"Sie haben quasi alles"Warum die Bundeswehr in Neuseeland trainiert

Einmal um den Globus für ein Einsatz-Training? Für Truppenübungen reist die deutsche Luftwaffe im November nach Neuseeland. Grund dafür seien vor allem die optimalen Bedingungen, erklärt ein führender Militär. Die in der Ferne erlernten Taktiken sind auch an der Nato-Ostflanke nützlich.
Rund 20.000 Kilometer hat die Luftwaffe zurückgelegt, um in Neuseeland mit der Royal New Zealand Air Force zu trainieren. Was gab es am anderen Ende der Welt, das diese lange Anreise wert war? Oberst Markus Knoll kann das erklären. Er ist der Kommodore des Lufttransportgeschwaders 62 in Wunstorf bei Hannover, das an der Übung "Tuhono Rangi" (auf Deutsch etwa: Himmel verbinden) teilgenommen hat. Einen der beiden beteiligten A400M, den bulligen grauen Transportriesen der Luftwaffe, flog er selbst auf die Südhalbkugel.
Knoll berichtet von außergewöhnlichen Trainingsbedingungen für die etwa 50 deutschen Soldaten in Neuseeland: "In 30 Flugminuten durchqueren Sie Steilküsten, flache Küstenlandschaften, Hochgebirge. Sie haben quasi alles, was es an verschiedenen Landschaften gibt, auf einem Fleck." Gleichzeitig sei Neuseeland so dünn besiedelt, dass sich die Truppe auf taktische Übungen konzentrieren konnte, statt Rücksicht auf Verkehrsflughäfen oder den Fluglärm in großen Städten nehmen zu müssen. Bei den Tiefflügen etwa konnten die A400M dadurch, anders als in Deutschland, bis auf 300 Fuß (rund 91 Meter) runtergehen. "Das hat das Ganze so einzigartig gemacht."
Gut zwei Wochen lang wurden im November so jeden Tag neue Szenarien geprobt: Evakuierungen, das Absetzen von Fallschirmjägern und Material, das Landen auf Behelfsplätzen, Bedrohungen. Oder auch der Flug in Formation, das heißt: Zwei Maschinen starten und landen nahezu gleichzeitig, um im Einsatzfall so kurz wie möglich in der gefährlichen Zone am Boden zu sein. Die Zusammenarbeit mit den neuseeländischen Streitkräften sei dabei unerwartet reibungslos gelaufen, berichtet Knoll.
Partnerschaft, die Deutschland mal brauchen könnte
Zwar ist Neuseeland kein Nato-Mitglied, das Militär arbeite aber nach Nato-Standards. Bereits 2024 hatte es mit "Pacific Skies" zum ersten Mal eine Verlegung der Luftwaffe im großen Stil in den Indopazifik gegeben. Damals entstand auch die Idee für "Tuhono Rangi", die Neuseeländer luden die Deutschen ein.
Auch wenn der Fokus gerade auf anderen Teilen der Welt als dem Indopazifik liegt: Mit solchen Übungen würden Partnerschaften gepflegt, die Deutschland vielleicht mal im Rahmen gegenseitiger Unterstützung brauchen könnte, erklärt Knoll. "Das macht uns insgesamt stärker." Und der Oberst sagt: "Die taktischen Fähigkeiten, die wir in Neuseeland trainiert haben, die können wir genauso an der Nato-Ostflanke gebrauchen."
Dennoch ist die neuseeländische Luftwaffe ein kleiner Partner. Sie umfasst Knoll zufolge gerade einmal 2400 Männer und Frauen. "Das sind weniger als hier am Standort Wunstorf arbeiten." Auch die Flotte der NZ Air Force sei überschaubar: fünf Transportmaschinen vom Typ C-130 Hercules, ein paar Hubschrauber, ein paar Marineflieger - und kein Kampfflugzeug, so Knoll. Für entsprechend viel Aufsehen sorgten die "Dickschiffe" aus Deutschland während der Übung. Der A400M der Luftwaffe habe dabei auch bewiesen, dass er mittlerweile "aus den Kinderschuhen raus" sei, betont Knoll, nachdem die Maschine in den Anfangsjahren noch als Pannenflieger und Milliardengrab gehandelt wurde.
A400M überzeugen bei Übung
Im gesamten Übungszeitraum - von der Abreise am 30. Oktober bis zur Rückkehr am 1. Dezember - hatten die beiden A400M laut Bundeswehr keine technischen Probleme. Gebraucht wird die Maschine etwa für die Betankung von Kampfflugzeugen in der Luft sowie den Transport von Soldaten und Fracht. "Wir bilden das Rückgrat an taktisch-operativem Lufttransport für die komplette Bundeswehr und auch für die Nato-Partner", sagt Knoll.
Alle A400M der Luftwaffe haben ihre Basis in Wunstorf. 51 von 53 Maschinen sind in den Dienst gestellt worden. Die übrigen zwei sollen 2026 folgen. Der Unterschied zum früheren Transportflieger C-160 Transall sei dabei nicht zu unterschätzen, sagt Knoll: "Wir haben damals mit der alten Transall drei Tage gebraucht, um nach Washington zu kommen - wenn sie nicht kaputtgegangen ist, und die war oft kaputt auf dem Weg nach Washington. In den drei Tagen haben Sie gerade mal 6 Tonnen Fracht transportiert. Das war das Maximum, was wir über den Atlantik transportieren konnten. Heute fliegen wir in einer Rutsche nach Washington und haben 15 Tonnen im Bauch."