Politik

Abstruse Antwort auf Biden-Rede Wie Senatorin Katie Britt die Republikaner blamiert

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Katie Britt sitzt erst seit 2023 im US-Senat - jetzt hat sie es zu großer Bekanntheit gebracht.

Katie Britt sitzt erst seit 2023 im US-Senat - jetzt hat sie es zu großer Bekanntheit gebracht.

(Foto: picture alliance / newscom)

Nach Bidens Rede zur Lage der Nation obliegt es einer aufstrebenden US-Senatorin aus Alabama, die Antwort der Republikaner in die Welt zu tragen. Doch das Statement von Katie Britt hat Fremdschäm-Potenzial. Sogar Konservativen ist ihr Auftritt peinlich.

Mal strahlend, mal bedrückt, mal traurig schaut Katie Britt in die Kamera. Im Hintergrund ist ihre aufgeräumte Küche zu sehen. Um ihren Hals hängt ein glitzerndes Kreuz. Sie erklärt den amerikanischen Bürgerinnen und Bürgern, warum sie das, was Präsident Joe Biden gerade bei seiner Rede zur Lage der Nation von sich gegeben hat, schlecht finden sollen. Doch das, was die aufstrebende Senatorin aus dem US-Bundesstaat Alabama in rund 17,5 Minuten von sich gibt, gerät zur Nebensache.

Zwei Tage nach ihrem denkwürdigen Auftritt wird noch immer in den Medien und sozialen Netzwerken vor allem über das Wie ihrer Ausführungen gesprochen. Oder besser gesagt: gelästert. Aufgesetzt, unauthentisch, wie im Schultheater sind noch die milderen Urteile zu Britts Rede. Und tatsächlich ist es schwer erträglich, den Worten der Republikanerin zu lauschen.

Sie sei die stolze Mutter von zwei schulpflichtigen Kindern, beginnt Britt ihre Rede am Küchentisch, die - "passenderweise" - am Weltfrauentag veröffentlicht wurde. Ihr Nachwuchs sei der Grund, warum sie überhaupt für den US-Senat kandidiert habe. Denn sie sei besorgt über deren Zukunft. An dieser Stelle kommt Amtsinhaber Biden ins Spiel, denn der habe den Bezug zur Realität verloren, behauptet die 42-Jährige. Er verstehe nicht, was reale Familien beschäftige, die sich an Küchentischen wie dem ihren versammelten. Der amerikanische Traum habe sich zu einem Albtraum entwickelt. "Unseren Familien geht es schlecht. Unser Land kann es besser machen."

Neben der von ihr drastisch gezeichneten "Krise" an der Südgrenze zu Mexiko kommt Britt auch auf Bidens Außenpolitik zu sprechen. Sie erwähnt den überstürzten Rückzug aus Afghanistan und die Haltung zum Regime im Iran, versäumt es jedoch neben diesen Stichworten zu äußern, was sie daran kritisiert. Sie reißt den russischen Angriffskrieg in der Ukraine, das an Einfluss gewinnende Regime in Peking und die brutale Hamas-Attacke in Israel an.

Erschütternde Opfergeschichte verdreht

Darüber hinaus kritisiert sie die miserable wirtschaftliche Lage, in die Biden die Vereinigten Staaten gebracht haben soll. Und weiter: "Im Moment hat unser Oberbefehlshaber nicht das Kommando. Die freie Welt hat etwas Besseres verdient als einen zaudernden und geschwächten Führer. Amerika verdient eine Führung, die erkennt, dass sichere Grenzen, stabile Preise, sichere Straßen und eine starke Verteidigung die Eckpfeiler einer großen Nation sind."

Neben anderen Plattitüten und patriotischen Floskeln kommt die Senatorin auf eine Frau zu sprechen, die Opfer von Menschenhandel geworden sei und ihr Schicksal mit ihr geteilt habe. Die mexikanische Staatsbürgerin sei beginnend mit ihrem zwölften Lebensjahr von Kartellen als Sexsklavin benutzt worden. Sie habe ihr erzählt, dass sie jeden Tag von etlichen Männern vergewaltigt worden sei. Selbst in einem Land der Dritten Welt wäre das nicht in Ordnung. "Dies sind die Vereinigten Staaten von Amerika, und es ist an der Zeit, dass wir anfangen, uns auch so zu verhalten", sagt Britt. "Die Grenzkrise von Präsident Biden ist eine Schande. Sie ist verachtenswert. Und sie ist fast vollständig vermeidbar."

Die Senatorin suggeriert damit, dass sich der schlimme Fall der jungen Frau in jüngerer Geschichte in den Vereinigten Staaten abgespielt hat - und die Politik von Präsident Biden dafür verantwortlich ist. Doch das stimmt nicht. Der US-Journalist Jonathan Katz entlarvt, was es mit dieser Geschichte auf sich hat. Die Betroffene und ihr Schicksal seien demnach zwar nicht erfunden und Britt habe sie tatsächlich getroffen, aber die Geschehnisse lägen fast 20 Jahre zurück - und ereigneten sich nicht in den USA, sondern in Mexiko. Besonders perfide an Britts Rhetorik: Biden war damals gar nicht in Regierungsverantwortung. Damaliger Staatschef war der Republikaner George W. Bush. Gerade dieser Umstand bringt Britt viel Kritik ein. Auch in den Reihen der Republikaner.

"Was zum Teufel sehe ich mir da gerade an?"

Es ist Tradition in den USA, dass es zur Rede des Präsidenten zur Lage der Nation eine Gegenrede gibt. Britt sei eigenhändig von dem Minderheitenführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, ausgewählt worden, heißt es. Ein Schuss ins eigene Knie, wie sich nun herausstellt. "Alle drehen verdammt noch mal durch", sagte ein Republikaner, der anonym bleiben wollte, "The Daily Beast". "Es ist eine der größten Katastrophen, die wir je erlebt haben." "Was zum Teufel sehe ich mir da gerade an?", zitierte der "Rolling Stone" einen ungenannten Trump-Berater.

Charlie Kirk, Gründer der rechten Gruppe Turning Point USA, postete auf X: "Ich bin mir sicher, dass Katie Britt eine nette Mutter und Person ist, aber diese Rede ist nicht das, was wir brauchen. Joe Biden hat gerade der amerikanischen Rechten den Krieg erklärt und Katie Britt redet, als würde sie eine Kochshow moderieren und flüstert darüber, dass die Demokraten 'es nicht kapieren'."

Die frühere Trump-Beraterin im Weißen Haus und jetzt Kritikerin des Ex-Präsidenten, Alyssa Farah Griffin, sagte im Gespräch mit CNN: "Die Inszenierung war für mich bizarr. Frauen können sowohl Ehefrauen und Mütter als auch Staatsfrauen sein. Sie in eine Küche zu setzen und nicht auf ein Podium oder in den Senatssaal, wo sie nach einem hart umkämpften Rennen gewählt wurde, war meiner Meinung nach sehr platt und für einige Frauen, die das gesehen haben, völlig verwirrend."

Sie sei von dem Auftritt schockiert, sagte die bekannte konservative Moderatorin Megyn Kelly in ihrer Sendung. "Ich weiß nicht, was zur Hölle ich da gesehen habe." Britts Gehabe mit einer Auswahl dramatisch dargestellter Emotionen sei für sie unauthentisch gewesen, fährt Kelly fort. "Sie hat sich selbst blamiert. Sie hat die Republikaner blamiert. Und sie hat Frauen blamiert." Sie werde Jahre brauchen, um sich politisch davon zu erholen, prophezeite die Journalistin. Sogar Hollywood-Star Scarlett Johansson reagierte auf das schräge Video. Für die legendäre Sketch-Show "Saturday Night Live" schlüpfte sie in die Rolle der Senatorin und nahm deren Gegenrede aufs Korn.

Trump: "Gute Arbeit, Katie!"

Beistand bekam Britt indes von Donald Trump. Berichten zufolge wird die junge Politikerin, die erst seit Januar 2023 im Senat sitzt, als mögliche Vizepräsidentin gehandelt, sollte der frühere US-Präsident bei der Wahl in diesem Jahr gegen Biden gewinnen. "Katie Britt war ein GROSSARTIGER Kontrast zu einem wütenden und offensichtlich sehr gestörten 'Präsidenten'. Sie war mitfühlend und fürsorglich, vor allem in Bezug auf Frauen und Frauenthemen", schrieb der 77-Jährige auf seiner Plattform "Truth Social". "Ihre Ausführungen über Migrantenkriminalität waren eindringlich und aufschlussreich. Gute Arbeit, Katie!"

Ob ihre schräge Inszenierung Britt tatsächlich dabei helfen wird, weiter in der republikanischen Partei und einer potenziellen Administration von Trump aufzusteigen, bleibt abzuwarten. "Ihr Auftritt war der Stoff, aus dem Albträume sind, und die Leute waren davon überrascht", zitierte "The Daily Beast" einen weiteren anonymen Republikaner mit Verbindung zu Trump. Letzterer habe definitiv die Berichterstattung darüber verfolgt und das "wird nicht helfen".

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen