"Feigheit und Appeasement" Uni Leipzig lädt israelischen Historiker wieder aus
01.12.2024, 14:26 Uhr Artikel anhören
Benny Morris sollte an der Uni Leipzig einen Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung "Traditionen und Gegenwart des Antisemitismus" halten. Dazu kommt es jetzt nicht mehr.
(Foto: dpa)
Mit der kritischen Auseinandersetzung wird es nichts: Die Universität Leipzig sagt nach Protesten einzelner studentischer Gruppen - kurzerhand den geplanten Vortrag eines israelischen Wissenschaftlers ab. Dieser nennt die Absage "schändlich", vor allem weil der Grund Angst vor möglicher Gewalt gewesen sei.
Die Universität Leipzig hat einen für die kommende Woche geplanten Vortrag des israelischen Historikers Benny Morris abgesagt. Grund seien Äußerungen des Historikers, die teilweise als verletzend und sogar rassistisch gelesen werden können, teilte die Uni mit. Dies habe zu verständlichen, allerdings in der Art und Weise beängstigenden Protesten seitens einzelner studentischer Gruppen geführt.
Verschiedene Gruppen hätten die Theologische Fakultät aufgefordert, den Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung "Traditionen und Gegenwart des Antisemitismus" abzusagen. "Zusammen mit entstandenen Sicherheitsbedenken führen die genannten Punkte dazu, dass der Vortrag von Prof. Benny Morris nicht stattfinden wird", hieß es vonseiten der Universität.
Kritische Diskussion war geplant
Der Zweck der Veranstaltung mit Morris bestand demnach in der kritischen Auseinandersetzung, nicht in der Befürwortung seiner Thesen oder gerade auch späterer Aussagen. Die Universität betonte, dass eine Einladung von Vortragenden prinzipiell keine notwendige Übereinstimmung mit deren Ansichten bedeute: "Wir distanzieren uns entschieden von Prof. Morris' kontroversen Aussagen."
Morris kritisierte die Absage in der israelischen Zeitung "Haaretz" als "schändlich", vor allem weil der Grund Angst vor möglicher Gewalt der Studenten gewesen sei. Der Geschichtsprofessor sprach von "Feigheit und Appeasement par excellence".
Im Februar dieses Jahres erst wurde an der Humboldt-Universität in Berlin eine Podiumsdiskussion mit einer israelischen Verfassungsrichterin abgebrochen, weil Aktivisten die Veranstaltung störten. Anschließend kritisierten die Leitungen der Universität und der Hertie School die Proteste: "Ich empfinde es als beschämend gegenüber den Gästen, die wir zu einer wichtigen Diskussion eingeladen haben, dass diese nicht wie geplant stattfinden konnte. Wir als Universität sind ein Ort, an dem auch äußerst kontroverse Positionen diskutiert werden können. Aber das geht nur, wenn man sich gegenseitig zuhört", so Julia von Blumenthal, Präsidentin der Humboldt-Universität. Cornelia Woll, Präsidentin der Hertie School, erklärte: "Wissenschaft lebt von Dialog und Austausch. Diesen Raum müssen wir auch an Universitäten anbieten, um konkurrierende Meinungen zu diskutieren."
Quelle: ntv.de, ghö/dpa