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"Modern, aber pflegebedürftig"Was kann das neue Gewehr G95 der Bundeswehr?

06.12.2025, 08:01 Uhr RTL01903-2Von Kai Stoppel
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Die Bundeswehr will das als "Pannengewehr" bekannte G36 ausmustern. Die Soldaten erhalten mit dem G95 nun nach und nach ein neues Sturmgewehr. Es soll präziser als sein Vorgänger sein, hat aber auch Nachteile bei der Handhabung.

Nach fast drei Jahrzehnten erhält die Bundeswehr ein neues Sturmgewehr: das G95. Es löst das G36 ab, das in den 1990er Jahren eingeführt worden war. Ab 2012 gab es zunehmend Kritik an dem G36, welches in den Medien als "Pannengewehr" bezeichnet wurde. Drei Jahre später wurde das Aus verkündet. Die Bundeswehr soll nun in den kommenden Jahren bis zu 250.000 Exemplare des G95 erhalten.

Was war das Problem mit dem G36? Bei Tests wurde bei hoher Lufttemperatur oder Dauerfeuer ein Rückgang der Treffgenauigkeit festgestellt. Ein Grund soll sein, dass das G36 auf Plastikbauteile setzt, die bei Hitze an Stabilität verlieren.

Was soll mit dem G95 besser laufen? Anders als das G36 besitzt das neue Sturmgewehr kein Gehäuse aus Kunststoff, sondern aus Metall. Dadurch soll es auch unter extremer Belastung und hohen Temperaturen stabil und präzise bleiben. Weil es auf Metall setzt, ist das G95 aber etwas schwerer als sein Vorgänger. Zudem müssen Soldaten es gründlicher pflegen. "Es braucht einen Tropfen mehr Öl", heißt es auf der Webseite der Bundeswehr. Fazit: "hochmodern, aber pflegebedürftig."

Grünbraun statt Schwarz

Wie sein Vorgänger stammt das G95 vom deutschen Waffenhersteller Heckler & Koch und basiert auf dem Modell HK416. Es verwendet auch die gleiche Munition wie das G36: Kaliber 5,56 Millimeter. Im Gegensatz zum ebenfalls gebräuchlichen Kaliber 7,62 Millimeter ist diese Munition leichter und erzeugt weniger Rückstoß, was die Kontrolle über die Waffe erhöht. Das G95 kann im Einzel- und Dauerfeuer schießen - bis zu 850 Schuss pro Minute. Das sind 100 Schuss mehr als beim G36.

Auch bei der Farbe gibt es Unterschiede: Das G95 wird in der Lackierung grünbraun ausgeliefert, nicht mehr schwarz wie das G36. Dadurch soll eine bessere Tarnung in verschiedenen Geländearten möglich sein. Ein weiterer Nachteil an Schwarz: Es reflektiert stärker im Infrarotbereich und ist dadurch für Gegner mit Nachtsichtgeräten leichter zu entdecken.

Hinzu kommen beim G95 weitere Neuerungen wie die moderne Zielhilfe des kanadischen Herstellers Raytheon Elcan. Diese lässt sich schnell von einfacher auf vierfache Vergrößerung umstellen, um auf weitere Distanzen treffen zu können. Das neue Sturmgewehr hat zudem ein Laser-Licht-Modul, mit dem bei Dunkelheit besser gezielt werden kann. In einer Version für Spezialkräfte ist auch ein Schalldämpfer dabei.

Das G95 wird in zwei Varianten an die Bundeswehr geliefert: dem G95A1 und dem Modell G95KA1, mit einem etwa sechs Zentimeter kürzeren Rohr. Diese kompaktere Variante bietet Vorteile innerhalb von Gebäuden oder beim Transport in Fahrzeugen. Die meisten Soldatinnen und Soldaten sollen diese kürzere Version erhalten. Das deutsche Kommando Spezialkräfte nutzt bereits seit 2019 eine weitere Kurzversion, das G95K.

"Zeichen für den Fortschritt"

Die ersten Gewehre wurden bereits an ein Panzergrenadierbataillon aus Bayern übergeben, das ab Februar in Litauen die Ostflanke der Nato schützen soll. Die Bundeswehr hatte in einem ersten Schritt knapp 120.000 Modelle unter Vertrag genommen. Wegen der veränderten Bedrohungslage soll die Bundeswehr aber um rund 80.000 Soldaten auf 260.000 Männer und Frauen wachsen - und die Zahl der Sturmgewehre gleich mit.

"Die Übergabe des G95 ist mehr als ein bloßer Meilenstein in der Modernisierung", sagte Generalleutnant Heico Hübner, Stellvertreter des Inspekteurs des Heeres bei der Übergabe der ersten Gewehre. "Sie ist sichtbares Zeichen für den Fortschritt und die Einsatzbereitschaft unserer Streitkräfte." Auch in den Streitkräften anderer Länder wie Frankreich und Norwegen ist das Gewehr unter der Bezeichnung HK416 bereits im Einsatz.

Quelle: ntv.de

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