Politik

"Reicht bei Weitem nicht aus"Weltklimakonferenz könnte ohne Einigung enden

22.11.2025, 02:41 Uhr
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Alle Staaten bekennen sich zur 1,5-Grad-Grenze, aber längst nicht alle wollen sich von fossilen Energien verabschieden. (Foto: AP)

Mehr als 80 Länder fordern auf der Weltklimakonferenz einen klaren Plan für die Abkehr von Kohle, Öl und Gas. Doch mächtige Gegner blockieren. Der ursprüngliche Zeitplan der brasilianischen Gastgeber ist nicht zu halten, jetzt gehen die Verhandlungen erst einmal in die Verlängerung.

Wegen des Streits um den künftigen Umgang mit fossilen Energieträgern droht bei der Weltklimakonferenz in Belém ein Scheitern. Weil sich die 200 teilnehmenden Staaten bis zum anvisierten Ende der Veranstaltung nicht einig wurden, gingen die Verhandlungen in die Verlängerung. Bundesumweltminister Carsten Schneider sagte, der Freitagfrüh vorgelegte neue Beschlussentwurf reiche "bei Weitem nicht" aus. EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra schloss einen Abschluss der Konferenz "ohne Vereinbarung" nicht aus.

"Was jetzt auf dem Tisch liegt, ist inakzeptabel", sagte Hoekstra. Es sei nicht zu leugnen, "dass wir wirklich vor einem Szenario ohne Vereinbarung stehen". Schneider betonte, der neue Beschlussentwurf könne so "nicht bleiben". "Das werden noch harte Verhandlungen", erklärte der SPD-Politiker. Die Erde brauche "konkrete Maßnahmen: Ausbau der erneuerbaren Energien, raus aus den Fossilen", so der Umweltminister.

Der neue Beschlussentwurf enthält zwar vielfach das Bekenntnis zur 1,5-Grad-Grenze und betont die Notwendigkeit, die globalen Treibhausgas-Emissionen drastisch zurückzufahren. Auf sieben Seiten findet sich aber kein einziges Mal das Wort "fossile", geschweige denn der von Deutschland und vielen anderen Staaten geforderte Fahrplan für eine Abkehr von Kohle, Öl und Gas.

Vor der Veröffentlichung des neuen Entwurfs hatten etwa 30 Staaten in einem Brief an die COP-Präsidentschaft gedroht, einem Beschluss ohne einen solchen Ausstiegsfahrplan nicht zuzustimmen. "In seiner jetzigen Form erfüllt der Vorschlag nicht einmal die Minimalbedingungen für ein glaubwürdiges Ergebnis der COP", erklärten unter anderem Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Kolumbien. Nach Angaben eines Verhandlers, der nicht namentlich genannt werden wollte, stellen sich China, Indien, Saudi-Arabien, Nigeria und Russland dem Fahrplan gegen die fossilen Energien entgegen. Einige Entwicklungsländer sind wiederum unzufreiden mit den Formulierungen zur Klimafinanzierung. Bei der Weltklimakonferenz müssen Beschlüsse der rund 190 Staaten im Konsens getroffen werden.

Ölförderländer wollen weiter fördern

"Wer blockiert am meisten? Das wissen wir alle", sagte die französische Ministerin für ökologischen Wandel, Monique Barbut. "Es sind natürlich die Ölförderländer Russland, Indien, Saudi-Arabien." Aber auch viele Schwellenländer schlössen sich den Ölförderern an, fügte sie hinzu. Der brasilianische COP-Präsident André Corrêa do Lago rief dazu auf, einen Kompromiss zu schließen. Anderenfalls wären diejenigen, die den Multilateralismus in Frage stellten, "absolut erfreut", warnte er.

Der Fahrplan zum Ausstieg aus den fossilen Energien war kurz vor der Weltklimakonferenz von Brasiliens Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva vorgeschlagen worden und eines der zentralen Themen der zweiwöchigen Verhandlungen bei der UN-Klimakonferenz in Belém gewesen. Zuletzt Lula allerdings gesagt, die Länder sollten den Ausstieg aus den klimaschädlichen Energien entsprechend ihrer "Möglichkeiten" vollziehen - "ohne irgendjemandem etwas vorzuschreiben, ohne eine Frist festzulegen".

Bei Umwelt- und Entwicklungsorganisationen stieß der neue Beschlussentwurf auf Kritik. Er ignoriere "in einer zynischen Art und Weise die Hauptdebatte der letzten zwei Wochen", erklärte Martin Kaiser von Greenpeace Deutschland. Viviane Raddatz von WWF Deutschland äußerte sich ebenfalls enttäuscht, es sei aber "noch Zeit", ein besseres Ergebnis zu erzielen.

Oxfam-Klimaexperte Jan Kowalzig erklärte, würde der Text so beschlossen, wäre dies ein "Ergebnis, das man aber als politischen Fehlschlag bezeichnen müsste". Teilnehmer stellten sich auf schwierige Nachverhandlungen bis weit in den Samstag hinein ein. Seit 2003 war keine UN-Klimakonferenz mehr pünktlich zu Ende gegangen. Weil am Donnerstag das Konferenzgelände wegen eines Brandes evakuiert werden musste, war schon absehbar, dass es auch diesmal eine Verlängerung geben würden.

Quelle: ntv.de, ino/AFP

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