Fragen & Antworten zu Franco A. Von der Leyen spricht sich mit Generälen aus
04.05.2017, 21:02 Uhr
Das Treffen fand im Bendlerblock statt - einen Fototermin sagte von der Leyen ab.
(Foto: AP)
Der Fall Franco A. bringt die Verteidigungsministerin in Bedrängnis. Von der Leyens Pauschalkritik an der Bundeswehr sorgt für Empörung. Jetzt trifft sie sich mit 100 Generälen zu einer großen Aussprache. Die erfahren eine brisante Information.
Ein rechtsextremer Soldat, der sich als Flüchtling ausgibt, womöglich einen Anschlag plant, schreckt die Öffentlichkeit auf und auch die Truppe. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen versammelt deshalb 100 Generäle und Admirale zu einer Krisensitzung im Bendlerblock, ihrem Ministerium - eine Versammlung, wie sie nur äußerst selten stattfindet.
Was steckt hinter dem Treffen?
Von der Leyen bringt die militärische Führung in erster Linie auf den aktuellen Stand der Ermittlungen. Es geht um innere Führung und Haltung, um die Werte und Regeln der Bundeswehr, das gemeinsame Verständnis. Danach ist von einer "freimütigen und offenen Aussprache die Rede. Die Militärs erfahren eine brisante Information: Beim 24-jährigen mutmaßlichen Komplizen von Franco A. wurde Munition aus Beständen der Bundeswehr gefunden. Ob es ungemütlich in der Sitzung wurde, darüber dringt nichts nach außen. Von der Leyen fordert Aufklärung. Ihr geht es um "Bruchstellen in der Berichtskette", wie sie sagt. Diese Bruchstellen haben ihrer Ansicht nach die Misshandlungen in Pfullendorf mit der Affäre um Franco A. gemein. In beiden Fällen wurden Informationen zu Verfehlungen nicht nach oben gemeldet.
Welche Strategie verfolgt von der Leyen?
Sie will Präsenz zeigen, denn sie steht enorm unter Druck. Ihre Pauschalkritik an der Truppe löste eine Empörungswelle aus und schoss auf die Oberbefehlshaberin zurück wie ein Bumerang. Von der Leyen wird einerseits vorgeworfen, nicht eher etwas gegen rechtsextreme Tendenzen in der Truppe unternommen zu haben und andererseits die ganze Truppe unter Generalverdacht zu stellen. Die Ministerin fährt nun alle Geschütze auf, um den Fall aufzuklären. Sie sprach bislang immer von Einzelfällen, seit dem Fall Franco A. ist die Rede von einem systemischen Problem in der Bundeswehr, von Führungsschwäche, einer Kultur des Wegschauens. Vor kurzem verkündet von der Leyen: "Es wird noch einiges hochkommen." Und jeder weitere Fall, jedes weitere Hakenkreuz dürfte ihre These nun untermauern und könnte ihr politisch sogar in die Hände spielen. Dann flog sie nach Illkirch und machte sich ein Bild von der Kaserne. Nun das Riesentreffen mit den Admiralen und Generälen.
Ist das alles nur Show?
Das behaupten zumindest die politischen Gegner der Ministerin. Sie werfen ihr Inszenierung vor. Auch dagegen versucht von der Leyen sich zu wehren: Einen ursprünglich anberaumten Fototermin mit den Admiralen und Generälen sagt sie kurzfristig ab. Es handle sich um eine interne Veranstaltung, sagt ein Sprecher. Sie trifft auch handfeste Maßnahmen, hört man aus Kreisen des Ministeriums. So soll die Disziplinarordnung auf den Prüfstand gestellt werden. Auch haben demnach sogenannte Verwaltungsermittlungen begonnen gegen das Streitkräfteamt und den Disziplinarvorgesetzten von Franco A. in Frankreich - man will dem Verdacht des Dienstvergehens nachgehen.
Was genau lief im Fall Franco A. bei der Bundeswehr schief?
Franco A. bringt in einer 2013 verfassten Masterarbeit völkisches und rassistisches Gedankengut zu Papier. Mit der Schrift schreckt er den französischen Schulkommandanten auf. Der wendet sich besorgt an den Leiter der Stabsgruppe bei der Bundeswehr. Dieser erkennt die Tragweite, will aber nicht alleine entscheiden und schiebt die Schrift eine Hierarchiestufe nach oben: an das Streitkräfteamt. Ein Gutachter des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften stellt fest, es handele sich bei der Arbeit um "einen radikalnationalistischen, rassistischen Appell". Trotzdem drückt der zuständige Wehrdisziplinaranwalt nach einer Anhörung von Franco A. ein Auge zu. Er wird nur mündlich ermahnt. Dass ihn sein Vorgesetzter damals gerne halten will, mag auch an seinen hervorragenden Leistungen als Soldat liegen.
Gibt es Anzeichen für ein rechtsextremes Netzwerk?
Der Begriff "Netzwerk" ist vielleicht eine Nummer zu groß. Auch über mögliche Anschlagspläne weiß man bislang wenig. Sowohl bei Oberleutnant Franco A. als auch bei dem 24-jährigen Studenten aus Offenbach, der als mutmaßlicher Komplize gilt, sollen die Behörden inzwischen prüfen, ob es Verbindungen zur rechtsextremen Identitären Bewegung gibt. Die Ermittler haben außer Franco A. noch mindestens vier weitere Soldaten im Blick, drei aktive Offiziere und einen Reservisten der Bundeswehr, der in Österreich lebt. Einer dieser Soldaten soll Maximilian T. sein, der mit Franco A. im Jägerbataillon 291 im elsässischen Illkirch diente. Ihm schreiben Ermittler eine Liste mit Namen von Prominenten zu - unter anderem Justizminister Heiko Maas von der SPD, Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow der Linken und Ex-Bundespräsident Joachim Gauck sollen darauf stehen.
Wie konnte das Doppelleben von Franco A. so lange unentdeckt bleiben?
Franco A. hat sich im Dezember 2015 erstmals als "syrischer Asylbewerber David Benjamin" bei den Behörden gemeldet. Er wurde einer Flüchtlingsunterkunft zugewiesen. Dort ließ er sich aber nur selten blicken. Musste er einen für sein Asylverfahren wichtigen Termin wahrnehmen, beantragte er bei seinem Vorgesetzten unter einem Vorwand einen freien Tag und reiste an.
Quelle: ntv.de, Nico Pointner, dpa