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Anfragen für Russland? Union und SPD nehmen AfD in die Zange - die wehrt sich

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Unter russischer Kontrolle? Der AfD-Abgeordnete Frohnmaier wehrte sich gegen die Vorwürfe.

Unter russischer Kontrolle? Der AfD-Abgeordnete Frohnmaier wehrte sich gegen die Vorwürfe.

(Foto: picture alliance/dpa)

Im Thüringer Landtag, aber auch im Bundestag stellt die AfD viele Anfragen an die Regierung. Oft geht es um die Bundeswehr, um kritische Infrastruktur. Auf Union und SPD wirkt das, wie von Putin bestellt. Im Bundestag stellen sie die AfD zur Rede.

Ist die AfD so patriotisch wie sie immer tut - oder steckt sie mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin unter einer Decke? Versucht sie gar für Russland zu spionieren? Rednerinnen und Redner aller Fraktionen, darunter Ex-SPD-Minister Hubertus Heil, warfen der AfD genau das am späten Nachmittag im Bundestag vor - und stießen dabei auf empörte Gegenrede der Partei. CDU und CSU hatten eine aktuelle Stunde zum Thema anberaumt, so etwas wie die Talkshow des Bundestags. Es geht dabei nicht um Gesetzentwürfe oder Anträge, sondern über Themen, zu denen es Redebedarf gibt.

Den sahen Union und SPD, weil ihnen viele Anfragen der AfD seltsam vorkommen. Oft geht es dabei um die Bundeswehr oder kritische Infrastruktur. Innerhalb von zwölf Monaten habe es 47 Anfragen der AfD "sehr detailliert und konkret zur kritischen Infrastruktur" gegeben, sagte CDU-Politiker Marc Henrichmann. Der ist Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags, das die deutschen Geheimdienste beaufsichtigt. Mit Spionage sollte er sich also auskennen. Lege man die Anfragen nebeneinander, werde ein Bild draus, sagte er.

Die AfD wolle beispielsweise in Landtagen oder im Bundestag wissen, welche militärischen Güter durch Thüringen transportiert werden und wie das genau ablaufe. Wie Deutschland sein Stromnetz im Notfall wieder hochfahren könnte oder welche Unternehmen in Deutschland Drohnen produzieren und welche Kapazitäten sie haben.

Heil: "Sie sind das trojanische Pferd des Kreml"

Für die SPD fragte Ex-Arbeitsminister Hubertus Heil, ob die Landes- oder Bundestagsabgeordneten das im Interesse ihres Wahlkreises gefragt hätten. "Wem nützen diese Fragen? "Denjenigen, die diese Sicherheit unterminieren wollen", sagte er und rief in Richtung AfD: "Sie sind das trojanische Pferd des Kreml!" Ziemlich ähnlich äußerten sich auch Grüne und Linke - die die Unionsparteien nebenbei aufforderten, der Prüfung eines Verbotsverfahrens gegen die AfD zuzustimmen, was diese aber ablehnen.

Fragen werfen die Anfragen der AfD tatsächlich auf, allerdings gibt es keine Beweise, dass diese Anfragen tatsächlich im Auftrag Russlands gestellt werden. Allerdings lädt die AfD geradezu diese Zweifel ein, durch mehrere fragwürdige Personalien. Immer wieder nannten die Abgeordneten Petr Bystron, Maximilian Krah und Markus Frohnmaier. Letzterer sei "unter absoluter Kontrolle", wie es laut Medienberichten in einem Kreml-Papier vor der Bundestagswahl 2017 geheißen haben soll. In jedem Fall reiste er mehrfach nach Russland, pflegte enge Kontakte in Putins Reich.

Gegen den Europaabgeordneten Bystron wird ermittelt, weil er für Geld Russland-Propaganda im Sender "Voice of Russia" verbreitet haben soll. Ein Mitarbeiter von Maximilian Krah, ebenfalls Europaabgeordneter, wurde zu knapp fünf Jahren Haft wegen Spionage für China verurteilt. Es gibt noch weitere Verdachtsmomente. Ein Mitarbeiter des Abgeordneten Edgar Naujok bekam keinen Hausausweis für den Bundestag, weil seine Russland-Kontakte zu bedenklich gewesen seien.

Nur "Lügen und Unterstellungen"?

Die Liste ließe sich noch fortsetzen. Hinzukommt: AfD-Politiker sind regelmäßig in der russischen Botschaft zu Gast und reisen regelmäßig nach Russland - laut ARD planen die Abgeordneten Steffen Kotré und Rainer Rothfuß einen Besuch in Moskau noch im November. Ist da mehr als ein Geschmäckle? Nach dem Motto, wo Rauch ist, muss auch Feuer sein?

Gegen diesen Eindruck wehrte sich die AfD nach Kräften. Der umstrittene Abgeordnete Frohnmaier sprach selbst im Plenum und behauptete, CDU und CSU wollten nur von eigenen Problemen ablenken. Die Vorwürfe, er stehe unter der Kontrolle Russlands, tat er als Gerede "irgendwelcher Russen, die ich gar nicht kenne", ab. Der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner sprach von "Lügen und Unterstellungen" und "einer Stunde Geschwurbel vom Feinsten".

So prallten die Vorwürfe erwartungsgemäß an der AfD ab. Es war der CDU-Abgeordnete Knut Abraham, ein ausgebildeter Diplomat und Regierungsbeauftragter für Polen, der noch einen anderen Punkt ansprach. Es sei nötig, Gesprächskanäle nach Russland offenzuhalten, räumte der ausgebildete Diplomat ein. Dabei müsse man aber Propaganda von der Wahrheit unterscheiden können. Das tue die AfD nicht.

Warum, fragte Abraham, höre man nie ein kritisches Wort über Putin seitens der AfD? Warum verurteile sie nie den russischen Angriffskrieg? Warum fordere sie nicht die Freilassung politischer Gefangener? "Dieser Partei geht es nicht um Patriotismus, sondern um Putin. Sie interessieren sich nicht für Russland, Sie interessieren sich für Putin", sagte er an die AfD gerichtet. "Kein deutscher Patriot ist bei Ihnen an der richtigen Adresse."

Thüringer Innenminister: Acht Anfragen an einem Tag

Dass das Thema der Russlandverbindungen der AfD derzeit erneut intensiv diskutiert wird, liegt auch an Georg Maier. Der Innenminister aus Thüringen hatte vor wenigen Wochen die Vermutung geäußert, dass die AfD ihr parlamentarisches Fragerecht verwende, um gezielt die Sicherheitsbehörden und die kritische Infrastruktur auszuforschen. Es dränge sich der Eindruck auf, dass die AfD-Abgeordneten eine Auftragsliste des Kremls abarbeiten würden, sagte der SPD-Politiker dem "Handelsblatt".

Die Reaktion der AfD ließ nicht lange auf sich warten: Der rechtsextremistische Thüringer AfD-Chef Björn Höcke fordert den Rauswurf Maiers, will ihn unter anderem nun wegen Verleumdung verklagen. Die "Kleinen Anfragen", um die es geht, seien schließlich ein wichtiges Recht der Opposition. Doch der Innenminister denkt gar nicht daran, seine Aussagen zurückzunehmen. Im Gegenteil: Im Gespräch mit ntv.de gibt er erneut Beispiele an, die ihm zu denken geben. So habe der AfD-Landtagsabgeordnete Ringo Mühlmann im Juli an einem Tag allein acht Kleine Anfragen zum Thema der Drohnenabwehr im Bundesland gestellt.

Dabei will dieser nicht nur wissen, welche technischen Systeme die Polizei zur Abwehr nutzt, sondern beispielsweise auch in welchem Umfang Einsatzkräfte in dem Bereich seit 2023 "geschult, unterwiesen oder sensibilisiert" worden seien. Oder welche Drohnenabwehrsysteme auch in Kooperation mit den Bundes- oder Landesbehörden noch getestet oder vorgeführt worden sind. Insgesamt würden die Dutzenden Fragen bei weitem das übersteigen, was ein Abgeordneter verarbeiten kann, meint Innenminister Maier.

"Grundgesetz verpflichtet zur Wachsamkeit"

Sein Verdacht: Bei der Vielzahl der Anfragen gehe es nicht nur ums Ausforschen. "Was glauben Sie, wie viel Manpower es braucht, um all die Kleinen Anfragen zu beantworten?", fragt Maier. Mehr als 1000 davon habe die AfD bereits in dieser Legislatur nach gut einem Jahr gestellt. Beim Fragen formulieren könne man sich ja noch von der KI helfen lassen, sagt er, aber beim Antworten müssten die Behörden natürlich gründlich vorgehen, was enorm viele Mitarbeiter binden würde.

Käme eine Antwort mal nicht im erwarteten Umfang, sei die AfD auch sehr klagefreudig. "Wir müssen uns von dem Gedanken verabschieden, dass die AfD ständig Gesetze bricht, um der Demokratie zu schaden", so Maier. "Die Partei nutzt dafür allzu gern die demokratischen Rechte und Instrumente selbst, um die Demokratie von innen anzugreifen." Und auch das fügt er noch hinzu, warum er so besorgt sei: Schon einmal in unserer Geschichte sei die Demokratie auf legalem Wege durch die Feinde der Demokratie zerstört worden. Das Grundgesetz verpflichte deshalb zur Wachsamkeit.

Quelle: ntv.de

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