Politik

Trumps Republikaner unter Druck Wagners Putschversuch scheucht US-Wähler auf

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Wagner-Söldner auf einem Panzer in der russischen Stadt Rostow am Don.

Wagner-Söldner auf einem Panzer in der russischen Stadt Rostow am Don.

(Foto: REUTERS)

Wähler der Republikaner, insbesondere aus Trumps Parteiflügel, sind gegenüber den Militärhilfen der Vereinigten Staaten an die Ukraine skeptisch. Nach dem Aufstand der Wagner-Söldner ändert sich die Meinung unter den Konservativen sprunghaft. Das könnte Folgen haben.

Mit seinem Putschversuch gegen die russische Militärführung hat Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin den Streitkräften des Kreml keinen Gefallen getan. In den Vereinigten Staaten, dem wichtigsten Unterstützer mit Militärmaterial und anderen Hilfen, hatte der abgebrochene Marsch auf Moskau offenbar einen immensen Effekt. 65 Prozent der US-Amerikaner sagen in einer Umfrage von Reuters/Ipsos an den darauf folgenden Tagen, die Vereinigten Staaten sollten die Ukraine weiter bewaffnen. Vor dem Aufstand waren es 48 Prozent.

Insbesondere Politiker der Republikaner hatten die Hilfen in den vergangenen Monaten immer wieder infrage gestellt. Anfang Juni sagten 44 Prozent der republikanischen Wähler zu Pew Research, die USA gäben der Ukraine zu viel, 34 Prozent glaubten, die Hilfe sei genau richtig oder nicht genug. Nun wollen 56 Prozent der republikanischen Wähler, dass die Waffenhilfe für die Ukraine bleibt oder verstärkt wird - ein Sprung von 22 Prozentpunkten. Für US-Präsident Joe Biden und das "Solange es nötig ist"-Prinzip der regierenden Demokraten ist dies ein großer Schub. Den sogenannten Isolationisten der Republikaner hingegen zieht es einen Teil ihrer Argumente vom Tisch und setzt damit auch Trumps Parteiflügel unter Druck.

US-amerikanischer M2 Bradley Schützenpanzer im Einsatz bei der ukrainischen Armee

US-amerikanischer M2 Bradley Schützenpanzer im Einsatz bei der ukrainischen Armee

(Foto: REUTERS)

Die US-Regierung hatte die Ukraine seit Jahresbeginn hinter verschlossenen Türen gewarnt, die Unterstützung könne im Lauf der Zeit schwinden, sollten sich keine Erfolge einstellen. Den Ausgang der derzeitigen Offensive sahen die USA Anfang des Jahres als kriegsentscheidend an. Vor Wagners Aufstand sollten die Hilfen bis mindestens Ende des Sommers weiter fließen. Dann, vor einem Monat, vereinbarten Demokraten und Republikaner im Schuldenstreit eine Obergrenze der Verteidigungsausgaben. Die kommt wieder in die Diskussion, womöglich bekommt Kiew noch mehr oder längere Militärhilfen als bisher zugesichert.

"Dies sind die Gelegenheiten, um zuzuschlagen", sagte ein republikanischer Senatsmitarbeiter zu "The Hill" über die Lage in der Ukraine. "Verteidigungspolitiker von Republikanern und Demokraten werden argumentieren, dass nun die Zeit ist, auf die Tube zu drücken, wie es die ganze Zeit hätte geschehen sollen." Demnach erwarten die Kongressmitglieder inzwischen, dass sich die ukrainische Offensive bis in den Herbst ziehen wird. Kongresspolitiker erhalten von den Geheimdiensten Informationen über den Stand des Krieges und richten auch danach ihr Abstimmungsverhalten aus. Beide Kongresskammern treten in der zweiten Juliwoche wieder zusammen.

Meinung kann schnell umschlagen

Nachdem die von Russland geplante schnelle Eroberung von Kiew und die Absetzung der ukrainischen Regierung im Februar und März 2022 nach wenigen Wochen gescheitert war, konzentriert sich das russische Militär auf den Osten und den Süden des Nachbarlandes. Mangels schneller Erfolge ist der Krieg für Russland zu einem Spiel auf Zeit geworden: Die westliche Allianz und deren Bevölkerungen, so die mutmaßliche Absicht von Russlands Präsident Wladimir Putin, sollen das Interesse an der Unterstützung für die Ukraine verlieren.

Doch die ukrainische Gegenoffensive hat begonnen, es tun sich Risse im Machtapparat auf, und damit ist auch unter Republikanern die Unterstützung für den gemeinsamen Kurs der westlichen Allianz gewachsen. Zudem sagen 71 Prozent von ihnen, sie würde wahrscheinlich jemanden als Präsident wählen, der das NATO-Verteidigungsbündnis unterstützt. Diese Meinungen könnten auch die republikanischen Bewerber beeinflussen, insbesondere die beiden aussichtsreichsten, Ex-Präsident Donald Trump, und Floridas Gouverneur Ron DeSantis.

Der Republikaner Kevin McCarthy

Der Republikaner Kevin McCarthy

(Foto: AP)

Kevin McCarthy, der republikanische Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, hatte vor den Kongresswahlen im vergangenen Jahr gesagt, die Republikaner würden der Ukraine "keinen Blankoscheck" ausstellen. Noch Anfang Juni zeigte er sich skeptisch mit Blick auf weitere Militärhilfen. McCarthy gibt den Skeptikern in seiner Fraktion damit eine Stimme. Viele davon gehören zum Trump-Flügel der Partei, um den auch DeSantis wirbt. Die Aussagen zeigen, dass der Krieg ein Wahlkampfthema im Wartestand ist.

Ab August, wenn die Fernsehdebatten im republikanischen Vorwahlkampf beginnen, wird die öffentliche Meinung eine immer größere Rolle einnehmen. Sie beeinflusst ihre politischen Vertreter im Kongress und kann sich je nach Kriegsverlauf und Vorkommnissen in Russland ändern; zusätzlich, falls sich die Alltagssorgen der US-Amerikaner um ihr verfügbares Geld durch die Inflation verstärken sollten. Im vergangenen Jahr nahm die Kaufkraft der Bürger in den USA trotz Lohnanpassungen um mehr als 3 Prozent im Schnitt ab. Aktuell sagen zum Beispiel 81 Prozent der Republikaner, sie seien mindestens "ziemlich besorgt" über die Benzinpreise.

"Kugeln wieder auffüllen"

Trump ist für seine Skepsis gegenüber internationalen Organisationen und bewaffneten Konflikten bekannt. Er hat wie DeSantis zuletzt mehr finanzielles Engagement von NATO-Mitgliedsstaaten gefordert, darunter explizit von Deutschland. Ohnehin sei der schwelende Konflikt mit China und im Pazifik für die Vereinigten Staaten wichtiger, sagte DeSantis auch nach dem Wagner-Aufstand. Angesichts der Zahlen ist dies ein Balanceakt: 76 Prozent der Republikaner meinen zur Zeit, auch die US-Militärhilfe für die Ukraine zeige die Fähigkeit und den Willen gegenüber China, die Interessen der USA und ihrer Verbündeten zu verteidigen.

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Raus aus den ewigen Kriegen - das ist die Überzeugung vieler Republikaner. Dabei geht es jedoch vor allem um "boots on the ground", also reguläre Soldaten vor Ort. Den bislang letzten solcher Einsätze beendete Präsident Joe Biden, als das US-Militär nach 20 Jahren Afghanistan verließ. Seit dem chaotischen Abzug vor zwei Jahren haben die Vereinigten Staaten auf direktes Eingreifen verzichtet. In der Ukraine sind im US-Auftrag zwar Kräfte unterwegs, etwa des Auslandsgeheimdienstes CIA, aber keine regulären Truppen. Der derzeitige politische Kurs ist also auch parteiübergreifend deutlich mehrheitsfähig.

In den kommenden Monaten kommt es darauf an, wie die Republikaner im Senat und im Repräsentantenhaus ihre unterschiedlichen Sichtweisen unter einen Hut bekommen. Die Senatoren unter Führung des Trump-Skeptikers Mitch McConnell sind mehrheitlich für zusätzliche Militärhilfen, die Abgeordneten unter Trumps Verbündetem McCarthy eher dagegen. Doch auch im Repräsentantenhaus gibt es Befürworter. "Wenn der Ukraine die Kugeln ausgehen, will ich sie wieder auffüllen", wird etwa Dan Crenshaw aus dem Bundesstaat Texas bei CNN zitiert: "Irgendwann wird dieser Moment kommen. Wir haben ein Interesse daran, Russland diesen Krieg nicht gewinnen zu lassen." Die US-amerikanische Öffentlichkeit sieht das derzeit genauso.

Quelle: ntv.de

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