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Kaum vorstellbare Ausmaße? Washington und Berlin warnen vor "weiterem Krieg" in Nahost

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Rauch steigt auf über der südlibanesischen Stadt Khiam.

Rauch steigt auf über der südlibanesischen Stadt Khiam.

(Foto: REUTERS)

Kanada ruft seine Landsleute aus dem Libanon zurück. Und die USA und Deutschland sind höchst besorgt wegen wachsender Spannungen dort. "Ein weiterer Krieg würde eine regionale Eskalation bedeuten, mit Ausmaßen, die wir uns alle kaum vorstellen können", so Außenministerin Baerbock.

Washington und Berlin warnen angesichts wachsender Spannungen zwischen Israel und der proiranischen Hisbollah-Miliz im Libanon eindringlich vor einer Zuspitzung des Nahost-Konflikts. "Ein weiterer Krieg würde eine regionale Eskalation bedeuten, mit Ausmaßen, die wir uns alle kaum vorstellen können", sagte Außenministerin Annalena Baerbock im Deutschlandfunk.

Israel und der Libanon liefen jedoch Gefahr, in einen solchen Krieg hineinzurutschen, so die Grünen-Politikerin. "Und genau das gilt es zu verhindern, dass durch die tägliche weitere Eskalation, wo weitere Raketen fliegen, zwar große Teile auf beiden Seiten diesen Krieg nicht wollen, aber man hineinschlittert." Bei ihren Gesprächen am Dienstag in Beirut habe sie den Eindruck gewonnen, dass die libanesische Regierung das auch so sehe. Leider habe diese vor Ort aber "keinen wirklich durchschlagenden Zugriff, auch auf die Hisbollah". Umso wichtiger seien die Gespräche vor Ort in Zusammenarbeit mit den USA und Frankreich.

Auch die USA zeigen sich alarmiert angesichts der Spannungen zwischen Israel und der Hisbollah. "Die Provokationen der Hisbollah drohen, das israelische und das libanesische Volk in einen Krieg zu ziehen, den sie nicht wollen, und ein solcher Krieg wäre eine Katastrophe für den Libanon", sagte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin bei einem Treffen mit Israels Verteidigungsminister Joav Galant in Washington.

Er sei "äußerst besorgt" über die Zunahme der Raketenangriffe der Hisbollah auf Israels Norden und die jüngste Zunahme der Spannungen, sagte Austin. "Ein weiterer Krieg zwischen Israel und der Hisbollah könnte sich leicht zu einem regionalen Krieg mit schrecklichen Folgen für den Nahen Osten ausweiten", warnte der US-Verteidigungsminister. Diplomatie sei "bei Weitem der beste Weg, um eine weitere Eskalation zu verhindern".

Galant warnte eindringlich vor der atomaren Aufrüstung des Irans. "Die größte Bedrohung für die Zukunft der Welt ist der Iran", sagte er. Die Zeit laufe ab, das Land am Besitz von Atomwaffen zu hindern. "Wir stehen zusammen, um sicherzustellen, dass Iran, der die Quelle von so viel Gewalt und Instabilität in der Region ist, niemals in den Besitz einer Atomwaffe gelangen kann", versicherte Austin. Die Hisbollah im Libanon ist der bedeutendste Verbündete des Irans, für den Israel der Erzfeind ist.

Kanada ruft Landsleute zum Verlassen des Libanons auf

Kanada rief angesichts der Sorgen vor einem Krieg seine Landsleute zum Verlassen des Libanons auf. "Die Sicherheitslage im Libanon wird aufgrund der andauernden und eskalierenden Gewalt zwischen der Hisbollah und Israel immer instabiler und unberechenbarer und könnte sich ohne Vorwarnung weiter verschlechtern", erklärte Außenministerin Mélanie Joly in einer Mitteilung. Es sei "an der Zeit, abzureisen, solange noch kommerzielle Flüge verfügbar sind".

Seit Beginn des Gaza-Kriegs nach dem Massaker der mit der Hisbollah verbündeten Hamas in Israel am 7. Oktober haben proiranische Gruppen wie auch der Iran selbst Israel mit Raketen, Granaten und Drohnen angegriffen. Israel will, dass sich die Miliz gemäß einer UN-Resolution hinter den 30 Kilometer von der Grenze entfernten Litani-Fluss zurückzieht. Notfalls sei Israel auch zu einem größeren Militäreinsatz bereit, warnte Galant kürzlich.

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Man müsse die Bereitschaft "für jedes mögliche Szenario besprechen", sagte er nun in Washington. Laut dem US-Sender CNN versicherten ranghohe US-Repräsentanten Mitgliedern einer israelischen Delegation, dass die USA Israel volle Rückendeckung geben würden, sollte ein größerer Krieg mit der Hisbollah ausbrechen.

Austin forderte unterdessen Galant auf, die Bemühungen zum Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung und der humanitären Helfer im umkämpften Gazastreifen zu verstärken. Israel befinde sich in einem harten Kampf gegen "einen grausamen und unbarmherzigen Feind", aber man könne in einem urbanen Krieg nur gewinnen, wenn man die Zivilbevölkerung schütze. "Daher muss Israel weiterhin mehr für den Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung im Gazastreifen tun, und das ist sowohl eine moralische Notwendigkeit als auch ein strategisches Gebot", mahnte der US-Verteidigungsminister.

Quelle: ntv.de, ghö/dpa

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