Politik

Mahnruf an Seenotretter Meloni will Migrantenboote stoppen

Meloni will Geflüchtete in "Hotspot-Gebieten" in Nordafrika strenger kontrollieren und so illegale Abreisen verhindern.

Meloni will Geflüchtete in "Hotspot-Gebieten" in Nordafrika strenger kontrollieren und so illegale Abreisen verhindern.

(Foto: picture alliance / ANSA)

In ihrer ersten Rede vor dem Parlament bekräftigt Italiens neue Staatschefin Meloni ihre strikte Flüchtlingspolitik: Migrantenboote will sie nicht dulden. Zudem gibt die ultrarechte Politikerin an, "niemals" mit dem Faschismus sympathisiert zu haben. Für Mussolini fand sie jedoch einst lobende Worte.

Italiens neue Ministerpräsidentin Giorgia Meloni will mit ihrer Regierung verhindern, dass Bootsmigranten über das Mittelmeer ins Land einreisen. "Diese Regierung will einen bis heute kaum beschrittenen Weg gehen: die illegalen Abreisen stoppen und endlich den illegalen Menschenhandel im Mittelmeer zerbrechen", sagte die Parteichefin der rechtsradikalen Fratelli d'Italia in ihrer ersten programmatischen Rede vor der Abgeordnetenkammern in Rom.

Am Abend gewann Meloni in der Abgeordnetenkammer die erste von zwei nötigen Vertrauensabstimmungen deutlich. Von 389 anwesenden Parlamentariern stimmten 235 für ihre Regierung, 154 dagegen und 5 enthielten sich. Insgesamt fasst die größere der beiden Parlamentskammern 400 Abgeordnete. Am Mittwoch muss sich Meloni im kleineren Senat dem zweiten Votum stellen.

"Wenn ihr nicht wollt, dass ich von Schiffsblockaden spreche, sage ich es eben so", sagte Meloni. Im Wahlkampf hatte die 45-Jährige vorgeschlagen, der "Masseneinwanderung" mit einer solchen Blockade beizukommen. Sie fuhr fort, dass ihre rechte Regierung in Abstimmung mit den Behörden der nordafrikanischen Länder in den "Hotspot-Gebieten" Zentren einrichten wolle, in denen internationale Organisationen prüften, ob die Menschen ein Recht auf Asyl hätten. "Wir wollen nicht das Asylrecht für diejenigen zur Diskussion stellen, die vor Hinrichtungen fliehen", sagte Meloni in ihrer mehr als einstündigen Rede. Man wolle lediglich verhindern, dass Schleuser entscheiden, wer nach Italien kommen dürfe.

Melonis Aussagen sind ein schlechtes Signal für die zivilen Seenotretter im Mittelmeer, die regelmäßig Hunderte Migranten aufnehmen, die auf dem Weg von Libyen oder Tunesien in Richtung Italien in Seenot geraten. Derzeit sind dort die unter deutscher Flagge fahrende "Humaity 1" der Organisation SOS Humanity und die unter norwegischer Flagge fahrende "Ocean Viking" von SOS Méditerranée unterwegs. Sie nahmen bislang mehr als 250 Migranten an Bord.

Der neue Innenminister Matteo Piantedosi - ein Lega-naher Experte - wies der Nachrichtenagentur Ansa zufolge Polizei und Hafenbehörden an, den Flaggenstaaten mitzuteilen, dass die Schiffe nicht im Sinne der europäischen und italienischen Grenzsicherungs- und Kontrollnormen sowie denen für illegale Migration agierten.

Meloni habe "nie Sympathie" für Faschismus empfunden

In ihrer Rede betonte Meloni zudem, zu keinem Zeitpunkt mit dem Faschismus sympathisiert zu haben. Sie habe "niemals Sympathie oder Nähe für antidemokratische Regimes empfunden. Für kein Regime, auch nicht für den Faschismus", sagte sie. "Genauso habe ich die Rassengesetze von 1938 immer als den Tiefpunkt der italienischen Geschichte betrachtet, als eine Schande, die unser Volk für immer prägen wird." Unter Diktator Benito Mussolini hatten die Faschisten im Jahr 1938 etliche Verordnungen erlassen, durch die Jüdinnen und Juden in dem Land schikaniert, verfolgt und schließlich auch deportiert wurden.

Meloni trat als 15-Jährige in die Jugendorganisation des Movimento Sociale Italiano (MSI) ein, einer Partei, die nach dem Zweiten Weltkrieg von Faschisten gegründet worden war. 2012 gründete sie dann die Partei Fratelli d'Italia, die in ihrem Symbol noch heute eine Flamme hat, welche an das Grab Mussolinis erinnert. Meloni betonte immer wieder, dass sie stolz auf das Wappen sei.

Als Teenager hatte sie in den 1990er Jahren in einem Interview im französischen Fernsehen gesagt, dass Mussolini ein "guter Politiker" gewesen sei. In ihrer Rede im Parlament sagte sie nun: "Die Totalitarismen des 20. Jahrhunderts haben ganz Europa, nicht nur Italien, mehr als ein halbes Jahrhundert lang in einer Reihe von Gräueln zerrissen, die die meisten europäischen Staaten betrafen. Gräuel und Verbrechen, von wem auch immer begangen, verdienen keinerlei Rechtfertigung und werden nicht durch andere Gräuel und andere Verbrechen kompensiert. Am Abgrund wird nicht verglichen: Man stürzt einfach hinein."

Neben den Fratelli sind die rechtspopulistische Lega, die konservative Forza Italia und eine kleine Zentrumsgruppe in Melonis Koalition, die auch im Ausland Sorgen vor einer Verharmlosung des Faschismus schürte. An diesem Donnerstag jährt sich zum 100. Mal der Beginn des sogenannten "Marsch auf Rom", mit dem Mussolini und die Faschisten in der Nacht vom 27. zum 28. Oktober 1922 die Macht in Italien an sich rissen.

(Dieser Artikel wurde am Dienstag, 25. Oktober 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, mbu/dpa

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