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Gewinner und Verlierer Welche Putin-Getreuen vom Wagner-Aufstand profitieren könnten

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Viktor Solotow war früher Putins Leibwächter und leitet mittlerweile die russische Nationalgarde.

Viktor Solotow war früher Putins Leibwächter und leitet mittlerweile die russische Nationalgarde.

(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)

Am Wochenende scheitert der Aufstand der Gruppe Wagner bereits nach wenigen Stunden. Russische Kriegsblogger berichten bereits von einer "Säuberungswelle" innerhalb der Streitkräfte. Verschieben sich nun die Machtverhältnisse in Moskau?

Kaum war der Aufstand der Wagner-Söldner gegen Russlands Militärführung abgeblasen, meldete sich Präsident Wladimir Putin zu Wort, um seine Autorität zu demonstrieren. Verteidigungsminister Sergej Schoigu war in Fernsehberichten zu sehen. Wer nicht in der Öffentlichkeit auftauchte, waren Russlands Top-Generäle: der Generalstabschef der Streitkräfte, Waleri Gerassimow, und Sergej Surowikin, der Gerassimows Stellvertreter als Kommandeur des Militäreinsatzes in der Ukraine ist.

Seit dem Abbruch der Rebellion am Samstag ist Gerassimow weder in der Öffentlichkeit noch im Staatsfernsehen aufgetreten. Surowikin, Spitzname "General Armageddon", scheint ebenfalls wie vom Erdboden verschluckt. Der "New York Times" zufolge soll Surowikin vorab über die Söldner-Rebellion informiert gewesen sein. Zudem gebe es Anzeichen dafür, dass auch andere Generäle den Söldner-Chef Jewgeni Prigoschin unterstützt haben könnten. Der Kreml dementierte die Meldung und sprach von Gerüchten.

Säuberungswelle in den Streitkräften

Unterdessen berichteten die "Moscow Times" und die "Financial Times", Surowikin sei festgenommen worden. Russische Militärblogger sagten, er und andere ranghohe Offiziere würden vom Inlandsgeheimdienst FSB befragt, um ihre Loyalität zu überprüfen. "Der bewaffnete Aufstand des privaten Militärunternehmens Wagner ist zum Vorwand für eine massive Säuberung der russischen Streitkräfte geworden", hieß es im populären Telegram-Kanal Rybar.

Sollte sich dies bestätigen, könnte das die russische Kriegsführung in der Ukraine verändern und zu Unruhen in den eigenen Reihen führen - und das, während Russland versucht, eine ukrainische Gegenoffensive zu vereiteln. Auch für die Machtverhältnisse innerhalb der Sicherheitskräfte hätte das Konsequenzen: Wer als loyal gilt, kann seine Position festigen oder gar verbessern.

Das könnte auch für Schoigu gelten, der seit 2012 Verteidigungsminister ist und den der Söldner-Chef Prigoschin samt seinem Generalstabschef Gerassimow wegen Inkompetenz stürzen wollte. Nun könnte der langjährige Vertraute Putins tatsächlich fester im Sattel sitzen als zuvor.

Prigoschin habe vermutlich erwartet, dass etwas gegen Schoigu und Gerassimow unternommen werde, dass Putin zu seinen Gunsten handeln werde, schreibt Michael Kofman, Spezialist für das russische Militär beim Expertenforum Carnegie Endowment, auf Twitter. "Stattdessen könnte seine Meuterei dafür gesorgt haben, dass sie weiterhin im Amt bleiben, obwohl sie allgemein als inkompetent anerkannt und in den Streitkräften der Russischen Föderation weithin verabscheut werden."

Chance für Solotow?

Ein weiterer Nutznießer könnte Viktor Solotow sein, Chef der Nationalgarde und einst Putins Leibwächter. Er hatte öffentlich erklärt, seine Männer seien bereit, bis zum Tod Moskau gegen die anrückenden Wagner-Söldner zu verteidigen. Er hatte auch von der Möglichkeit gesprochen, nach der Meuterei schwere Waffen und Panzer für seine Truppen zu beschaffen. Die leicht bewaffnete Nationalgarde ist die Truppe des Innenministeriums und direkt Putin unterstellt.

Anders scheint es im Fall Gerassimows zu sein. Als Putin am Dienstag der Armee dankte, dass sie einen Bürgerkrieg abgewendet habe, war der Generalstabschef nicht zu sehen - im Gegensatz zu Schoigu. Gerassimow wurde 2012 von Putin zum Generalstabschef und Vize-Verteidigungsminister ernannt - drei Tage nach der Kür Schoigus zum Verteidigungsminister. Im Januar machte dieser Gerassimow zum Kommandeur der kombinierten Streitkräfte in der von Russland sogenannten "militärischen Spezialoperation" in der Ukraine. Gerassimow übernahm die Funktion von Surowikin, der diesen Posten erst im Oktober erhalten hatte. Surowikin wurde Gerassimows Stellvertreter.

Surowikin wurde seit Samstag nicht mehr in die Öffentlichkeit gesehen. An diesem Tag hatte er in einem Video an Prigoschin appelliert, seine Rebellion zu beenden. Am Mittwochabend gab es unbestätigte Berichte russischer Medien und Blogger, Surowikin werde nach seiner Festnahme im Moskauer Internierungslager Lefortowo festgehalten.

Quelle: ntv.de, jpe/rts

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