CDU und Syrer in Deutschland Viele sollen gehen, manche dürfen wohl bleiben
04.11.2025, 17:40 Uhr
Artikel anhören
Tausende Syrer haben im vergangenen Dezember den Sturz des Machthabers Assad bejubelt - doch seitdem kehrten mit Förderung des Bundes erst knapp 2000 Syrerinnen und Syrer freiwillig zurück.
(Foto: Christoph Reichwein/dpa)
Bei seiner Syrienreise löst Außenminister Wadephul eine Debatte aus: Wie geht es weiter mit den Syrern in Deutschland? Er glaubt nicht, dass viele freiwillig zurückkehren werden. Dem widerspricht Kanzler Merz. Die CDU zeigt sich aber auch offen für Bleibemöglichkeiten.
Wie geht es weiter mit den Syrern in Deutschland? Wer darf bleiben, wer muss zurückkehren? Das ist eine der Fragen, die Außenminister Johann Wadephul in Damaskus aufgeworfen hat. Los ging die Debatte mit seiner vermeintlichen Absage an Abschiebungen. "Nur sehr eingeschränkt möglich" sei eine Rückkehr nach Syrien, sagte er dort vor Journalisten. Damit meinte er zwar eine freiwillige Rückkehr, doch verstanden wurden seine Worte anders: Als Absage an Abschiebungen.
Dabei hatte er das so nicht gesagt. An diesem Dienstag wiederholte er noch einmal, was er schon in Syrien hinzugefügt hatte: Dass er die Abschiebung von Straftätern und Gefährdern unterstützt. So wie es Union und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Da hatte ihn bereits CDU-Chef und Bundeskanzler Friedrich Merz von Husum aus eingenordet. Während seines Antrittsbesuchs in Schleswig-Holstein sagte er: "Der Bürgerkrieg in Syrien ist beendet. Es gibt jetzt keinerlei Gründe mehr für Asyl in Deutschland. Deswegen können wir auch mit den Rückführungen beginnen."
Die Reihenfolge machte er ebenfalls deutlich: Erst sollen Straftäter und Gefährder gehen, dann soll es Anreize zur freiwilligen Rückkehr nach Syrien geben. Im Gegensatz zu Wadephul zeigte sich Merz optimistisch, dass das gelingen kann. Erst im dritten Schritt soll es dann offenbar um Abschiebungen von Syrern mit befristetem Aufenthalt gehen, die Deutschland nicht verlassen wollen.
In der Union ist man nicht happy darüber, wie das gelaufen ist. "Ganz klar, das war jetzt nicht gut, dass wir tagelang diese Debatte führen mussten", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Steffen Bilger, vor Journalisten in Berlin. Am Nachmittag sollte sich Wadephul in der Fraktion erklären.
Die eigentliche Frage ist eine andere
Also alles geklärt? Nein, nicht wirklich. Denn die eigentliche Frage ist nicht, wie realistisch Wadephul eine freiwillige Rückkehr von Syrern in ihre Heimat hält. Die entscheidende Frage wird sein, unter welchen Bedingungen hier lebende Syrer bleiben dürfen. Wie geht es weiter, wenn einmal Straftäter und Gefährder abgeschoben worden sind? Rund 700.000 von rund 950.000 in Deutschland gemeldeten Syrern haben einen befristeten Aufenthaltsstatus in Deutschland, aufgrund der Genfer Flüchtlingskonvention oder als subsidiären Schutz. Müssen die alle wieder zurück?
Im Prinzip ja, so könnte man eine Äußerung von Unionsfraktionschef Jens Spahn am Nachmittag verstehen. Deutschland müssten diejenigen verlassen "die keinen dauerhaften Aufenthaltstitel in Deutschland haben, die nicht freiwillig ausreisen, die möglicherweise nicht erwerbstätig sind".
CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann sagte, dass man Rückführungen von "arbeitsfähigen Syrern" wolle, die in Deutschland keiner Beschäftigung nachgingen. "Mehr als 500.000 Syrer beziehen aktuell in Deutschland Bürgergeld", sagte er. Das schließt aber auch 150.000 Kinder mit ein. Rund 250.000 haben eine sozialversicherungspflichtige Arbeit.
Wer bleiben könnte
Spahn machte aber auch deutlich, dass es durchaus eine Bleibeperspektive gebe. "Wer die deutsche Staatsbürgerschaft hat, soll natürlich hier bleiben", sagte er. Gut 140.000 Menschen aus Syrien wurden allein in den vergangenen drei Jahren eingebürgert. "Wer einen dauerhaften Aufenthaltstitel hat, weil er oder sie sich gut integriert hat, soll natürlich hier bleiben", sagte Spahn. Ende 2024 hatten gut 70.000 Syrer und Syrerinnen eine Niederlassungserlaubnis, die einen unbefristeten Aufenthalt in Deutschland erlaubt. "Natürlich", sagte Spahn, könne man Kriterien festlegen, wer bleiben kann. "Am Ende zählt immer die gute Integration."
Genau diese "Kriterien", die Spahn ansprach, gibt es aber noch nicht. Regelungen wie ein "Spurwechsel", der es Asylbewerbern erlaubte, einen Aufenthaltstitel aufgrund eines Arbeitsplatzes zu bekommen, waren an einen Stichtag Ende 2023 gebunden.
Bilger, der Parlamentarische Geschäftsführer von CDU und CSU, verwies zudem darauf, dass es "sicherlich Volksgruppen gibt, die in Syrien zurzeit nach wie vor gefährdet sind, die Alawiten oder auch die Christen." Auch das könnte also zum Verbleib berechtigen. Wer in Deutschland gut integriert sei, wessen Kinder zur Schule gingen, "und die hier eine neue Heimat gefunden haben, die werden auch hier bleiben. Und da gibt es ja auch viele, über die wir uns sehr freuen, weil sie hier einen guten Beitrag leisten", sagte Bilger.
Quelle: ntv.de