen Drohnen-Truppen den Service, um russische Panzer und Stellungen zu attackieren. Vor allem in den ländlichen Gebieten, in denen die Internetverbindung schwach ist, sei Starlink derzeit von militärischer Bedeutung.
Angriffe auf Panzer
Der britischen Tageszeitung zufolge greift insbesondere die Einheit Aerorozvidka, übersetzt Luftaufklärung, auf den Dienst zurück. Dort nutzt man die Drohnen einerseits zur Überwachung und Koordinierung von Artillerie-Schlägen, sie würden aber auch direkt russische Panzer und Stellungen angreifen. Demnach stellen die Soldaten über Starlink zunächst eine Verbindung zu strategischen Datenbanken her. Sei dann ein Angriffsziel ausgemacht, würden sie die unbemannten Flugkörper darüber steuern und etwa Anti-Panzer-Bomben abwerfen.
Ein Offizier von Aerorozvidka beschreibt der Londoner "Times" das Vorgehen wie folgt: "Wir schlagen nachts zu, wenn die Russen schlafen. Wir suchen gezielt nach den wertvollsten Fahrzeugen in einem Konvoi. Wir treffen sie dann genau und können das mit geringen Kollateralschäden machen - selbst in Dörfern. Die mit Wärmebildkameras ausgestatteten Drohnen seien in der Dunkelheit "unmöglich zu erkennen".
Die hoch entwickelten Flugobjekte der Einheit seien mit Starlink verbunden, so der Offizier. Verschiedene Truppen könnten darüber auch Angriffe untereinander absprechen. "Wir benutzen Starlink-Ausrüstung und verbinden das Drohnenteam mit den Artillerie-Truppen. Drohnen könnten so Ziele bestimmen und die Position an einen Artillerie-Soldaten weitergeben." Nur durch die hohen Datenraten von Starlink sei eine stabile Kommunikation möglich.
Aerorozvidka verfügt der "Times" zufolge über 50 Einheiten erfahrener Drohnenpiloten, die bereits Dutzende militärische Ziele ausgeschaltet hätten. Einige ihrer Drohnen sind speziell für Bombenabwürfe modifiziert. Zudem fliege die Truppe bis zu 300 Aufklärungsmissionen täglich. Gesammelte Informationen werden in ein von der NATO unterstütztes Überwachungssystem eingespeist.
Einsatz nicht ungefährlich
Im weiteren Verlauf des Krieges könnte Starlink immer mehr an Bedeutung gewinnen, denn Stromausfälle und Störungen der Internetverbindung in der Ukraine werden durch die russischen Angriffe wohl weiter zunehmen. Zudem wird Starlink auch von der Zivilbevölkerung zunehmend benutzt. Mehr als 100.000 Menschen in der Ukraine hätten die zugehörige App bereits heruntergeladen, heißt es im "Telegraph". Es sei das einzige nicht-russische Kommunikationssystem, das in einigen Teilen der Ukraine noch funktioniere, so Musk.
Doch der Einsatz ist nicht ganz ungefährlich. Musk selbst warnte bereits davor, dass Starlink ins Visier russischer Angriffe genommen werden könne. Denn die Terminals sind aus der Luft erkennbar. Auch können die Empfangsgeräte womöglich geortet werden. "Schalten Sie Starlink nur bei Bedarf ein und platzieren Sie die Antenne so weit wie möglich von Personen entfernt", riet der Tesla-Chef Anfang März. Es hat offenbar auch bereits Versuche von russischer Seite gegeben, die Starlink-Sender zu stören. Musk entgegnete dem auf Twitter: Ein neues Update könne die Störsender umgehen.
Quelle: ntv.de